Neuer Präsident Chiesa ist gewählt – «wir sind eine Familie»

Von Anna Kappeler, Brugg

22.8.2020

Marco Chiesa heisst der neue Chef der SVP. «Viva Svizzera» sagt er in der Antrittsrede. Alfred Heer nimmt sich nur Minuten vor der Wahl aus dem Rennen. Eindrücke von der Delegiertenversammlung.

Um 14.30 Uhr steht fest: Marco Chiesa ist gewählt als neuer SVP-Präsident.

Stehende Ovationen. «Marco, Marco»-Rufe.

Der Tessiner Ständerat geht, begleitet von Applaus, nach vorne auf die Bühne, ergreift das Wort, bedankt sich für das Vertrauen. «Einer für alle, alle für einen», sagt er im Lauf dieser Rede. Applaus.

«Ich gebe das Geld lieber den Menschen in der Schweiz, als sie für die Kohäsionsmilliarde auszugeben», sagt Chiesa. Auf Deutsch. Wieder Applaus.

«Wir sind eine Familie. Das letzte Wort muss immer die Schweizer Bevölkerung haben, nicht die EU.» Erneut Applaus. 

Es lebe die Schweiz, es lebe die SVP, sagt Chiesa, und schlägt den Bogen zur Begrenzungsinitiative, die es am 27. September anzunehmen gelte. «Viva Svizzera», schliesst er die Rede.

Der scheidende Präsident Alfred Rösti überreicht Chiesa einen Blumenstrauss und zwei riesige Tafeln Toblerone. Chiesas Frau und die beiden Kinder kommen auf die Bühne. 

«Bravo»-Rufe.

Der neue Parteipraesident Marco Chiesa freut sich nach seiner Wahl an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz in Brugg Windisch.
Der neue Parteipraesident Marco Chiesa freut sich nach seiner Wahl an der Delegiertenversammlung der SVP Schweiz in Brugg Windisch.
Bild: KEYSTONE/Ennio Leanza

«Marco Chiesa ist für die SVP ein Glücksfall»

Blenden wir zurück. Es ist 13.55 Uhr, als es ruhig wird im vollbesetzten Campussaal Kultur + Kongresse der SVP-Delegierten im aargauischen Brugg Windisch. «Wir haben bekanntlich ein Einerticket», sagt der scheidende Chef Albert Rösti, und gibt das Wort weiter.



Fünf Sitzungen und zwei Telefongespräche hätten stattgefunden, führt der Präsident der Findungskommission, Kaspar Baader, aus. 22 Personen seien kontaktiert worden. «Nur mussten wir leider 13 Absagen einstecken – mit neun Personen fanden engere Gespräche statt.» 

Auf dem Bild ist Marco Chiesa im Gespräch mit Kollegen an der DV in Brugg Windisch.
Auf dem Bild ist Marco Chiesa im Gespräch mit Kollegen an der DV in Brugg Windisch.
Bild: Keystone

«Marco Chiesa ist der ideale Kandidat – Ende Februar aber hat er uns leider noch abgesagt», sagt Baader. Im Frühsommer habe Chiesa Baader dann jedoch mitgeteilt, dass er sich beruflich verändern wolle. «Da war der Fall klar.» Marco Chiesa sei für die SVP ein Glücksfall.

«Heer ist der glücklichere Mensch, wenn er nicht Parteipräsident werden muss»

Um 14.14 Uhr tritt Benjamin Fischer ans Rednerpult, der Präsident der Zürcher Kantonalpartei. Spannung im Saal. Gibt es eine Kampfwahl, tritt Alfred Heer an?

Dann sagt Fischer: «Es ist nicht so, dass Fredi sich um das Amt gerissen hat.»

Da ist klar, Chiesa wird neuer Chef. Es gebe nur eine SVP – alle sollten nun am gleichen Strang ziehen, so Fischer weiter. «Wir unterstützen einstimmig Marco Chiesa als SVP-Präsident.» Fredi Heer sei der glücklichere Mensch, wenn er nicht Parteipräsident werden müsse.

«Forza Marco!», schliesst Fischer.

Applaus.

Zwei enttäuschte Stimmen

Und dann, Minuten nur vor der Wahl, doch noch zwei Voten aus dem Saal. Es sind öffentlich geäusserte, enttäuschte Stimmen. «Keine Auswahl – das ist ein Schlag ins Gesicht der beiden fähigen Kandidaten Alfred Heer und Andreas Glarner.» Sie habe bis anhin, wie die meisten hier im Saal, Marco Chiesa nicht gekannt. «Ich werde mich deshalb der Stimme enthalten», schliesst die Frau ihr Votum. 

Eine weitere Frau schliesst sich ihr an. Auch sie will sich der Stimme enthalten, weil sie auf eine Auswahl gehofft habe, wie sie am Mikrofon sagt. 

Rösti dankt den beiden Delegierten, «auch diese Meinungen müssen Platz haben», dann geht es zur Wahl, deren Ergebnis Formsache ist.

Bundesrat Maurer: «Chiesa absolut richtige Wahl»

Beinahe unterzugehen im allgemeinen Jubel scheint die Frage, warum die Delegierten nicht zwischen zwei möglichen Präsidenten wählen konnten. Wir treffen auf dem Gang zur Toilette auf Ueli Maurer, langjähriger Parteipräsident und heutiger Bundesrat, und geben die Frage an ihn weiter. «Marco Chiesa ist die absolut richtige Wahl», sagt Maurer. Und nein, Christoph Blocher habe hierbei keinen Einfluss gehabt.

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