Verschärfung beschlossen Diese Folgen haben die neuen EU-Asylregeln für die Schweiz

tafi/SDA

10.4.2024 - 18:47

Deutlich härtere Regeln? EU-Parlament stimmt über Asylreform ab

Deutlich härtere Regeln? EU-Parlament stimmt über Asylreform ab

Brüssel, 10.04.2024: Jahrelang wurde um das europäische Asylrecht gestritten – nun will das EU-Parlament über eine Reform abstimmen. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Demnach sollen Staaten an den EU-Aussengrenzen zu einheitlichen Grenzverfahren verpflichtet werden. Ankommende Menschen aus als sicher geltenden Ländern sollen künftig nach dem Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen können. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft werden, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er umgehend zurückgeschickt werden. Personen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie Menschen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssten künftig verpflichtend in ein solches Verfahren. Auch die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird den Plänen zufolge mit einem «Solidaritätsmechanismus» neu geregelt: Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen. Mit einer Zustimmung zur Reform am Mittwoch würden die Abgeordneten einen bereits von Unterhändlern des Parlaments und der EU-Staaten ausgehandelten Kompromiss bestätigen.

10.04.2024

Das EU-Parlament hat nach acht Jahren Streit für eine umstrittene Asylreform gestimmt. Die Migration in die Europäische Union soll deutlich erschwert werden: Das hat auch Folgen für die Schweiz.

tafi/SDA

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das EU-Parlament gibt grünes Licht für Asylreform.
  • Für Migranten und Migrantinnen gelten härtere Regeln.
  • Auch die Schweiz muss einige der neuen Vorgaben erfüllen.

Das Parlament der Europäischen Union hat am Mittwoch in Brüssel einer Reform im Bereich Asyl und Migration zugestimmt. Der Rat der Europäischen Union muss der Reform noch formal zustimmen. Aufgrund ihrer Teilnahme an den Abkommen von Schengen und Dublin sind die Entscheide des Parlaments auch für die Schweiz von Bedeutung.

Mit der Reform sollen Asylverfahren an den Aussengrenzen des Schengenraumes durchgeführt werden. Geplant ist insbesondere ein deutlich härterer Umgang mit Menschen aus Ländern, die als relativ sicher gelten. Bis zur Entscheidung über den Asylantrag sollen die Menschen bis zu zwölf Wochen unter haftähnlichen Bedingungen in Auffanglagern untergebracht werden können.

Geflüchtete können mit Fingerabdrücken registriert werden

Menschen, die aus einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sowie solche, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, müssen künftig verpflichtend in ein solches Grenzverfahren. Ankommende Menschen können dem Vorhaben nach mit Fingerabdrücken und Fotos registriert werden, auch um zu überprüfen, ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit sind.

Um insbesondere Länder an den Südgrenzen zu entlasten, ist auch ein sogenannter Solidaritätsmechanismus vorgesehen. Dieser sieht vor, dass Migrantinnen und Migranten den Mitgliedsstaaten zugewiesen werden könnten. Staaten die dies nicht wünschen, könnten sich im Gegenzug finanziell oder anderweitig im Bereich Asyl und Migration beteiligen.

Folgen für die Schweiz

Für die Schweiz seien diejenigen Punkte rechtlich bindend, die als Weiterentwicklung des Schengen- und Dublin-Besitzstandes gelten, sagte Samuel Wyss, Sprecher beim Staatssekretariat für Migration (SEM), der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage. So müsste die Schweiz unter anderem Regeln im Bereich des Datenabgleichs und zur Feststellung und Überprüfung der Identität übernehmen.

Nicht übernehmen müsste die Schweiz den Solidaritätsmechanismus. Sie könnte sich allenfalls auf freiwilliger Basis sich an solidarischen Massnahmen beteiligen. Und die Regeln zur Harmonisierung der materiellen Asylvorschriften und der Verfahren zur Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz seien nicht verbindlich, sagte Wyss.

Mit dem Ja des EU-Parlaments ist die Reform noch nicht im Trockenen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden noch die Mitgliedsstaaten, vertreten im Rat der EU, der Revision zustimmen müssen. Dies gilt als reine Formsache. Danach hat die Schweiz zwei Jahre Zeit, um die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe kritisierte die Reform als «massive Verschärfung in der europäischen Asylpolitik». Der Zugang zu fairen Asylverfahren werde damit stark eingeschränkt und geflüchtete Menschen würden weitgehend entrechtet. Abgesehen davon werde der EU-Pakt die bestehenden Probleme des Dublin-System nicht lösen.

Ein Holzboot, mit dem Flüchtlinge über den Atlantischen Ozean gefahren sind, liegt an der Küste der Kanarischen Inseln: Das EU-Parlament hat eine umstrittene Asylreform verabschiedet.
Ein Holzboot, mit dem Flüchtlinge über den Atlantischen Ozean gefahren sind, liegt an der Küste der Kanarischen Inseln: Das EU-Parlament hat eine umstrittene Asylreform verabschiedet.
Javier Bauluz/AP/dpa