Bundesgericht spricht Frau frei Das alles darfst du mit dem Handy am Steuer

uri

2.6.2023

Wegen eines Blicks aufs Handy wurde eine Frau aus Solothurn mit 250 Franken gebüsst. Das Bundesgericht hat die Verurteilung in dieser Woche aufgehoben.
Wegen eines Blicks aufs Handy wurde eine Frau aus Solothurn mit 250 Franken gebüsst. Das Bundesgericht hat die Verurteilung in dieser Woche aufgehoben.
Symbolbild: Keystone

Das Handy ist für die Meisten ein ständiger Begleiter. Und viele zücken das Gerät auch beim Autofahren. Generell macht das das Autofahren nicht besser. Verboten ist es aber nicht in jedem Fall. 

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eine Solothurnerin hat, während sie am Steuer sass, auf ihr Handy geschaut und deshalb eine Busse von 250 Franken erhalten.
  • Das Bundesgericht hat die Strafe aufgehoben, weil der kurze Blick der Frau die Bedienung des Fahrzeugs nicht erschwert habe.
  • Der Fall kann allerdings nicht pauschalisiert werden, da verschiedene Faktoren relevant sind. 
  • Wer keine Gefahr darstellen will, greift hinter dem Steuer am besten gar nicht zum Handy. 

Das Bundesgericht hat in dieser Woche einen Entscheid getroffen, der für etliche Autofahrerinnen und Autofahrer relevant ist: Es hat die Verurteilung einer Solothurnerin wegen einfacher Verletzung der Verkehrsregeln aufgehoben. Die Wagenlenkerin hatte kurz auf ihr Handy geblickt und war deshalb mit einer Busse von 250 Franken belegt worden.

Die Solothurner Staatsanwaltschaft, das Amtsgericht und auch das Solothurner Obergericht hatten befunden, dass es sich dabei um eine Tätigkeit gehandelt habe, die «die Bedienung des Fahrzeugs erschwert» habe, berichtet das SRF. Das Bundesgericht war anderer Meinung.

Was ist erlaubt?

Das Bundesgericht hat laut SRF bereits mehrere ähnliche Fälle beurteilt. Der kurze Blick der Frau aufs Handy sei dabei vergleichbar mit anderen Tätigkeiten, die erlaubt seien. Dabei handelt es sich etwa um den kurzen Blick aufs Navi oder die Sprit-Anzeige. Oder auch um die einhändige Fahrt, etwa um einen Apfel zu essen oder zu rauchen.

Zulässig sei damit auch, das Mobiltelefon mittels Gesichtserkennung zu entsperren, solange der Vorgang lediglich zwei Sekunden dauere, eine Hand dabei stets am Lenkrad verbleibe und man zugleich die Strasse im Blick behalte.

Für die Solothurnerin positiv ins Gewicht fielen zudem weitere Umstände: Die Strassenverhältnisse waren trocken, es herrschte lediglich mittleres Verkehrsaufkommen und sie selbst sei nicht stark abgelenkt gewesen. Bei dem kurzen Blick der Frau aufs Mobiltelefon hat es sich gemäss Bundesgericht damit eben nicht um eine Tätigkeit gehandelt, die die Bedienung des Fahrzeugs erschwert hat.

Was geht nicht?

Das Telefonieren ohne Freisprechanlage – also mit Hörer am Ohr – ist während des Fahrens generell nicht gestattet und wird laut der Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu mit einer Busse von 100 Franken belegt.

Nicht erlaubt ist ebenfalls Schreiben von Textnachrichten, das durch das Bundesgericht als «grobe Verkehrsregelverletzung eingestuft» wurde und mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann.

Selbst das Telefonieren mittels Freisprecheinrichtung schützt nicht notwendigerweise vor einer Strafe und kann laut bfu-Informationen zu einer Verurteilung führen: «Nämlich dann, wenn die Fahrzeugführerin oder der Fahrzeugführer deswegen den Vorsichtspflichten nicht mehr genügt, das Fahrzeug also nicht mehr beherrscht.»

Generell seien hinter dem Steuer nur Tätigkeiten erlaubt, «die nicht vom Autofahren ablenken», was wiederum von den «konkreten Umständen» abhänge. Ein Lastwagenchauffeur, der etwa mit einer Hand eine Funkmuschel ans Ohr halte und wegen eines zu kurzen Kabels den Kopf stark nach unten habe neigen müssen, sei wegen einer einfachen Verkehrsregelverletzung schuldig gesprochen worden.

Im Gegenzug habe das Bundesgericht das reine Halten eines Handys während 15 Sekunden unter bestimmten Umständen als unproblematisch betrachtet, weil der Lenker in dem Fall weiterhin stets habe korrekt auf Verkehrsgeschehnisse reagieren können.

Wie so oft in Rechtsfragen gibt es hinsichtlich der Ablenkungen hinter dem Steuer keine pauschalen Antworten, denn stets ist der Einzelfall zu betrachten. Das bfu empfiehlt deshalb, man solle von «Beginn weg am Steuer auf das Lesen und Schreiben von Nachrichten (SMS oder Whatsapp) sowie aufs Telefonieren» verzichten.

So gefährlich sind die Ablenkungen am Steuer:

Das Kompetenzzentrum informiert zudem, welche Tätigkeiten hinter dem Steuer ablenken und so zu Unfällen beitragen, die in der Schweiz jährlich zu 1100 Schwerverletzten und 50 Todesopfern führen:

- Das Greifen nach Gegenständen, etwa auf der Rückbank im Fahrzeug erhöht das Unfallrisiko demnach um den Faktor 9,1.
- Die Nutzung des Handys ohne Freisprecheinrichtung steigert das Risiko um den Faktor 3,6.
- Die Bedienung elektronischer Geräte wie Radio oder Navi kommt auf den Faktor 2,5.
- Selbst das Gespräch mit Mitfahrenden wirkt sich negativ aus. Hier steigt das Unfallrisiko demnach um den Faktor 1,4.

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