Dritte Säule, Ladekabel, Rekrutenschule Das hat der Bundesrat alles entschieden

SDA, red.

22.11.2023

Der Bund muss sparen: Bundespräsident Alain Berset und Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
Der Bund muss sparen: Bundespräsident Alain Berset und Finanzministerin Karin Keller-Sutter.
Keystone

Ein einheitliches Ladekabel ab 2024, mehr Flexibilität in der Rekrutenschule und 1,2 Milliarden Franken für die Nationalstrassen: Die wichtigsten Bundesrats-Beschlüsse von heute in der Übersicht. 

SDA, red.

22.11.2023

E-ID: Neuer Anlauf

Fast drei Jahre nach dem Nein des Stimmvolks zu einer privaten E-ID hat der Bundesrat am Mittwoch die Vorlage für die Einführung einer staatlichen Lösung verabschiedet.

Der elektronische Identitätsnachweis soll nach diesen Plänen ab 2026 angeboten werden.

Die Botschaft zum Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (BGEID) gelangt rund ein halbes Jahr später ans Parlament, als Anfang Dezember 2022 angekündigt worden war.

Nach der Vernehmlassung wurde die Vorlage in mehreren Punkten angepasst. Änderungen gab es beispielsweise beim Kreis der E-ID-Berechtigten, dem Prozess für die Ausstellung, bei Datenschutz-Aspekten, der Benutzerfreundlichkeit sowie der Supportorganisation.

Insgesamt sei die geplante E-ID positiv angenommen worden, schrieb der Bundesrat. Begrüsst worden sei insbesondere, dass der Staat Betreiber der für den Betrieb der E-ID nötigen Vertrauensinfrastruktur sein soll.

In einem ersten Anlauf war das E-ID-Gesetz im März 2021 an der Urne gescheitert. Zur Debatte stand damals eine private Lösung. Sicherheitsbedenken beim Datenschutz gaben gemäss Umfragen nach der Abstimmung den Ausschlag für das Nein.

Bundesrat arbeitet Gesetz für Hamas-Verbot aus

Der Bundesrat will die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas per Bundesgesetz verbieten. Damit zieht er die Konsequenzen aus dem Grossangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober.

Bis Ende Februar 2024 sollen das Eidgnössische Justizdepartement und das Verteidigungsdepartement in Zusammenarbeit mit dem Aussendepartement einen Gesetzesentwurf ausarbeiten. Ausserdem verlängert der Bundesrat die Zusammenarbeit mit drei palästinensischen NGOs nicht.

Das hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden. Er ist der Auffassung, dass ein Verbot der Hamas die beste Lösung ist, um auf die neueste Gewalteskalation im Nahen Osten zu reagieren, wie er mitteilte.

Mehr dazu erfährst du hier.

Kommission für Raubkunst wird geschaffen

Der Bundesrat schafft eine Kommission für Nazi- und koloniale Raubkunst. Das unabhängige Expertengremium soll sich um den rechtlich und ethisch verantwortungsvollen Umgang mir belastetem Kulturerbe kümmern. Mit der Kommission setzt die Landesregierung einen Parlamentsauftrag um.

Der Umgang mit historisch belastetem Kulturgut ist ein wichtiges Ziel seiner Kulturpolitik, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Er unterstützt darum die Aufarbeitung von Zeugnissen der Vergangenheit sowie faire und gerechte Lösungen.

Die unabhängige Expertenkommission soll in strittigen Fragen eine Beraterfunktion einnehmen. Ihre Empfehlungen sind nicht bindend. Die Verordnung für die Kommission tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Ähnliche Kommissionen gibt es bereits in Deutschland, Österreich, Frankreich, den Niederlanden und in Grossbritannien.

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden zahlreiche Kulturgüter aus jüdischem Besitz direkt oder indirekt enteignet. Solche Raubkunst gelangte auch in die Schweiz.

Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs machen Erben Ansprüche auf Entschädigung und Rückerstattung geltend. Dabei entstehen regelmässig Unsicherheiten und Streitfälle. Auch im Kontext mit dem Kolonialismus fordern Ursprungsgemeinschaften Rückerstattung.

