Armut, Sicherheit, Verkehr Das hat der Bundesrat heute alles entschieden

SDA/uri

6.4.2022

Ein Obdachloser am 25. März 2022 in Genf. (Archiv)
Ein Obdachloser am 25. März 2022 in Genf. (Archiv)
Bild: Keystone

Der Bundesrat setzt das Informationssicherheitsgesetz vorzeitig in Kraft und gibt grünes Licht für die Verlängerung von zwei Tramlinien im Grossraum Zürich. Die jüngsten Entscheide im Ticker.

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Ukraine

Zivilschützer unterstützen das Staatssekretariat für Migration (SEM) bei der notfallmässigen Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine. Der Bundesrat hat am Mittwoch bis Ende Oktober ein Aufgebot von bis zu 24'000 Diensttagen bewilligt. Der Zivilschutz soll insbesondere beim Aufbau und Betrieb von Notunterkünften helfen, wenn die herkömmlichen Strukturen ausgelastet respektive überlastet sind. Auch bei der Betreuung und Unterstützung von Schutzsuchenden kann der Zivilschutz eingesetzt werden. Es ist nach der Pandemie nun das zweite Mal, dass der Bundesrat den kantonal organisierten Zivilschutz aufgeboten hat. Das kann er tun, wenn Katastrophen oder Notlagen mehrere Kantone oder das ganze Land betreffen. Auch Zivildienstleistende unterstützen das SEM.

Export

Die Schweizerische Exportrisikoversicherung (Serv) hat im Geschäftsjahr 2021 einen Betriebsgewinn von 88 Millionen Franken geschrieben - nach einem Verlust von 81,5 Millionen Franken im Vorjahr. Der Bundesrat schrieb nach der Genehmigung des Geschäftsberichts am Mittwoch von einem «soliden Resultat». Der Zuwachs bei den Versicherungsleistungen zeige, dass sich die Exporteure im Jahr 2021 wieder verstärkt um Auslandaufträge bemüht hätten. Aufgrund der Situation in der Ukraine ist laut dem Bund absehbar, dass es bei Russland-Geschäften zu Schäden kommen wird, welche die Serv für die Geschäftsjahre ab 2022 beschäftigen werden.

Arbeitszeitregeln

Zur Lockerung der Arbeitszeitregeln, etwa für freiwillige Sonntagsarbeit, macht eine Ständeratskommission einen Vorschlag. Bestimmte Branchen und Personen sollen demnach nicht dem Arbeitsgesetz unterstehen. Der Bundesrat hält jedoch nichts davon, wie er in seiner am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme schreibt. Er beantragt deshalb, nicht auf die entsprechende Vorlage einzutreten. Die Regierung erachtet die Erfolgschancen der neuen Revisionsidee als «äusserst gering». Gangbar und realisierbar sei dagegen eine Verordnungsanpassung für die Einführung eines Jahresarbeitszeitmodells für die betroffenen Branchen.

Lebensmittelverschwendung

Der Bundesrat will die Lebensmittelverschwendung bis 2030 im Vergleich zu 2017 halbieren. Dazu hat er einen Aktionsplan verabschiedet. Dieser sieht vor, mit dem Gastgewerbe, dem Vertrieb, der verarbeitenden Industrie und der Landwirtschaft branchenübergreifend Reduktionsziele festzulegen. Geplant sind etwa die verbesserte Angabe der Haltbarkeitsdauer für Produkte, das vermehrte Spenden von unverkauften Lebensmitteln sowie bessere Verpackungen und eine bessere Anbauplanung. Die Massnahmen sollen freiwillig umgesetzt werden können. 2025 will der Bundesrat prüfen, ob die Massnahmen ausreichen, und wenn nötig weiter handeln.

