CS-Debatte im Parlament «Die Bevölkerung kann nicht jedes Mal eine Bank retten»

aru/gbi/SDA

12.4.2023

«Es kann nicht sein, dass wir die Kredite bedingungslos sprechen»

«Es kann nicht sein, dass wir die Kredite bedingungslos sprechen»

blue News fragt nach: Roger Nordmann (SP/VD), Marco Chiesa (SVP/TI) und Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH) erklären, was sie sich von der CS-Sondersession versprechen.

11.04.2023

Bis tief in die Nacht diskutierte das Parlament über die Rettungsaktion der Credit Suisse – und heute geht es weiter. Ist das mehr als nur Symbolpolitik? blue News klopft die Erwartungen im Bundeshaus ab.

aru/gbi/SDA

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Mittwoch ist Tag zwei der ausserordentlichen Session zur Rettung der Credit Suisse.
  • Der Nationalrat sagte am späten Dienstagabend Nein zu den Nachtragskrediten. Der Ständerat hatte davor noch zugestimmt. Am Mittwoch werden die Räte versuchen, sich zu einigen.
  • Der Deal steht aber ohnehin: Die UBS übernimmt die CS für drei Milliarden Franken, der Bund steht für Verlustgarantien von 109 Milliarden Franken gerade.
  • Ist die Session also nur für die Galerie? Parlamentarier*innen verschiedener Parteien zeigen sich überzeugt, dass griffige Massnahmen möglich sind.

Erst ein Ja im Ständerat, danach ein Nein im Nationalrat. Vorläufig gibt es eine Pattsituation zu den Notkrediten zur CS-Rettung. Doch heute geht es im Bundeshaus weiter. Die beiden Räte versuchen, sich zu einigen.

Seit Dienstagmorgen debattiert das Parlament über die CS-Rettung. Zwar können die Räte über die Bundes-Sicherheiten von über 100 Milliarden Franken abstimmen, doch faktisch ändern können sie nichts daran: Die Finanzhilfe für die Grossbanken ist rechtlich bindend. 

Handelt es sich bei der CS-Sondersession also nur um einen Papiertiger? Ganz und gar nicht, findet Roger Nordmann, Chef der SP-Fraktion. «Denn wir wollen griffige Entscheide aufgleisen», sagt er im Gespräch mit blue News. Unter anderem sollen Boni auf der Stufe Geschäftsleitung von systemrelevanten Banken verboten werden.

Der Ständerat hat den Nachtragskrediten am Dienstag nach intensiven und langen Diskussionen zugestimmt – ohne dies an strenge Bedingungen zu knüpfen. Das bedauert SVP-Parteipräsident Marco Chiesa, der einen Tessiner Sitz im Ständerat innehat. Auch er fordert schärfere Massnahmen im «Too big to fail»-Gesetz. «Die Bevölkerung kann nicht jedes Mal eine Bank retten.»

Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber will die Gelegenheit, welche die ausserordentliche Session bietet, ebenso beim Schopf packen. «Wir müssen jetzt Leitplanken setzen», sagt sie zu blue News.

Die Debatte im Nationalrat zog sich am Dienstag bis nach Mitternacht hin. Am Ende sagte die grosse Kammer Nein zu den Verpflichtungskrediten über insgesamt 109 Milliarden Franken. Der Entscheid fiel mit 102 zu 71 Stimmen und mit zwei Enthaltungen. 

Nun ist wieder der Ständerat am Ball

Die Neinstimmen stammten von SVP, SP und Grünen, die schon vorab Bedingungen gestellt hatten für ein Ja zu den Nachtragskrediten und sich damit zum Teil durchgesetzt hatten. Mitte-Fraktion, FDP und GLP hingegen wollten dem Bundesrat folgen.

Abgelehnt hat der Nationalrat auch die Rahmenbedingungen für die Verwendung der Verpflichtungskredite.

Der Ständerat wird sich am Mittwochmorgen erneut über die beiden Kredite beugen.

Kritik auf allen Kanälen

Die Fraktionssprecher im Nationalrat sparten in der Debatte nicht mit Kritik am Bundesrat, der Aufsichtsbehörde und am CS-Management.

«Wir müssen feststellen, dass unser Land ausser Stande ist, seinen Finanzplatz zu schützen und zu verteidigen», sagte SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter. Es sei nun endlich dafür zu sorgen, dass es keine Bank mehr gebe, deren Konkurs der Staat verhindern müsse. Zur Verantwortung gezogen werden müsse auch das Management der CS.

«2008 war eine Tragödie, 2023 ist eine Farce», sagte SP-Co-Parteichef Cédric Wermuth. Dass die Politik nichts aus den Fehlern in der Finanzkrise gelernt habe, sei fahrlässig. Dass Finanzministerin Karin Keller-Sutter dem Management der CS an der historischen Medienkonferenz vom 19. März auch noch ihren Dank ausgesprochen habe, sei schlicht irrsinnig.

Die «Too big to fail»-Regeln seien gescheitert, bilanzierte Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy. Es brauche künftig neue Regeln für mehr Eigenkapital, ein Boni-Verbot bei Verlusten und griffigere Instrumente für die Aufsicht. Zudem müsse das CS-Topmanagement zur Verantwortung gezogen werden.

«Die bürgerliche Laisser-faire-Politik hat versagt», hielt Franziska Ryser im Namen der Grünen-Fraktion fest. Die «Kultur der kollektiven Verantwortungslosigkeit» müsse ein Ende finden. Heute sei es wie im Casino: «Am Ende gewinnt immer die Bank.»

GLP-Parteichef Jürg Grossen befand, in den Augen seiner Fraktion sei das Debakel auf mehrfaches Versagen zurückzuführen. «Verantwortlich ist insbesondere die CS-Spitze.» Die fehlbaren Manager sollten ihre Boni zurückzahlen.

Die FDP nahm ihre Finanzministerin und den Bundesrat noch am ehesten in Schutz. «Wenn die CS nicht gerettet worden wäre, hätte dies einen Tsunami auf den Finanzmärkten ausgelöst», sagte FDP-Fraktionschef Damien Cottier. Die Regierung habe gut gehandelt, zur Anwendung von Notrecht habe es keine Alternative gegeben.

Doch auch für die FDP müssen die «Too big to fail»-Regeln überdacht werden. FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger plädierte für eine «saubere Auslegeordnung» und warnte vor Schnellschüssen. Klar sei aber, dass das CS-Management zur Verantwortung gezogen werden müsse.

Ein Nein hätte nur symbolischen Charakter

Trotz der markigen Worte: Unmittelbare Folgen hätte auch ein endgültiges Nein des Parlaments zu den Nachtragskrediten nicht, da der Bund nach dem Ja der Finanzdelegation die Verpflichtungen bereits eingegangen ist.

Ein Nein hätte aber symbolischen Charakter und würde «eine Rüge an Bundesrat und Finanzdelegation» bedeuten, sagte Ständerätin Johanna Gapany (FDP), Präsidentin der Finanzkommission der kleinen Kammer.