Einkäufe in dritte Säule sollen auch nachträglich möglich sein

Beitragslücken in der Säule 3a sollen künftig durch nachträgliche Einkäufe geschlossen werden können. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine entsprechende Verordnungsänderung in die Vernehmlassung geschickt. Die Steuereinnahmen könnten sich mit der neuen Regelung um bis zu 600 Millionen Franken vermindern.

Mit der neuen Regelung soll die individuelle Selbstvorsorge gestärkt werden, wie die Bundesbehörden mitteilten. Wenn keine oder nicht die maximal zulässigen Beiträge in die Säule 3a eingezahlt wurden, können die so entstandenen Beitragslücken nachträglich durch steuerabzugsfähige Einkäufe bis zu zehn Jahre rückwirkend ausgeglichen werden.

Wer einen Einkauf tätigen möchte, muss in diesem Jahr zu Beiträgen in die Säule 3a berechtigt sein, das heisst über ein AHV-pflichtiges Erwerbseinkommen in der Schweiz verfügen. Ein Einkauf setzt voraus, dass im betreffenden Jahr der ordentliche Jahresbeitrag vollständig entrichtet wird. Der Einkauf soll wie der ordentliche Jahresbeitrag dabei vollumfänglich vom steuerbaren Einkommen abzugsfähig sein.

Gemäss der Steuerstatistik der direkten Bundessteuer 2019 beanspruchen rund zehn Prozent der Steuerpflichtigen den jährlich zulässigen Maximalabzug für die steuerprivilegierte Selbstvorsorge.

Nach einer groben Schätzung ist durch die neue Regelung mit jährlichen Mindereinnahmen bei der direkten Bundessteuer von 100 bis 150 Millionen Franken zu rechnen. Davon entfällt etwas mehr als ein Fünftel auf die Gemeinden und der Rest auf den Bund.

Bei den Einkommensteuern der Kantone und Gemeinden ist nach einer groben Schätzung von Mindereinnahmen zwischen 200 und 450 Millionen Franken pro Jahr auszugehen.

Die Vernehmlassung dauert bis zum 6. März 2024.

Bundesrat will Mietzinse drücken

Der Bundesrat will die steigenden Mietzinse mit kurzfristig umsetzbaren Massnahmen nach unten drücken. Er erwartet, dass die Mietzinse innerhalb von relativ kurzer Zeit um etwa 15 Prozent steigen. Das Wirtschaftsdepartement soll bis im Sommer eine Vernehmlassungsvorlage ausarbeiten.

Der Bundesrat will die Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen anpassen, wie er am Mittwoch mitteilte. Die Massnahmen sollen in seinen Worten «eine gewisse mietzinsdämpfende Wirkung erzielen» und die Transparenz im Mietmarkt erhöhen. Mehr dazu liest du hier.

Einheitliches Ladekabel ab 2024

In der Schweiz sollen alle das gleiche Ladegerät für Mobiltelefone, Laptops oder Tablets unterschiedlicher Hersteller nutzen können. Der Bundesrat führt USB-C per Anfang 2024 als einheitlichen Landestandard ein.

Auch weitere Geräte mit Funkteilen wie E-Reader, Kopfhörer oder Digitalkameras sind in die Vorgabe eingeschlossen. Dafür verabschiedete die Landesregierung am Mittwoch die Revision der Verordnung über Fernmeldeanlagen (FAV), wie das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) am Mittwoch mitteilte.

Für die Geräte soll nach Bedarf auch ein schnelles Aufladen mittels «USB Power Delivery»-Standard möglich sein. Herstellerfirmen müssten Konsumenten darüber orientieren, welche Ladeeigenschaften das Gerät besitze und ob ein Ladenetzteil beiliege, hiess es weiter. Auch sind die Hersteller dazu verpflichtet, in ihren Sortimenten auch Geräte ohne Ladenetzteil anzubieten.

