Omikron-Einschränkungen Jetzt zieht die Schweiz verstärkt britische Skitouristen an

uri

22.12.2021

Skifahrer mit Masken in Verbier. (Archiv)
Skifahrer mit Masken in Verbier. (Archiv)
Bild: Keystone

Britische Skitouristen kommen wieder in grosser Zahl in die Schweiz. Andere Länder halten sich wegen der Omikron-Variante fern. Wie sich das auf die Corona-Lage in der Schweiz auswirkt, wird sich erst noch zeigen. Reisebeschränkungen kämen womöglich aber ohnehin zu spät.  

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Die Omikron-Mutante ist in England bereits dominierend. Wegen der sich rasend verbreitenden Variante hat Londons Bürgermeister Sadiq Khan die geplante Neujahrsfeier am Trafalgar Square abgesagt. Auch Queen Elizabeth II. verzichtet angesichts der Lage den traditionellen Aufenthalt auf ihrem Landsitz im ostenglischen Sandringham und teilte mit, dass ein vorweihnachtliches Familientreffen nicht stattfinden wird. 

Auf die Situation in England reagiert haben auch Nachbarländer der Schweiz. Nach Frankreich dürfen Reisende aus Grossbritannien nur noch bei zwingenden Reisegründen und müssen sich nach der Ankunft in eine 48-stündige Quarantäne begeben. In Deutschland gilt das Vereinigte Königreich als Virusvarianten-Gebiet. Damit müssen alle Einreisenden aus Grossbritannien unter anderem für zwei Wochen in Quarantäne.

In der Schweiz stehen seit dem 4. Dezember 2021 indes keine Staaten mehr auf der Risikoländerliste. Gäste aus Grossbritannien können sich willkommen fühlen, denn auch das Testregime bei der Einreise wurde gelockert: Seit dem 20. Dezember benötigt man nur noch einen Antigen-Schnelltest, der höchstens 24 Stunden vor Grenzüberschreitung gemacht wurde. Auch müssen sich Geimpfte und Genesene nicht mehr wie bislang einem zweiten Test nach vier bis sieben Tagen unterziehen – diese Regel bleibt nur für Ungeimpfte in Kraft.

Ski-Gebiete verzeichnen mehr britische Besucher

Keinen Grund für übertriebenen Alarmismus sieht auch das Bundesamt für Gesundheit BAG. Auf Nachfrage erklärte Simone Buchmann von der Kommunikationsabteilung des Amts: «Das BAG analysiert weiterhin laufend die Daten über die Entwicklung der Omikron-Variante in der Schweiz. Zum jetzigen Zeitpunkt ist unklar, ob weitere Massnahmen nötig sein werden, um ihre Ausbreitung in der Schweiz einzuschränken.»

Klassische Winterdestinationen für Briten registrieren angesichts der relativen Schweizer Lockerheit deshalb bereits steigende Buchungszahlen: «Wir spüren, dass die englischen Gäste unbedingt kommen wollen; es gibt ihnen Sicherheit. Die Gastronomie ist bei uns geöffnet – im Gegensatz zu anderen Ländern, wo die Situation strenger ist als in der Schweiz», sagte die Tourismusdirektorin von Mürren, Rachel Arkin, zu SRF.

Auch in Verbier vermutete Tourismusdirektor Simon Wiget gegenüber der SRF-«Tagesschau», dass die Einschränkungen im Nachbarland dazu geführt haben, dass nun mehr Besucher von der Insel kommen: «Ich denke, viele haben umgebucht, weil sie nun nicht nach Frankreich können». Ähnlich sieht man das in Wengen im Berner Oberland. Die Situation bei den britischen Gästen per 22. Dezember sei ebenfalls besser sei als im Vorjahr, schreibt der «Tages-Anzeiger».

Schweizer Schutzkonzepte als Grund des Erfolgs?

Hotelleriesuisse-Präsident Andreas Züllig zeigt sich zwar überrascht, dass nun mehr Personen aus dem Vereinigten Königreich Ferien in der Schweiz machen als sonst. Sie seien dabei aber nicht allein, erklärte er SRF. Insgesamt hätten mehr Leute für die Zeit um Weihnachten und Neujahr gebucht und es kämen noch kurzfristige Buchungen dazu. Und das «trotz der verschärften Massnahmen mit 2G und 2G+».

Züllig lobte dabei das pragmatische Handeln des Bundesrats, das der Branche zugutekomme. Dass sich die Schweiz dadurch zum Corona-Hotspot entwickeln könne, glaubt er nicht. Man habe im letzten Winter den Beweis erbracht, dass die Schutzkonzepte funktionieren. Dadurch sei auch international das Vertrauen in die Schweiz gewachsen. «Das hilft uns diesen Winter», so Züllig.

Allerdings lief auch im letzten Jahr nicht alles glatt. Im Januar 2021 schossen etwa in Wengen die Fallzahlen in die Höhe, nachdem sich ausgerechnet ein britischer Tourist nicht an die Quarantäneregeln gehalten hatte. Mehrere Dutzend Personen infizierten sich daraufhin mit der damals noch neuen Alpha-Variante.

Kritische Situation in den Spitälern

Die Spital-Situation ist zudem bereits in vielen Kantonen kritisch, so auch im Wallis. Wegen der «starken Zunahme der Verbreitung des Coronavirus» sind die «ambulanten und stationären Notfalldienste derzeit stark belastet», schreiben der Kanton, das Spital Wallis und die Walliser Ärztegesellschaft in einer gemeinsamen Mitteilung. Sie appellieren an alle, Vorsicht bei den winterlichen Aktivitäten walten zu lassen.

Die Briger Hausärztin und Präsidentin der Walliser Ärztegesellschaft, Monique Lehky Hagen, eine der Verfasserinnen der Mitteilung, erklärte dem «Tages-Anzeiger», die Lage sei ernst. Über die Festtage und während der Wintersaison müsse jeder und jede einen Beitrag leisten, dass es zu weniger Ansteckungen und so zu einer Entlastung der aktuellen Situation komme. Das sei der «letzte Hoffnungsschimmer».

Reisebeschränkungen kommen ohnehin zu spät

Diese Einschätzung deckt sich mit der von Christina Pagel, einer der führenden britischen Corona-Expertinnen. Für Pagel ist der Zug in Sachen Reisebeschränkungen im Kampf gegen die Omikron-Variante nämlich bereits abgefahren. Wie sie der Deutschen Presseagentur sagte, hätte etwa Deutschland entsprechende Schritte schon vor drei Wochen unternehmen müssen. Bei der rasend schnellen Übertragbarkeit von Omikron würden sie nun keinen Unterschied mehr machen. 

Verschärfungen wie die 14-tägige Quarantänepflicht in Deutschland hält Pagel deshalb für politische Effekthascherei. Sie sagt: «Was man wirklich tun muss, ist die Verbreitung im Inland zu verhindern. Und bei dem Tempo von Omikron kann man sich dabei nicht nur auf Boostern verlassen.»