Der höchste Schweizer Zwischen Landwirtschaft und Aussenpolitik: So tickt Andreas Aebi

SDA/tsha

26.11.2020 - 10:50

Er ist der Neue: Andreas Aebi wird am Montag voraussichtlich zum Präsidenten des Nationalrats bestimmt.
Er ist der Neue: Andreas Aebi wird am Montag voraussichtlich zum Präsidenten des Nationalrats bestimmt.
Bild: Keystone

Der Berner SVP-Politiker Andreas Aebi hat vielfältige Interessen. Am kommenden Montag soll er neuer Präsident des Nationalrats und somit höchster Schweizer werden.

Wenn der Nationalrat am kommenden Montag den Berner SVP-Nationalrat Andreas Aebi zum neuen Präsidenten bestimmt, wählt er ein Multitalent. Denn Aebi ist ausser Politiker auch Bauer, Auktionator und Inhaber eines Reisebüros.

Die Führung des familiären Bauernhofs in Alchenstorf am Rand des Emmentals hat Aebi Anfang dieses Jahres an den Sohn weitergegeben. Doch hilft der eben 62-jährig gewordene Aebi wenn möglich noch täglich auf dem Betrieb aus, wie er in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagt.



Als Auktionator versteigert Aebi seit 23 Jahren in der Schweiz und auch im Ausland beispielsweise Nutztiere oder das Inventar von aufgelösten Bauernhöfen. Aebis Reisebüro hat keine Angestellten und keine Verkaufslokalität: Es ist ein Familienunternehmen, das einige wenige Erlebnisreisen pro Jahr anbietet.

Landwirtschafts- und Aussenpolitiker

Seine politische Karriere begann Andreas Aebi auf kommunaler Ebene. Von 1998 bis 2008 war er Alchenstorfer Gemeindepräsident. Ohne je Kantonsparlamentarier gewesen zu sein, gelang ihm 2007 der Sprung in den Nationalrat. Dreimal wurde er seither wiedergewählt – stets mit einem kantonalen Spitzenresultat.

Der Major in der Armee bezeichnet sich als Landwirtschafts- und Aussenpolitiker. Seit Jahren ist Aebi Mitglied der Aussenpolitischen Kommission, die er in den Jahren 2012 und 2013 präsidierte. Das kommt nicht von ungefähr: Schon früh zog es den jungen Aebi hinaus in die Welt.



Eines seiner zwei landwirtschaftlichen Lehrjahre absolvierte er in Cuarnens VD. 1977 machte er ein Auslandspraktikum in Kanada. Vor der Meisterprüfung im Jahr 1984 folgten Aufenthalte in Australien, Neuseeland und den USA. Als Reiseführer hat er seither zahlreiche weitere Weltgegenden gesehen.

Begeisterter Ornithologe

Andreas Aebi ist auch begeisterter Ornithologe und Initiant des Vereins «Vogeldorf Alchenstorf». Ziel des Vereins ist, dass Landwirte und die Bevölkerung ausgewählte Vogelarten fördern und so die Biodiversität stärken. Auf Aebis Hof brüten Mehl- und Rauchschwalben, Falken und Schleiereulen. Wer Aebis persönliche Internetseite besucht, landet umgehend bei Nestkameras.

Auf Biobetrieb umsatteln wollte Aebi aber nie: Es dürfe nicht sein, dass Bauern immer mehr zu Dienstleistern und Landschaftsschützern würden statt Lebensmittelproduzenten, sagte er in einer Rede.



Im Gespräch mit Keystone-SDA sagt Aebi, ein Biohof sei nicht unbedingt ökologischer als ein Hof mit Integrierter Produktion (IP). Zudem verfüge der Familienbetrieb über einen guten Absatzkanal für die Milch, sodass es keinen Grund gebe, auf Bio umzustellen. Ein wichtiges Amt übte Aebi in den Jahren 2004 bis 2013 aus: Er war Präsident von «Swissherdbook», also dem Schweizerischen Fleckviehzuchtverband.

Aebi, der Beinahe-Bauernchef

Im Jahr 2008 schlug die SVP des Kantons Bern Aebi sowie den Berner Oberländer Adrian Amstutz für die Nachfolge von Bundesrat Samuel Schmid vor. Gewählt wurde im Dezember 2008 Ueli Maurer.



Im Jahr 2012 scheiterte Aebi knapp beim Versuch, das Präsidium des Schweizerischen Bauernverbands (SBV) zu ergattern. Die Entscheidung an der Delegiertenversammlung fiel erst im vierten Wahlgang zugunsten von CVP-Nationalrat Markus Ritter aus dem Kanton St. Gallen.

Gegen zwei Kollegen durchgesetzt

Im Fokus der Öffentlichkeit stand Aebi im darauffolgenden Jahr dennoch: als OK-Präsident des Eidgenössischen Schwingfests von 2013 in Burgdorf. Es sei ein exzellentes und sympathisches Fest gewesen, hiess es am Ende.

Das Glück, das Aebi bei der SBV-Versammlung fehlte, beschert ihm nun das Nationalratspräsidium: Im September 2018 bestimmte die SVP-Fraktion nämlich den Bündner Nationalrat Heinz Brand zum Kandidaten fürs zweite Vizepräsidium der grossen Kammer. Brand setzte sich damals fraktionsintern gegen Aebi und zwei weitere Nationalräte durch. Der Bündner wurde aber bei den nationalen Wahlen von 2019 nicht wiedergewählt und Aebi konnte sich kurz danach in einer fraktionsinternen Kampfwahl gegen zwei Kollegen durchsetzen.

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