Ende 2022 erliess die Europäische Union (EU) harmonisierte Vorschriften bei Ladelösungen für die erwähnten Geräte und gab den Mitgliedstaaten rund ein Jahr Zeit, entsprechende Massnahmen umzusetzen. Mit der Teilrevision der FAV erfolgt die Einführung in der Schweiz zeitgleich. Damit bleibe das Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen nach wie vor auch für Fernmeldeanlagen anwendbar, teilte das Bakom mit.

Daraus würden sich des Weiteren auch Vorteile für die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz ergeben, die auch grenzüberschreitend von einem einheitlichen Ladestandard profitieren könnten, hiess es weiter. Zudem teile die Schweiz die mit der einheitlichen Ladelösung verbundenen Nachhaltigkeits- und Verbraucherziele. Die vorliegende Lösung trage weiter auch dazu bei, Elektronikabfälle, den Rohstoffbedarf und die CO2-Emissionen bei Herstellung, Transport und Entsorgung von Elektrogeräten zu verringern.

Weitere Anpassungen betrafen laut der Mitteilung die Vorschriften für Funkanlagen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sowie die Gebührenbestimmungen im Satellitenbereich und für breitbandige, lokale private Netzwerke.

Der Bundesrat führt USB-C per Anfang 2024 als einheitlichen Landestandard in der Schweiz ein. 
Der Bundesrat führt USB-C per Anfang 2024 als einheitlichen Landestandard in der Schweiz ein. 
Keystone

Stromtransportnetz in schlechterem Zustand, als erwartet

Der Zustand des Stromübertragungsnetzes in der Schweiz ist laut der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid schlechter als bisher angenommen. Daher müssten in den nächsten fünf bis zehn Jahren für rund 25 Prozent des Swissgrid-Netzes Sofortmassnahmen ergriffen werden, wie das Bundesamt für Energie (BFE) am Mittwoch mitteilte.

Parallel zu den Sofortmassnahmen müssten auch Plangenehmigungsverfahren gestartet werden. Es sei daher mit einer Vervielfachung der Anzahl der Projekte zu rechnen.

Denn neben der Instandhaltung müsse das Übertragungsnetz auch dringend ausgebaut werden, teilte das BFE mit. Um den sicheren, leistungsfähigen und effizienten Betrieb des Schweizer Stromsystems zu gewährleisten, müssten bestehende sowie in Zukunft drohende Engpässe beseitigt werden. Hinzu komme schliesslich der sich aus der Energiestrategie 2050 ergebende sukzessive Wechsel von zentralen auf dezentrale Produktionskapazitäten.

Mit dem Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze gelten seit 2019 neue Bedingungen für den rascheren Ausbau der Stromnetze. Die Bewilligungsverfahren konnten damit «nicht wesentlich» beschleunigt werden, wie es in der Mitteilung weiter heisst. Viele Leitungsprojekte im Übertragungsnetz von Swissgrid bräuchten auch gegenwärtig noch rund 15 Jahre bis zur Realisierung.

Der Bundesrat beauftragte daher an seiner Sitzung das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek), Massnahmen zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren vertieft zu prüfen und bis Ende März 2024 eine Vorlage mit nötigen Anpassungen auf der Gesetzes- und bis Ende November 2024 auf der Verordnungsstufe vorzulegen.

Dazu gehören laut BFE beispielsweise die Optimierung der bundesinternen Verfahrens- und Bereinigungsprozesse bei Projekten im Sachplan Übertragungsleitungen, gesetzliche Vorgaben zur Technologiewahl zwischen Freileitung oder Kabel, der Verzicht auf ein Sachplanverfahren für den Ersatz oder die Sanierung bestehender Leitungen auf bestehenden Trassees oder der Verzicht auf eine Plangenehmigung für Niederspannungsverteilnetze in Bauzonen.

Regulierung von Künstlicher Intelligenz 

Der Bundesrat will künstliche Intelligenz (KI) regulieren. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) soll nun aufzeigen, welche Möglichkeiten zur Regulierung von KI es gibt.

Der Bundesrat hat eine entsprechende Übersicht möglicher Regulierungsansätze in Auftrag gegeben, wie er am Mittwoch mitteilte. Diese soll bis Ende 2024 vorliegen.

Damit will der Bundesrat nach eigenen Angaben das Potenzial von KI nutzbar machen und gleichzeitig die Risiken für die Gesellschaft minimieren.