Energie

Mit einer Revision der Kernenergiehaftpflichtverordnung (KHV) will der Bundesrat den Anteil der privaten Versicherungsdeckung erhöhen. Er hat am Mittwoch die geänderte KHV und weitere angepasste Verordnungen zum Thema Energie bis 13. Juli in eine Vernehmlassung gegeben. Der unbegrenzt haftende Betreiber einer Atomanlage muss eine Gesamtdeckung von 1,2 Milliarden Euro für Schadensfälle abschliessen. Davon wird heute 1 Milliarde Franken von privaten Versicherungen erbracht. Neu sollen Private von der Gesamtdeckung so viel wie möglich übernehmen. Entsprechend verringert sich die Deckung durch den Bund, der ausserdem von privaten Versicherern ausgeschlossene Risiken deckt und bei den Anlagebetreibern Prämien dafür erhebt.

Migration

In der Migrationsaussenpolitik hat die Schweiz vergangenes Jahr ihr Resettlement-Programm nach anfangs operationellen Schwierigkeiten optimiert und das humanitäre Engagement in Afghanistan verstärkt. Das zeigt der Jahresbericht zur schweizerischen Migrationsaussenpolitik 2021, den der Bundesrat am Mittwoch gutgeheissen hat. 2021 fanden zudem 20 Prozent mehr Rückführungen von ‹abgewiesenen› Asylsuchenden statt als im Jahr davor. Zudem konnte die Schweiz die bilaterale Migrationszusammenarbeit ausbauen, etwa mit einem Abkommen mit Gambia.

Informationssicherheitsgesetz

Der Bundesrat hat am Mittwoch einen Artikel des Ende 2020 vom Parlament beschlossenen Informationssicherheitsgesetzes (ISG) auf den 1. Mai 2022 vorzeitig in Kraft gesetzt. Hintergrund ist, dass der Bundesrat mit Polen und mit Kanada geplante Sicherheitsvereinbarungen abschliessen will. Diese Vereinbarungen ermöglichten eine engere Zusammenarbeit im Sicherheitsbereich und öffneten Schweizer Unternehmen den Zugang zu klassifizierten Beschaffungen beider Länder, schrieb er. Über den Abschluss der Sicherheitsvereinbarungen selbst will der Bundesrat später entscheiden. Das ganze Informationssicherheitsgesetz soll im ersten Halbjahr 2023 in Kraft treten; das Ausführungsrecht dazu will der Bundesrat im laufenden Jahr in die Vernehmlassung geben.

Verkehrsinfrastruktur

Die Erweiterung zweier Tramlinien im Grossraum Zürich kommt ein Stück näher. Der Bundesrat hat die entsprechenden Infrastrukturkonzessionen erweitert. Konkret geht es um die rund drei Kilometer lange, doppelspurige Verlängerung der Glattalbahn von Zürich-Flughafen bis Kloten sowie um die knapp vier Kilometer lange Tramstrecke in der Stadt Zürich von der Haltestelle Radiostudio nach Holzerhurd. Letztere dürfte insgesamt rund 280 Millionen Franken kosten, wie die Zürcher Behörden mitteilten. Für die Erweiterung der Glattalbahn rechnet der Kanton mit Ausgaben von insgesamt rund 440 Millionen Franken, inklusive Veloverbindung und Hochwasserschutz.

Nationale Plattform gegen Armut

Die 2019 geschaffene Nationale Plattform gegen Armut hat in der ersten Hälfte ihrer Laufzeit ihre geplanten Vorhaben umsetzen können. Der Bundesrat hat dazu den vom Ständerat bestellten Bericht verabschiedet. Die Plattform gegen Armut dient dazu, die Zusammenarbeit unter den Akteuren der Armutsprävention und -bekämpfung zu verbessern, die Fachdiskussion zu intensivieren und das Wissen der Akteure zu erweitern. Bis Ende 2021 veröffentlichte sie vier wissenschaftliche Berichte und einen Praxisleitfaden. Auch eine nationale Fachtagung führte sie durch. Die Nationale Plattform gegen Armut ist bis 2024 befristet und wird von Bund, Kantonen, Städten, Gemeinden sowie Organisationen der Zivilgesellschaft getragen.