Kürzung der Witwenrenten «Dieses Geld soll vielmehr den Menschen zugutekommen»

Von Alex Rudolf

1.7.2023

Die Witwenrenten kosteten 2022 total rund 1,75 Milliarden Franken, während die Witwerrenten nur 28 Millionen Franken kosteten.
Die Witwenrenten kosteten 2022 total rund 1,75 Milliarden Franken, während die Witwerrenten nur 28 Millionen Franken kosteten.
Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/dpa

Der Bundesrat will die Witwen- und Witwerrenten vereinheitlichen und dabei gleich viel Geld einsparen. Die Kritik daran: Nach der Rentenalter-Erhöhung sollen schon wieder Frauen die Finanzprobleme lösen.

Von Alex Rudolf

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  • Der Bund muss Geld sparen und eine der Massnahmen ist die Einsparung bei den Renten für Witwen und Witwern.
  • Ab 2035 sollen bis zu 160 Millionen Franken beim Bund und 800 Millionen Franken bei der AHV eingespart werden.
  • Doch die Linken und die Gewerkschaften laufen Sturm und kritisieren das Vorhaben bereits heute.

1. Worum geht es eigentlich?

Der Bund muss den Gürtel enger schnallen. Daher stellte Bundesrätin Karin Keller-Sutter diese Woche Massnahmen vor, mit denen in den kommenden Jahren Geld eingespart werden soll.

Neben einem langsameren Wachstum des Armee-Budgets und linearen Kürzungen bei einem Drittel der Ausgaben kam noch ein weiterer Vorschlag ins Spiel: eine drastische Senkung der Witwenrenten in der AHV.

Neu sollen Witwen- und Witwerrenten nur noch an Betroffene ausbezahlt werden, die Kinder unter 25 Jahren oder behinderte Kinder haben. Künftig sollen Betroffene ohne Kinder anstelle einer lebenslangen Witwen- oder Witwerrente eine Hinterlassenenrente für zwei Jahre erhalten.

Neben dem Spardruck ist diese Massnahme auch durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte beeinflusst. Dieser stellte 2022 eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen fest.

2. Was bringt dies genau?

Bislang existieren nur grobe Schätzungen hinsichtlich des Sparpotenzials. Tritt die Reform 2026 in Kraft, würden fünf Jahre später rund 100 Millionen Franken eingespart werden können beim Bund. 2035 wären es rund 160 Millionen Franken vonseiten des Bundes und rund 800 Millionen Franken bei den AHV-Ausgaben.

3. Wie viele Witwerinnen und Witwer sind betroffen?

2022 waren knapp 180'000 Witwen und 2000 Witwer betroffen. Beinahe drei Viertel aller Empfänger*innen wohnten im Ausland. Der Bund sagt gemäss «NZZ» dazu: Bei Ausländern sei die Witwenrente öfter höher als die ordentliche Altersrente, weshalb die Witwenrente auch nach Erreichen des Pensionierungsalters weiterlaufe.

In absoluten Zahlen kosteten die Witwenrenten 2022 total rund 1,75 Milliarden Franken, während die Witwerrenten lediglich 28 Millionen Franken kosteten.

4. Was sagen die Parteien?

Die meisten Parteien haben noch kein Statement zu den Plänen des Bundesrates abgegeben. Lediglich die SP wehre sich gegen den bürgerlichen Sozialabbau, wie sie in einer Mitteilung schreibt. «Es gibt keinen Grund, bei der Anpassung der Witwen-/Witwerrente 800 Millionen Franken aus der AHV zu nehmen. Dieses Geld soll vielmehr den Menschen zugutekommen», sagt etwa Barbara Gysi (SP/SG).

5. Was sagen die Sozialpartner?

Auch der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) ist keineswegs erfreut über die Pläne der Regierung. «Frauen sind nach dem Tod ihres Ehepartners bereits heute häufiger in einer schwierigen finanziellen Lage als Männer», schreibt Sekretariatsleiterin Gabriela Medici in einer Mitteilung. «Noch bevor die Erhöhung des Rentenalters der Frauen in Kraft tritt, schreitet der Bundesrat munter mit einem weiteren Abbau der Frauenrenten voran.», heisst es weiter.

6. Wie geht es weiter?

Im kommenden Herbst will der Bundesrat die Gesetzesänderung in die Vernehmlassung schicken. Im Parlament und bei den Betroffenen dürfte die Gesetzesänderung noch für viel Gesprächsstoff sorgen.