Die Analyse soll die Basis schaffen, damit der Bundesrat 2025 einen konkreten Auftrag für eine Regulierungsvorlage KI erteilen und die Zuständigkeiten regeln könne, so die Mitteilung.

Konkret soll die Analyse mögliche Regulierungsansätze aufzeigen, die mit der KI-Verordnung der Europäischen Union und der KI-Konvention des Europarats kompatibel seien.

Geprüft werde der Regulierungsbedarf mit besonderem Augenmerk auf die Einhaltung der Grundrechte, so der Bundesrat weiter. Berücksichtigt würden auch die technischen Standards sowie die finanziellen und institutionellen Auswirkungen der unterschiedlichen Regulierungsansätze.

1,2 Milliarden Franken für Nationalstrassen

Für das elfte langfristige Bauprogramm für die Fertigstellung der Nationalstrassen in der Schweiz hat der Bundesrat je rund 300 Millionen Franken auf die kommenden vier Jahre verteilt gesprochen. Die Gelder betreffen vor allem die Netzfertigstellung in den Kantonen Wallis, Schwyz, Uri und Obwalden. Dies teilte das Bundesamt für Strassen (Astra) am Mittwoch mit.

Das Schweizerische Nationalstrassennetz ist zu mehr als 98 Prozent fertiggestellt und in Betrieb. Die noch verbleibenden rund zwei Prozent umfassen rund 40 Kilometer Nationalstrassen, wie es in der Mitteilung weiter hiess. Die Schwerpunkte liegen dabei in der Fertigstellung der N9 im Wallis, der N4 in den Kantonen Uri und Schwyz, der N8 im Kanton Obwalden sowie der N28 im Kanton Graubünden.

Die Federführung und die Bauherrenrolle bei der Netzfertigstellung obliegt den Standortkantonen. Sie leisten auch eine Teilfinanzierung. Der Bund bezahle den grössten Teil und habe die Oberaufsicht, hiess es weiter. Bis 2008 waren die Nationalstrassen Eigentum der Kantone. Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs wurde der Bund für den Bau, Betrieb und Unterhalt der Strassen zuständig. Die Ausnahme bildet dabei die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes.

Das 11. langfristige Bauprogramm berücksichtige die Finanzplanung des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds (NAF) und die aktuellen Projektkenntnisse der Kantone und des Astra. Die finanziellen Mittel für die Fertigstellung des Nationalstrassennetzes stammen aus dem NAF. Die Nationalstrassen seien somit vollständig nutzerfinanziert. Die Liquidität des NAF erlaube dem Bund laut der Mitteilung, den Bundesanteil an den vorgesehenen Projekten in den kommenden Jahren zu finanzieren.

RS und WK sollen flexibler gestaltet werden

Der Bundesrat will die Rekrutenschulen und Wiederholungskurse der Armee flexibler gestalten. Kompensationsgeschäfte mit dem Ausland will er rechtlich verankern. Überbestände im Militär sollen vorübergehend erlaubt sein. Diese und andere Änderungen des Militärgesetzes schickte die Landesregierung am Mittwoch in die Vernehmlassung.

Die flexiblere Ausbildungsdauer soll gegen die Personalknappheit bei der Armee helfen und die Bestände sichern, wie es in einem Communiqué hiess. Ausschlaggebend für die Anpassung sind die geänderten Ansprüche bei der Vereinbarkeit von Militärdienst, Berufs- und Privatleben.

Der Bundesrat will davon abkommen, dass alle Rekrutenschulen 18 Wochen dauern müssen. Stattdessen soll sich die Dauer nach den Ausbildungsbedürfnissen der Truppengattungen richten. Sie kann damit auch kürzer ausfallen. Die Wiederholungskurse sollen sich nach den Bedürfnissen der Armee und ihrer Angehörigen richten. An der Gesamtdauer der Dienstpflicht ändert sich für die Mehrheit der Armeeangehörigen nichts.

