Richter per Los bestimmenBreite Parteien-Allianz wirbt für ein Nein zur Justizinitiative
SDA/lmy
25.10.2021 - 15:20
FDP-Caroni zur Justizinitiative: «Mehr Casino als Demokratie»
FDP, Grüne, SVP, SP, Grünliberale und die Mitte-Partei werben gemeinsam für ein Nein zur Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justizinitiative)». Ein Losverfahren für Richterwahlen gefährde die demokratische Legitimität. Laut FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) ist die demokratische Legitimation des Bundesgerichts ein zentrales Element des Rechtsstaats. Bundesrichter würden heute Legitimität geniessen. «Sie werden nämlich von der Bevölkerung
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via ihre direkt gewählten Volksvertreterinnen und -vertreter – selbst gewählt. Ein Los-Verfahren kann die Demokratie nicht ersetzen.»
Im aktuellen System garantierten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine ausgewogene Besetzung des Bundesgerichts nach Geschlechtern, Sprachen und politischen Weltanschauungen.
25.10.2021
FDP, Grüne, SVP, SP, Grünliberale und Mitte-Partei werben gemeinsam für ein Nein zur Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justizinitiative)». Ein Losverfahren für Richterwahlen gefährde die demokratische Legitimität der Richter.
Keystone-SDA, SDA/lmy
25.10.2021, 15:20
SDA
Alle Fraktionen im National- und Ständerat sind sich einig: Am 28. November müsse die Justizinitiative abgelehnt werden, hiess es am Montag vor den Medien in Bern. Im aktuellen System garantierten die Parlamentarier*innen eine ausgewogene Besetzung des Bundesgerichts nach Geschlechtern, Sprachen und politischen Weltanschauungen.
Laut FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) ist die demokratische Legitimation des Bundesgerichts ein zentrales Element des Rechtsstaats. «Wenn man eine Umfrage am Bundesgericht machen würde, wie die Bundesrichter ins Amt kommen möchten, wäre die Antwort klar: sie möchten gewählt – und nicht ausgelost werden.»
Die Initiative sei auch inkonsequent, weil sie das Losverfahren nur für das Bundesgericht einführen wolle. Bei allen anderen Gerichten würde das bisherige System bestehen bleiben. Man wüsste also, von welcher Partei die Richter kommen, erklärte Caroni, das für die Initianten eigentliche Problem bleibe bestehen.
Bundesgericht «ist kein Casino»
Das Bundesgericht sei auch kein «Casino», sagte SP-Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (GE). «Eine Lotterie darf das demokratische System nicht ersetzen.» Das Losverfahren werde auch den komplexen Aufgaben, mit denen sich Bundesrichter befassen würden, nicht gerecht.
«Zentral bei der Ausführung des Bundesrichteramtes ist das richterliche Ermessen, das in ein Urteil einfliesst», führte Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) aus. «Ohne dieses Ermessen können wir auch einen Computer, der mathematisch ausrechnet, wie das Urteil aussieht, als Richter einsetzen.» Schliesslich werde auch beim Losverfahren die Frage gestellt, was für eine Persönlichkeit sich für das Amt zur Verfügung stelle. «Dann würde man auch fragen, welcher Partei der Kandidat am nächsten steht.»
Es leuchte auch nicht ein, die Kompetenz für die Wahl der Kommission, die das Losverfahren durchführen solle, dem Bundesrat zu übertragen, sagte der Genfer Nationalrat Nicolas Walder (Grüne). Mit diesem Schritt würden Entscheide von Bundesrichter*innen nicht breiter akzeptiert – im Gegenteil. Das vom Volk gewählte Parlament repräsentiere ja den Volkswillen.
Losverfahren – in der Wirtschaft undenkbar
«In der Wirtschaft würde niemand Personalentscheide aufgrund eines Losverfahrens durchführen», erklärte Ständerätin Heidi Z'graggen (Mitte/UR) aus. Personalentscheide müssten von Menschen getroffen werden. Zudem sei die regelmässige Wiederwahl oder eben auch Nicht-Wiederwahl «zentral für die Legitimierung der Richter». Die Auswahl per Los verhindere die Wiederwahl alle sechs Jahre.
«Das Losverfahren würde dazu führen, dass schlechter qualifizierte guten Richtern vorgezogen würden», sagte Nationalrätin Barbara Steinemann (SVP/ZH). Das Initiativkomitee könne schliesslich in keinem einzigem Fall aufzeigen, dass Richter beeinflusst worden seien. «Parteipolitik wird am Bundesgericht ganz bestimmt nicht betrieben», sagte Steinemann.
Meinungsbildung noch am Anfang
In den Umfragewerten zeigt sich der Schulterschluss der Fraktionen nicht – oder noch nicht. Laut einer ersten Umfrage von gfs.bern im Auftrag der SRG ist das Rennen noch offen. Die Umfrage wurde vergangenen Freitag publiziert. Eine sehr knappe Mehrheit von 43 Prozent der Stimmberechtigten befürwortet die Justizinitiative, 42 Prozent sind dagegen. Jedoch hätten sich erst 39 Prozent der Befragten fünf Wochen vor der Abstimmung eine klare Meinung gebildet.
Bei der Umfrage von von «20 Minuten» und Tamedia, die am 15. Oktober veröffentlicht wurde, sprachen sich 48 Prozent für eine Annahme aus – 33 Prozent dagegen. Fast ein Fünftel zeigte sich unentschlossen.