SP-Ständerat Christian Levrat wird neuer Präsident der Post – er kennt den Staatsbetrieb als ehemaliger Gewerkschafter und Service-public-Politiker bestens. Seine neue Chefin Simonetta Sommaruga weist unterdessen Filz-Vorwürfe entschieden zurück..
Das SP-Urgestein Christian Levrat verlässt das Parlament. Denn der Bundesrat hat den 50-jährigen Freiburger Ständerat zum neuen Verwaltungsratspräsidenten der Schweizerischen Post.
Die Wahl des ehemaligen SP-Präsidenten Levrat ist eine Überraschung, hatte dieser in den vergangenen Monaten doch seine Ambitionen für einen Sitz in der Freiburger Regierung angemeldet. SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga nominierte ihn aber als Post-Verwaltungsratspräsidenten und der Bundesrat folgt nun diesem Vorschlag.
Ehemaliger Post-Gewerkschafter
Levrat ist seit Jahrzehnten mit der Post verbunden. Das habe denn auch den Ausschlag gegeben für seine Wahl, so Bundesrätin Simonetta Sommaruga: Er verfüge über eine sehr gute Branchenkenntnis, sei politisch bestens vernetzt und bringe Sensibilität für die Sozialpartnerschaft mit. Letzteres ist wichtig, weil die Post eine der grössten Arbeitgeberinnen ist in der Schweiz.
Zu Beginn seiner Karriere amtete er beispielsweise als Post-Gewerkschafter und kritisierte das bundesnahe Unternehmen regelmässig für Abbaupläne. Zusammen mit Sommaruga, die damals in der SP für das Thema Konsumentenschutz zuständig war, setzte sich Levrat 2004 für die «Poststellen-Initiative» ein. Auch als Ständerat befasste sich Levrat regelmässig mit der Post. Nun übernimmt er selber die strategischen Zügel des Bundesunternehmens.
Sein Gestaltungsspielraum in der neuen Funktion ist allerdings beschränkt. Denn die Regeln macht der Bundesrat, nicht der Verwaltungsrat der Post, wie UVEK-Chefin Sommaruga klarmacht. Und hier sind die strategischen Vorgaben klar: Der Bund will, dass der Finanzdienstleister Postfinance auf eigene Beine gestellt wird, und auch beim Abbau von Poststellen ist der Weg klar. Ähnliches klingt es auch von Levrat: Die Rahmenbedingungen lege die Politik fest, nicht er in seiner neuen Funktion.
Sommaruga weist Filz-Verdacht zurück
Aus eben jener Politik verabschiedet sich Christian Levrat nun: Von seinem Amt als Ständerat für den Kanton will der SP-Mann auf Ende der Herbstsession hin zurücktreten. Für seine Partei ist das ein harter Schlag. Denn sie verliert damit eines ihrer Zugpferde in der kleinen Kammer. Auch von seinen Gewerkschaftsämtern wird Levrat zurücktreten. Er wolle sich einzig und allein seiner neuen Aufgabe widmen, sagte er vor den Medien.
Bereits als die Personalie Levrat am Vormittag durchsickerte, wurden Filz-Vorwürfe gegen Sommaruga laut. Schliesslich ist Levrat ihr Parteikollege, zudem war er während mehrerer Jahre der Parteipräsident der Bundesrätin. Sommaruga stellte sich diesen Vorwürfen an der Medienkonferenz entschieden entgegen – und führt zum Beleg die Parteizugehörigkeit etlicher Personen auf, die sie auf Spitzenposten berufen hat in ihrem Zuständigkeitsbereich.
Post im Umbruch
Die definitive Wahl Levrats soll am 27. April erfolgen, wie der Bundesrat weiter mitteilte. Dann findet die Delegiertenversammlung der Post statt. Anfang Dezember soll er dann die Nachfolge von Urs Schwaller antreten, der auf diesen Zeitpunkt hin zurücktritt.
Levrat erwartet viel Arbeit. Die Post steht vor grossen Herausforderungen: Das geänderte Kundenverhalten und die fortschreitende Digitalisierung führen zu einem kontinuierlichen Rückgang der Briefmengen und der Zahlungsverkehrsgeschäfte am Schalter. Die Paketmengen wachsen zwar aufgrund von E-Commerce, die Margen sind hier jedoch tief, und die Konkurrenz nimmt zu. Diese Entwicklungen wurden durch die Corona-Pandemie noch verstärkt.
Die Erträge der Post nehmen unter diesen Voraussetzungen laufend ab. «Die eigenwirtschaftliche Finanzierung der Grundversorgung ist gefährdet», schreibt der Bundesrat. Die Post habe mit ihrer Strategie für die Jahre 2021–2024 erste Massnahmen eingeleitet und stehe vor einem grossen Transformationsprozess.
Levrat als Brückenbauer
Laut dem Bundesrat ist Levrat der richtige Mann zur Bewältigung dieser Aufgaben. Er sei mit seiner politischen Erfahrung als National- und Ständerat des Kantons Freiburg sowie seiner langjährigen Tätigkeit in der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) und als amtierender Präsident der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) ein profunder Kenner der bundesnahen Unternehmen. Levrat habe sich zudem stets für einen starken Service public eingesetzt.
Der Jurist und Politikwissenschaftler, der vor der Übernahme des SP-Präsidiums für die Flüchtlingshilfe sowie in leitenden Funktionen für Gewerkschaften tätig war, verfüge zudem über ausgewiesene Führungsqualitäten. Ausserdem sei er national und international sehr gut vernetzt und zeichne sich durch ein exzellentes Verständnis für die Schweiz mit ihren unterschiedlichen Sprachen und Kulturen aus, schreibt der Bundesrat.