Die Revision des Militärgesetzes legalisiert den aktuellen Überbestand der Armee für höchstens fünf Jahre. Damit entspricht der Bundesrat den Erfordernissen der Bedrohungslage. Auch lassen sich so Schwankungen aufgrund unterschiedlich grosser Jahrgänge ausgleichen.

Die Armee auf den derzeit gesetzlich vorgeschriebenen Bestand zurückzustutzen, hält die Landesregierung wegen der aktuellen geopolitischen Lage nicht für angebracht.

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Mit weiteren Änderungen will die Landesregierung die Digitalisierung der Armee vorantreiben. Längerfristig soll jeder Armeeangehörige via App auf die eigenen Daten zugreifen und diese bearbeiten können.

Die Voraussetzungen, Grenzen und Kontrollen von Kompensationsgeschäften bei Rüstungsbeschaffungen im Ausland sind derzeit nicht formell geregelt. In der Revision des Militärgesetzes will der Bundesrat die Grundzüge gesetzlich verankern.

Dazu gehören Zuständigkeiten, Organisation, Ziele und die bestmögliche Beachtung eines sprachregionalen Verteilschlüssels. Zudem werden finanzielle Schwellenwerte und die Höhe der Kompensationsverpflichtungen festgelegt.

Wegen der Bedrohungslage und der allgegenwärtigen Cyber-Bedrohung will der Bundesrat das Beschlagnahmungsrecht des Militärs ausweiten. Bisher kann die Armee bei einem Aktiv- oder Assistenzdienst nur unbewegliche und bewegliche Güter wie etwa Fahrzeuge requirieren.

Neu soll sie auch sogenannte beherrschbare Naturkräfte beschlagnahmen dürfen. Darunter versteht der Bundesrat zum Beispiel Strom, Daten oder Funkfrequenzen. Weiter fallen unter die neuen Beschlagnahmungsrechte Immaterialgüter sowie Arbeits- und Dienstleistungen. Hinzu kommen mildere Formen der Requisition wie Nutzungseinschränkungen und -verbote. Dafür sind Entschädigungen vorgesehen.

Zum Schutz der militärischen Informations- und Kommunikationstechnik sowie der Lieferketten sollen im Weiteren auch ausserhalb von Krisen Massnahmen möglich sein.

Rohstoffhandel wird durchleuchtet

Die Schweiz gilt als einer der wichtigsten internationalen Rohstoffhandelsplätze. Bisher gibt es dazu keine offiziellen Zahlen. Der Bundesrat hat am Mittwoch beschlossen, die Bedeutung des internationalen Rohstoffhandels für eine begrenzte Zeit genauer zu analysieren.

Die Notwendigkeit einer besseren Datenlage ergibt sich laut dem Bundesrat aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Sektors für die Innen- und Aussenpolitik. Sie habe bereits vor der russischen Militäraggression gegen die Ukraine bestanden, sich aber seit Beginn des Konfliktes allerdings zugespitzt.

Die jährliche Wertschöpfungsstatistik des Bundesamtes für Statistik (BFS) soll zu diesem Zweck für eine begrenzte Zeit auf alle Rohstoffhandelsunternehmen mit mindestens drei Beschäftigten erweitert werden. Laut Mitteilung sind davon rund 400 Unternehmen betroffen.

Die Analyse soll die drei Geschäftsjahre 2024, 2025 und 2026 umfassen. Sobald die Analyse des dritten Geschäftsjahres abgeschlossen sei, voraussichtlich Ende 2027, will der Bundesrat gestützt auf eine Einschätzung der interdepartementalen «Plattform Rohstoffe» (WBF, EDA und EFD) entscheiden, ob diese statistische Erhebung definitiv eingeführt und mit den nötigen Ressourcen ausgestattet wird oder ob darauf verzichtet werden soll.

Die Analysearbeit erfordere über eine Dauer von vier Jahren zwei Stellen, die innerhalb der Bundesverwaltung kompensiert werden könnten.

Die Grundlage für innen- oder aussenpolitische Entscheide soll damit laut dem Bundesrat verbessert werden, da das wirtschaftliche Gewicht des Rohstoffhandels berücksichtigt werden könne.

