Überraschende Gewitter Darum sind Blitz und Donner so schwer vorhersehbar

Von Maximilian Haase

16.6.2022

Warum tauchen manche Gewitter ohne Vorankündigung auf? 
Warum tauchen manche Gewitter ohne Vorankündigung auf? 
Keystone/Peter Schneider

Heute Morgen und gestern Abend blitzte und donnerte es heftig über Teilen der Schweiz. Das überraschte in Bern selbst manche Wetterstation. Warum sind Gewitter eigentlich so schwer vorherzusagen?

Von Maximilian Haase

16.6.2022

Dieses Gewitter hatte kaum jemand richtig auf dem Schirm: Am Mittwochabend und in den frühen Morgenstunden blitzte und donnerte es gewaltig über weiten Teilen der Schweiz. Insbesondere im Kanton Bern gingen teils golfballgrosse Hagelkörner nieder. Landesweit wurden etwa 5'000 Blitze gezählt.

Während es aber etwa in Basel und Lausanne noch in der Nacht eine Unwetterwarnung der Stufe Rot gab, wurden die Bewohner der Region Zürich und auch so mancher Bauer beim Heuen am Morgen regelrecht überrascht. Zwar verweist MeteoSwiss auf Anfrage von blue News darauf, dass der Wetterbericht für die Alpennordseite Schauer und Gewitter für die Nacht und am Morgen vorausgesagt habe.

Doch weshalb können selbst Experten den genauen Ort sowie Zeitpunkt und Stärke solcher Gewitter eigentlich so schwer vorhersehen?

Erst kurz vorher weiss man, wo es gewittert

«Ein Gewitter ist per Definition ein lokales Phänomen, welches zeitlich und räumlich schwer vorherzusagen ist», erklären die Experten von MeteoSwiss. Selbst wenn sich mehrere Gewitterzellen zu einem grösseren, organisierten System verbinden würden, bestehe «oft noch erhebliche Unsicherheit über Ausmass und Intensität des bevorstehenden Ereignisses».

«Gewitter stellen uns immer noch vor die Grenzen der Vorhersagbarkeit», erklärt auch Georg Haas, Meteorologe bei wetter.com in einer Podcast-Ausgabe des Wetterportals. Zwar wisse man, unter welchen Bedingungen in einer Region Gewitter entstehen können – «aber welche Orte genau betroffen sein werden, das können wir erst kurz vorher sagen».

Veranschaulicht werden könne dies mit einem Topf kochenden Wassers, erklärt der Experte: «Stellt man einen Topf auf eine heisse Herdplatte, weiss man, dass es sich erhitzen und Blasen werfen wird. An welcher Stelle aber die nächste Dampfblase aufsteigt, das lässt sich nicht vorhersagen.»

Lokale Gewitter schwer vorherzusagen

Lokale Gewitter liessen sich schwierig vorhersehen, bestätigt auch Meteonews. Kompliziert werde es «bei der Spezifizierung von kleinskaligen Gewitterzellen, sowohl geografisch als auch zeitlich». Dies habe mehrere Gründe: Erstens sei «das Vorhandensein oder Fehlen der für die Auslösung von Gewittern erforderlichen Zutaten nicht immer leicht zu antizipieren». So könne beispielsweise das Risiko für den Nachmittag durch Überreste der Gewitteraktivität des Vortages beeinflusst werden.

Zweitens könnten Feuchtigkeit, Instabilität und Luftmassenänderungen lokal «mit einer komplexen Topografie wie in der Schweiz nur sehr schwer erfasst werden». Drittens hätten auch hochauflösende Vorhersagemodelle neuester Generation «Schwierigkeiten, alle Gewitterzutaten richtig zu erfassen». 

Gewitter seien kleinräumige Wetterereignisse, erklärt auch Meteorologe Haas, von den Wettermodellen können sie daher leicht übersehen werden. Noch sei die Technik nicht so weit, sie frühzeitig vorherzusagen, so der Experte. Er gehe davon aus, «dass es noch ein paar Jahrzehnte dauern wird, bis die Wettermodelle detailliert genug sind, um Gewitter besser prognostizieren zu können».

«Prognosen sind eine schwierige Sache»

Derweil handelt es sich bei den Gewittern nicht um die erste unangekündigte Wetterentwicklung der Woche. Bereits am Mittwoch hatte MeteoSchweiz eine «morgendliche Überraschung» in den Niederschlägen erblickt, die in der Nacht vom Dienstag durchs Land gezogen waren. Erklärungen nach einem solchen Ereignis seien «in der Meteorologen-Gilde besonders beliebt», blickt der Autor am Ende seiner Ausführungen allgemein auf die Problematik der fehlerhaften Vorhersage.

Dies träfe vor allem zu, wenn sie das Gewissen der Meteorologen mit Fragen quälen wie: «Warum hat niemand diese Entwicklung gesehen?» Der Autor endet mit einem beliebten Bonmot, das mit Blick auf die überraschenden Gewitter wohl auch auf die Zunft der Wetterforscher zutrifft: «Prognosen sind eine schwierige Sache. Vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.» 

Bleibt zu hoffen, dass sich zumindest die sommerlichen Vorhersagen für das Wochenende bewahrheiten: Nachdem den heftigen Gewittern und Hagelzügen in der Nacht auf Donnerstag soll das Thermometer spätestens am Samstag schweizweit deutlich über 30 Grad klettern.