«Gegen die brutale Gewaltoffensive der Taliban» haben in Bern Afghanen und ihre Unterstützer demonstriert. Unterdessen fordern Politiker, mehr Flüchtlinge aufzunehmen.
tsha/sda/toko
16.08.2021, 19:12
16.08.2021, 20:11
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Schätzungsweise 400 Menschen haben am späteren Montagnachmittag vor dem Bundeshaus in Bern an einer Kundgebung gegen die Taliban teilgenommen. Sie riefen «Nieder mit den Taliban» und «Wir wollen keine Scharia».
Auf Transparenten forderten Kundgebungsteilnehmerinnen und -teilnehmer Unterstützung für die Bewohner des Landes. Um Hilfe bat auch ein Redner, der sagte, Millionen von Afghanen seien gegen die neuen Machthaber im Land.
Zur Kundgebung aufgerufen hatte eine Gruppe von Exil-Afghanen namens «My life in Switzerland» und das in Bern verankerte Migrant Solidarity Network. Die Stadt Bern hatte die Demonstration als Spontankundgebung bewilligt.
Mortaza Shahed von «My life in Switzerland» sagte am Rand der Kundgebung auf zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA, am Wichtigsten wäre seiner Ansicht nach, dass die Schweiz die humanitäre Hilfe in Afghanistans Nachbarstaaten ausbauen würde. Im Land selber sei derzeit wegen der Taliban wenig auszurichten.
Auch brauche es nun langfristige Lösungen für in der Schweiz lebende Afghanen mit abgewiesenem Asylentscheid. Das forderte auch das Migrant Solidarity Network auf an der Kundgebung verteilten Zetteln. Shahed sagte weiter, niemand in Afghanistan traue den Taliban. Die nächsten Monate würden zeigen, wie sie sich verhielten.
«Die Lage im gefährlichsten Land der Welt spitzt sich laufend zu», hiess es in der Ankündigung der Demonstration vonseiten des «Migrant Solidarity Network». «Die US-Truppen sind abgezogen, und die Regierung verhält sich passiv, während die Taliban schon fast alle Gebiete Afghanistans erobert haben.» Die heutige Demonstration richte sich «gegen die brutale Gewaltoffensive der Taliban».
Unterdessen wurden aus der Schweizer Politik Stimmen laut, die eine Aufnahme von 10'000 Menschen aus Afghanistan fordern. Sämtliche Afghanen in der Schweiz benötigten einen Schutzstatus, so die SP. Zudem müssten die Familien dieser Menschen unbürokratisch einreisen dürfen und weitere an Leib und Leben gefährdete Personen gerettet werden. Auch die Grünen fordern den Familiennachzug und die Aufnahme von 10'000 Menschen aus Afghanistan.
Cassis zögert
Die die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) äusserte sich ähnlich. Die Schweiz solle beim UNHCR-Resettlement-Programm mehr für verletzliche afghanische Flüchtlinge in Pakistan und Irak tun. Bereits in der Schweiz lebende Flüchtlinge sollten ihre Angehörigen nachziehen dürfen.
An einer Medienkonferenz am Montagnachmittag sagte Aussenminister Ignazio Cassis auf die Frage, ob die Schweiz sich diesen Forderungen anschliessen solle, dass man die Situation genau beobachte. «Wir sind in der Lage, solche Entscheide wie die Aufnahme von Flüchtlingen rasch zu treffen», so Cassis. «Aber die Schweiz ist auch auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten angewiesen.»