Personalengpass SBB reduzieren Kontrollen im Fernverkehr

uri

5.2.2020

Im Fernverkehr der SBB sind in diesem Jahr weniger Kundenbetreuer unterwegs.
Im Fernverkehr der SBB sind in diesem Jahr weniger Kundenbetreuer unterwegs.

Personalmangel bei den SBB – dieses Jahr werden sie deshalb weniger Kontrolleure einsetzen. Das heisst? Mehr Schwarzfahrer und weniger Sicherheit für die Passagiere, befürchten Kritiker.

In Interregio- oder Intercity-Zügen der SBB werden Passagiere in diesem Jahr seltener auf Kundenbetreuer treffen, berichtet «20 Minuten». In einer Mitteilung der SBB-Konzernleitung an das Personal sei mitgeteilt worden, dass man die «Leistungen im operativen Tagesgeschäft» reduziere. Daraus würden auch «tiefere Kundenpräsenz und weniger Fahrausweiskontrollen» resultieren.

SBB-Sprecher Martin Meier erklärte gegenüber «20 Minuten», derzeit würden tatsächlich schweizweit rund 60 Kundenbegleiter fehlen. Im «Verlauf des Jahres sollte sich der Personalbestand» jedoch «wieder im geplanten und benötigten Rahmen bewegen», wie er sagte. Um eine Verbesserung der Situation zu erreichen, habe man bereits etliche Massnahmen ergriffen, allerdings würden diese nicht von heute auf morgen Wirkung zeigen.



Höhere Schwarzfahrerquote befürchtet

Für Jürg Hurni von der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV ist das Problem indes bereits älter und zudem selbst gemacht. «Die SBB hat es versäumt, genügend Personal einzustellen», zitiert «20 Minuten» den Gewerkschafter. Hurni befürchtet wegen dem Personalengpass nicht zuletzt auch härtere Arbeitsbedingungen für die Kundenbegleiter.

Der Zustand werde noch wenigstens ein Jahr lang anhalten, mutmasst er. Und das wiederum habe zur Folge, «dass Kundenbegleiter aufgefordert werden, an freien Tagen zu arbeiten.» Zudem müssten sie öfter allein in Zügen Dienst schieben. Damit einhergehend  befürchtet Hurnieine höhere Schwarzfahrerquote.



Ähnlich sieht das auch Karin Blättler, die Präsidentin von Pro Bahn. Sie meint, man müsse dann nicht nur mit «negativen Auswirkungen auf die Schwarzfahrerquote rechnen», sondern auch mit Einbussen bei der Sicherheit der Kunden, die weniger Ansprechpartner hätten.

Keine grösseren Probleme erkennen hingegen die SBB. Ihr Sprecher Meier erklärte «20 Minuten», dass es nach wie vor Billettkontrollen gebe. Lediglich auf schwach frequentierten Strecken seien die Kundenbegleiter nun jedoch allein unterwegs.

Pro Bahn wirbt für Verständnis mit den SBB

Vor allem zwei Gründe sind laut «20 Minuten» für den geringen Personalbestand in den Fernverkehrszügen verantwortlich. Einerseits hätten die SBB 2018 einerseits entschieden, in Fernverkehrszügen nicht mehr grundsätzlich zwei Kundenbegleiter einzusetzen. Kompensieren sollten das im Gegenzug grössere Teams von Kontrolleuren, die bestimmte Abschnitte schwerpunktmässig kontrollieren. Eine Massnahme, die laut Gewerkschafter Hurni so nie kam.

Andererseits seien die Teams aus dem Regional- und dem Fernverkehr miteinander verschmolzen worden, um Personal einzusparen. Weil die SBB aufgrund von Verträgen mit Kantonen und Verkehrsverbünden hier jedoch nicht einfach weniger Kontrollen durchführen könne, fall das Personal nun eben im Fernverkehr weg.



Für Karin Blättler von Pro Bahn ist klar, dass die SBB Probleme mit ihren Personalressourcen hat. Sie gibt allerdings auch zu bedenken, dass man die Versäumnisse der letzten Jahre nicht schnell lösen könne. Blättler warb gegenüber «20 Minuten» für Verständnis. Die SBB-Verantwortlichen müssten die Chance bekommen, die Probleme nun systematisch zu beheben. «Bis dahin werden wir mit der aktuellen Situation leben müssen», meinte sie.

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