Wetter-GlückDie Schweiz schrammt knapp am Hochwasser vorbei
Von Stefan Michel
18.5.2023
Die Böden in der Zentral- und Ostschweiz sind mit Wasser gesättigt. Gerade noch rechtzeitig hört der Regen auf. Auch der schneearme Winter entpuppt sich als Glücksfall. Viel hätte zum Hochwasser nicht gefehlt.
Von Stefan Michel
18.05.2023, 13:19
18.05.2023, 13:55
Stefan Michel
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Die Pegel der Gewässer in der Zentral- und Ostschweiz stehen hoch, die Böden sind mit Wasser gesättigt.
Die Niederschläge enden in diesem Gebiet gerade noch zur rechten Zeit: Weitere Starkniederschläge hätten zu Hochwasser geführt.
Auch der schneearme Winter trägt dazu bei, dass es trotz der ergiebigen Niederschläge seit März nicht zu Hochwasser kommt.
Es regnet fast täglich. Seit Wochen. Der schneearme Winter scheint weit weg. Denn jetzt steigen die Pegel der Schweizer Gewässer. Lokal sind erste Hochwasser-Warnungen erfolgt, passiert ist bislang nichts.
Das Bundesamt für Umwelt Bafu bestätigt auf Anfrage von blue News: «Aktuell sind die Wasserstände der Flüsse und Seen vor allem in der Zentral- und Ostschweiz erhöht. Für diese Regionen wird für die nächsten Tage nur sehr wenig Niederschlag vorhergesagt. So können die Pegel der Flüsse und Seen sinken.»
Doch auch die Hydrologie-Expert*innen des Bundes bestätigen, dass der Boden mit Wasser gesättigt sei. Die allerdings bald wieder aufgehobene Hochwasser-Warnung für die Sitter und die teilweise über die Ufer tretende Thur bezeugen dies.
In der Zentral- und Ostschweiz fehlt nicht mehr viel
Tatsächlich würden laut Bafu intensive Niederschläge in der Zentral- und Ostschweiz rascher zu einer kritischen Hochwassersituation führen. «Bei günstiger Witterung kann sich die Situation aber auch rasch wieder entspannen. Im Frühling braucht die Vegetation viel Wasser und so können die Böden rasch abtrocknen. Im Herbst oder Winter ist dies nicht der Fall.»
Im Tessin sind die Wassserstände immer noch unter dem langjährigen Schnitt. «Dort würde etwas mehr Niederschlag gar nicht schaden», so das Bafu weiter. Und auch dort kündigt sich genau das Wetter an, das es braucht.
Ein weiterer Umstand hilft der Schweiz: Die geringe Schneemenge im Winter lässt nun weniger Schmelzwasser die Gewässer auffüllen. Auch diese hätten das Fass zum Überlaufen bringen können.
Schneearmer Winter als Glücksfall
Dies war 2013 der Fall, wie ein Bericht des Bafu zeigt. Damals brachte der Frühling ungefähr gleich viel Niederschläge wie jener im Jahr 2023. Doch weil im Winter 50 bis 80 Prozent mehr Niederschlag gefallen war, gab es in verschiedenen Gewässern Hochwasser.
Daran ändert auch der Schneefall oberhalb von 2000 Meter in den letzten Wochen nichts. Zwar sind allein in den letzten sieben Tagen in den höheren Lagen der Alpen bis zu 80 Zentimeter Schnee gefallen. Doch das Bafu gibt auch hier Entwarnung.
Zwar hätten die Schneemengen in grosser Höhe zugenommen, in mittleren Lagen habe sich die Schneeschmelze aber fortgesetzt. Die Schneemengen in den Alpen seien immer noch unterdurchschnittlich. «In dieser Hinsicht haben wir keine spezielle Situation und keine erhöhte Disposition für Hochwasser.»
Die Schweiz hat also gleich dreifach Glück: Der Regen hört dort auf, wo die Pegel am höchsten stehen: in der Zentral- und Ostschweiz. Nass ist es in den nächsten Tagen da, wo der Boden mehr Regen brauchen kann: im Tessin. Und die magere Schneedecke im Winter ist aus heutiger Sicht ein Glücksfall. Einen Winter wie vor zwei Jahren gefolgt vom Frühling 2023 hätte wohl zu Hochwasser geführt.
Und zuletzt sei darauf hingewiesen, dass die ganze Schweiz Niederschläge nach dem trockenen Winter bitter nötig hatte.