Die Schweiz ist einer der wichtigsten internationalen Handelsplätze für Rohstoffe. Studien schreiben dem Schweizer Handelsplatz die Kontrolle über einen Drittel des weltweiten Rohölhandels, über rund zwei Drittel des Metallhandels und über 35 bis 60 Prozent des Handels mit Agrarrohstoffen zu, wie der Bundesrat festhält.

Trotz der nationalen und internationalen Bedeutung des Schweizer Rohstoffhandels lägen zu diesem Bereich nur wenige Informationen vor. So existierten in der Schweiz keine offiziellen Zahlen über den Beitrag dieses Sektors zur Schweizer Wertschöpfung oder über die von Schweizer Rohstoffhandelsunternehmen gehandelten Güter.

Bundesrat rechnet mit Milliardendefizit

Die Budgetzahlen des Bundes bleiben auch in den Jahren 2025 bis 2027 tiefrot. Nach aktueller Planung sind strukturelle Defizite von 2 bis 3 Milliarden Franken pro Jahr zu erwarten, wie der Bundesrat am Mittwoch mitteilte. Viele Vorhaben müssten zurückgestellt werden.

Gemäss den Eckwerten der Finanzplanung für die kommende Legislatur verschlechtern sich die Zahlen primär aufgrund anhaltend hoher Ausgaben für die Migration – insbesondere die Verlängerung des Schutzstatus S für Geflüchtete aus der Ukraine falle ins Gewicht. Zudem wirke sich der Ausbau der Prämienverbilligungen aus.

Der Bundesrat muss darum etliche Projekte zurückstellen oder langsamer angehen als bisher geplant, wie es hiess. Er wolle aber insbesondere bei der Digitalisierung einen Schwerpunkt setzen.

Mittelfristig dürfte sich der Druck laut dem Bundesrat noch vergrössern: Namentlich das rasche Wachstum der Armeeausgaben auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) sowie der Ausgaben für die AHV liessen die Verluste weiter anwachsen. Es seien strukturelle Defizite zwischen 3 und 4 Milliarden Franken pro Jahr zu erwarten.

Grünes Licht für E-Voting-Pilotprojekt in Graubünden

Der Bundesrat hat dem Kanton Graubünden eine Grundbewilligung für Versuche mit der elektronischen Stimmabgabe bei eidgenössischen Abstimmungen erteilt. Die Bewilligung gilt befristet bis zur Abstimmung vom 8. März 2026.

Gleichzeitig hat die Bundeskanzlei den E-Voting-Testbetrieb für die Abstimmung vom 3. März 2024 zugelassen, wie diese am Mittwoch mitteilte.

In einer ersten Phase können sich die Stimmberechtigten von sechs Bündner Pilotgemeinden für die elektronische Stimmabgabe anmelden. Für die erste Abstimmung vom 3. März 2024 beantragt der Kanton die Zulassung von 12’000 Stimmberechtigten.

Elektronisch abstimmen können Stimmberechtigte in den fünf Pilotgemeinden Domat/Ems, Lumnezia, Pontresina, Poschiavo und Safiental, hiess es gleichentags in einer Mitteilung der Bündner Standeskanzlei. Landquart als sechste Pilotgemeinde folgt aus organisatorischen Gründen ab der Abstimmung vom 9. Juni 2024. Stimmberechtigte, die sich für E-Voting entscheiden, müssen sich spätestens acht Wochen vor ihrer ersten elektronischen Stimmabgabe einmalig bei ihrer Gemeinde anmelden.

Gemeinsam mit den Stimmberechtigten, die in den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau elektronisch abstimmen können, werden an der Abstimmung vom 3. März voraussichtlich rund 77’000 Stimmberechtigte zu E-Voting zugelassen sein. Dies entspricht etwa 1,4 Prozent aller Schweizer Stimmberechtigten.

Graubünden setze dasselbe E-Voting-System der Schweizerischen Post ein, das bereits in den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau zum Einsatz komme, hiess es in der Mitteilung. Die Kantone und die Bundeskanzlei ziehen eine positive Bilanz zu den bisherigen Einsätzen dieses Systems, etwa an den Nationalratswahlen vom 22. Oktober.