Finanziell am Anschlag Für Familie Nobs ist der Prämien-Schub «eine riesige Belastung»

gbi

27.9.2023

Für Familie Nobs ist der Prämien-Schub «eine riesige Belastung»

Für Familie Nobs ist der Prämien-Schub «eine riesige Belastung»

Der starke Prämien-Schub verschärft die finanzielle Not vieler Mittelstands-Familien. Eine vierfache Mutter spricht bei «Schweiz aktuell» von einer «riesigen Belastung». Die Caritas kritisiert die Politik.

27.09.2023

Der starke Prämien-Schub verschärft die finanzielle Not vieler Mittelstands-Familien. Eine vierfache Mutter spricht bei «Schweiz aktuell» von einer «riesigen Belastung». Die Caritas kritisiert die Politik. 

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im kommenden Jahr schlagen die Krankenkassenprämien im Durchschnitt um 8,7 Prozent respektive 28.70 Franken monatlich auf.
  • Das gab Bundespräsident Alain Berset am Dienstag bekannt.
  • Für viele Menschen bedeutet das erhebliche finanzielle Probleme. So wie für Familie Nobs aus dem Kanton Bern, die in der SRF-Sendung «Schweiz aktuell» über ihre Situation erzhält.
  • Mirjam Nobs sagt, der Prämien-Schock bedeute für ihre Familie «noch mehr Einschränkungen, noch mehr Nebenjobs».
  • Auch die Caritas warnt: Die Prämienlast nehme für viele Menschen «ein erdrückendes Ausmass an».

«Wir würden sehr gerne einmal pro Jahr in die Ferien gehen, aber wir können uns das einfach nicht leisten. Das ist Luxus für uns.»

Das sagte Mirjam Nobs in der «Schweiz aktuell»-Sendung vom Dienstagabend bei SRF. Jenem Tag also, an dem Bundespräsident Alain Berset einen happigen Anstieg der Krankenkassenprämien für das Jahr 2024 verkündet hat.

Im landesweiten Durchschnitt schlagen die Prämien um 8,7 Prozent auf, der grösste Prämien-Schock seit 13 Jahren. In manchen Kantonen sind es über 10 Prozent. Das seien «schlechte Nachrichten für die bereits teuerungsgeplagten Haushalte», räumte Berset vor den Medien ein.

Mirjam Nobs kann das bezeugen. Ihre Familie mit vier Kindern bezahlt heute schon rund 1400 Franken pro Monat, mit Zusatzversicherungen. Und nächstes Jahr kommt noch einiges mehr dazu: In ihrem Wohnkanton Bern steigen die Prämien um 8,3 Prozent.

Zu viel Einkommen für Prämienverbilligungen

Familie Nobs kommt mit den Jobs der beiden Elternteile sowie Kinderzulagen auf ein Einkommen von rund 9000 Franken pro Monat. Zu viel, als dass sie von Prämienverbilligungen profitieren könnte. Die Fixkosten aber sind hoch.

Nicht nur die Prämien, auch der Strom wird teurer: Die Familie von Mirjam Nobs muss jeden Rappen zweimal umdrehen.
Nicht nur die Prämien, auch der Strom wird teurer: Die Familie von Mirjam Nobs muss jeden Rappen zweimal umdrehen.
Bild: Screenshot SRF

Die sechsköpfige Familie lebt zur Miete. Nebst den Prämien solle auch der Strom nächstes Jahr teurer werden, klagt Mirjam Nobs in dem Fernsehbeitrag. «Das heisst für uns: noch mehr Einschränkungen, noch härter arbeiten, noch mehr Nebenjobs, noch mehr schauen, dass irgendwie Geld hineinkommt.»

Der Prämien-Anstieg sei eine «riesige Belastung», die auch zu Spannungen in der Beziehung zu ihrem Partner führe. Weil die Familie eine Prämien-Rechnung nicht bezahlt hat, darf sie jetzt die Kasse nicht wechseln. Eine Klausel im Vertrag verunmögliche das.

Prämienlast «ein Dauerthema» bei Caritas-Beratungen

Familie Nobs ist kein Einzelfall: Haushalte mit tiefen und mittleren Einkommen müssten schon heute jeden Rappen zweimal umdrehen, hält die Caritas, die sich in der Schweiz um Armutsbetroffene kümmert, zum Prämien-Schock fest. Die Krankenkassen-Kosten seien dabei eine besonders grosse Belastung. Überhaupt seien Gesundheitskosten in den Caritas-Beratungsstellen «seit Monaten ein Dauerthema». Manche Betroffene gingen gar nicht erst zum Arzt, aus Angst vor den finanziellen Folgen.

Der Prämien-Schock sei für diese Menschen heftig: «Mit dem erneut massiven Anstieg nimmt die Prämienlast für viele Menschen im kommenden Jahr ein erdrückendes Ausmass an», lässt sich Peter Lack, Direktor von Caritas Schweiz, in der Mitteilung zitieren.

Ein probates Hilfsmittel seien individuelle Prämienverbilligungen. «Trotzdem konnte sich das Bundesparlament in den letzten Monaten nicht auf eine spürbare Entlastung bei den Prämien einigen und lässt die Menschen im Regen stehen», sagt Caritas-Direktor Peter Lack. Und auch die Kantone, die für das Thema zuständig seien, würden bei den Verbilligungen wenig unternehmen und sich aus der Verantwortung stehlen.

Wenn sogar der Kinobesuch zu teuer wird

Und eben: Viele, die unter der Prämienlast ächzen, haben ohnehin keinen Anspruch auf eine Prämienverbiligung. Eine 40-Jährige erzählte den Tamedia-Zeitungen jüngst anonym von ihren Herausforderungen.

Die Frau lebt mit zwei Kindern in Bad Ragaz SG und hat ein monatliches Einkommen von 3700 Franken – auch das ist zu viel, als dass Verbilligungen ein Thema wären. «Ich spare bei mir, nicht bei den Kindern», sagt die Alleinerziehende. Dennoch könne sie ihren Kindern keine Ferien und auch keinen Kinobesuch bezahlen. Das liege momentan nicht drin.

Familie Nobs aus Bern ist vor einigen Monaten aufs Land umgezogen, um Geld zu sparen. Mirjam Nobs bleibt vorerst nur, die Zuversicht zu behalten: «Wir nehmen die Dinge einfach, wie sie kommen, und hoffen, dass wir in naher Zukunft trotz der steigenden Kosten noch einige Träume mit unseren Kindern verwirklichen können», sagt sie bei «Schweiz aktuell».

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