Berset zu Corona-Politik «Ich habe die Wissenschaft zu wenig hinterfragt»

sda

21.5.2021 - 07:26

Bundesrat Alain Berset zeigte sich in einem SRF-Interview selbstkritisch. (Archiv)
Bundesrat Alain Berset zeigte sich in einem SRF-Interview selbstkritisch. (Archiv)
Bild: Keystone

Alain Berset sagt in einem TV-Interview selbstkritisch, er habe Wissenschafts-Positionen ohne Hinterfragen umgesetzt. Die Reaktionen sind geharnischt: Damit erweise der Gesundheitsminister der Wissenschaft einen Bärendienst.

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Gesundheitsminister Alain Berset hat in einem Interview persönliche Fehler in der Bekämpfung der Pandemie eingeräumt. «Ich habe am Anfang die Wissenschaft zu wenig hinterfragt», sagte er am Donnerstagabend in einem Interview mit der SRF-TV-Sendung «Gredig direkt». Es sei im vergangenen Jahr zu Beginn der Pandemie «sehr angenehm gewesen», als der Bundesrat im Einzelnen einfach die Position der Wissenschaft angehört und diese umgesetzt habe.

«Dies hat dazu geführt, dass wir behauptet haben, dass Masken sogar schädlich sein könnten», sagte Berset. Die offizielle Position von vielen Experten aus der Wissenschaft habe damals gelautet, dass man in der Bevölkerung die korrekte Anwendung der Hygienemasken nicht einfach voraussetzen könne, und eine falsche Handhabung sogar schädlich sein könnte. «Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich das mehr hätte hinterfragen müssen.»

Der Minister verneinte allerdings, dass der Bund zunächst vom Tragen von Masken nur deshalb abgeraten habe, weil zu Beginn in der Schweiz zu wenig Exemplare für alle verfügbar waren. Wäre die Regierung damals der Überzeugung gewesen, dass Masken hilfreich seien, hätte man sich einfach mit dem vorhandenen Material arrangieren müssen, sagte Berset.

Wissenschaft und Daniel Koch verwechselt

Damit löste Berset zahlreiche Reaktionen aus. Er erweise der Wissenschaft einen Bärendienst und gebe die Position des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und von Daniel Koch als deren Position aus, so der Tenor auf Twitter.

Der Neurowissenschaftler Dominique de Quervain, der kürzlich die Taskforce verlassen hat, schreibt etwa: «Das war nicht die Position der ‹Wissenschaft›, sondern die der Gesundheitsbehörden.»

Auch der Epidemiologe Christian Althaus ist im Januar 2021 aus der Taskforce ausgetreten und wehrt sich in einem Thread auf Twitter gegen Bersets Aussagen. Der Nutzen von Masken sei primär vom BAG und dem ehemaligen Leiter der Abteilung für übertragbare Krankheiten – also Daniel Koch – bestritten worden, so Althaus.

Berset erweise der Wissenschaft einen Bärendienst und gebe Corona-Skeptikern eine Steilvorlage, findet sein Parteikollege Thomas Sutter, Co-Präsident der SP-Sektion im Zürcher Kreis 5.