Präsident des NationalratsSVP-Mann Andreas Aebi ist jetzt der höchste Schweizer
SDA/gbi
30.11.2020 - 15:02
Der Berner SVP-Nationalrat Andreas Aebi ist neuer Präsident des Nationalrates. Er wurde am Montag mit einem sehr guten Resultat gewählt und betonte, er wolle den Zusammenhalt im Land stärken.
Die Wahl gelang Andreas Aebi mit 178 von 183 gültigen Stimmen. Im Vergleich zum langjährigen Mittel ist dies ein überdurchschnittlicher Wert. Im Schnitt holen neue Nationalratspräsidenten und -präsidentinnen jeweils rund 150 Stimmen.
Aebis Vorgängerin Isabelle Moret (FDP/VD) war vor einem Jahr mit einem Rekordresultat gewählt worden, nämlich mit 193 von 198 gültigen Stimmen. An der Wahl vom heutigen Montag nahmen allerdings auch nur 190 Nationalratsmitglieder teil.
Der Ratspräsident leitet die Verhandlungen des Rats, legt im Rahmen der Sessionsplanung des Büros die Tagesordnung fest, leitet das Ratsbüro und vertritt den Rat nach aussen. Er ist damit höchster Schweizer.
In der Regel äussern sich Ratspräsidenten und -präsidentinnen nicht zur Sache und stimmen nur dann mit, wenn die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder jedes Rates erforderlich ist. Bei Stimmengleichheit fällt er oder sie den Stichentscheid.
Zuversicht in der Krise
Er hoffe sehr, dass das Parlament in den nächsten Tagen faire, griffige und schnelle Lösungen für Unternehmen finde, die unverschuldet in die Coronakrise geraten seien, sagte Aebi nach seiner Wahl im Nationalrat. Zusammenhalt bedeute auch, den Bedürfnissen der Regionen Rechnung zu tragen, sagte er auf Italienisch und ans Tessin gewandt.
Es sei die Zeit des Verzichts und der Solidarität und nicht die Zeit des Vergnügens und der Zerstreuung, mahnte Aebi. Er gedachte jener, die in der Pandemie geliebte Mitmenschen verloren haben, und der Menschen, die Angst um ihre Arbeitsstelle haben. «Wir hoffen sehr, dass sie Zuversicht und Lichtblicke erleben.»
Bei allen Herausforderungen, die es zu meistern gelte, solle aber die Freude nicht abhandenkommen. Gemeinsames Lachen und gemeinsames Trauern sollten ihren Platz haben. Ein besonderes Anliegen sei ihm das Begegnen der Menschen von Stadt und Land, sagte Aebi und kündigte ein Projekt dazu für Schülerinnen und Schüler an.
Sein Mandat wolle er effizient und unparteiisch ausüben, mit Blick aufs Ganze, versicherte Aebi und würdigte seine Vorgängerin Isabelle Moret (FDP/VD) als «hervorragende Lehrmeisterin». Die Coronavirus-Pandemie habe gelehrt, in der Parlamentsführung situativ zu reagieren, umzudisponieren und neue Wege zu gehen.
Mit anhaltendem und herzlichen Applaus verabschiedete der Nationalrat die zurücktretende höchste Schweizerin Moret. Ständeratspräsident Hans Stöckli (SP/BE) und sie selbst hinterliessen ihren Nachfolgern ein Parlament, das für solche Krisen gewappnet sei, sagte Moret über ihr von der Pandemie geprägtes Amtsjahr.
Gutschein statt Apéro
Corona-bedingt musste Aebi seinen Einstand anders gestalten als geplant. Anstelle des traditionellen Apéros im Parlamentsgebäude liess er Gutscheine für ein Glas Präsidialwein und einen Käseteller verteilen – einzulösen während der Wintersession.
Absagen musste Aebi auch den Auftritt der 60 Buben und Mädchen der Alchenstorfer Dorfschule, die zusammen mit Florian Ast hätten singen wollen. Die Kinder hätten nun hundert selbstgebaute Vogelrestaurants ins Bundeshaus schicken lassen, sagte Aebi. Mit dem Erlös wollten die Kinder ihr Schulhaus insekten- und vogelfreundlich gestalten.
Landwirt und Aussenpolitiker
Seine politische Karriere begann Andreas Aebi auf kommunaler Ebene. Von 1998 bis 2008 war er Gemeindepräsident von Alchenstorf. Ohne je Kantonsparlamentarier gewesen zu sein, gelang ihm 2007 der Sprung in den Nationalrat. Dreimal wurde er seither wiedergewählt – stets mit einem kantonalen Spitzenresultat.
Der Major in der Armee bezeichnet sich als Landwirtschafts- und Aussenpolitiker. Seit Jahren ist Aebi Mitglied der Aussenpolitischen Kommission, die er in den Jahren 2012 und 2013 präsidierte.