Sterbenden auf Autobahn gefilmt Handy am Unfall gezückt: Saftige Bussen für Gaffer

von Danica Gröhlich

9.2.2018

Tödlicher Unfall auf einer deutschen Autobahn: Ein Gaffer, der den sterbenden Biker gefilmt hatte, wurde zu einer hohen Geldstrafe und Fahrverbot verurteilt.
Tödlicher Unfall auf einer deutschen Autobahn: Ein Gaffer, der den sterbenden Biker gefilmt hatte, wurde zu einer hohen Geldstrafe und Fahrverbot verurteilt.
dpa/Ralf Zwiebler

Wer während der Fahrt Videos oder Fotos von Unfällen macht, gefährdet oder behindert auch andere Verkehrsteilnehmer und Einsatzkräfte. Nun geht die Polizei rigoros dagegen vor. 

«Gaffer filmt Sterbenden». Diese Schlagzeile sorgte Ende letzten Jahres in Bayern und weit über die Landesgrenzen hinaus für Entsetzen. Ein 59-jähriger Motorradfahrer war tödlich verunglückt. Der 50 Jahre alte LKW-Fahrer war ausgestiegen und hatte mit seinem Smartphone gefilmt, wie die Ersthelfer vergeblich versuchten, das Leben des Mannes zu retten. Der Gaffer war daraufhin zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt worden.

Auch bei uns nehmen die Fälle von Gaffern bei Unfällen zu, wie «20 Minuten» berichtet. So musste etwa die St. Galler Kantonspolizei am 17. Januar mehrere Personen verzeigen, die einen durch Sturm Evi umgekippten Lieferwagen fotografierten und filmten.

TCS-Mediensprecher Daniel Graf bestätigt auf Anfrage von «Bluewin»: «Bis zu einem gewissen Punkt ist es sogar verständlich, dass Verkehrsunfälle Passanten zum Hinsehen animieren. Gefährlich wird es jedoch, wenn Autofahrer wegen des Gaffens den Verkehr nicht mehr im Auge behalten und so zur zusätzlichen Staubildung beitragen oder gar Folgeunfälle auslösen, was leider immer wieder vorkommt.»

In diesem Zusammenhang sei auch Gaffen bereits strafbar. Wer nicht nur gafft, sondern auch noch am Handy herummanipuliert und aus dem fahrenden Auto Foto- oder Filmaufnahmen macht, handle fahrlässig und gefährde sich und andere Verkehrsteilnehmer.

Das steht in der Verkehrsregelverordnung

In beiden Fällen können Personen wegen Unaufmerksamkeit am Steuer angezeigt und bestraft werden, wie Graf bestätigt. Ob die Unaufmerksamkeit zu einem Unfall führt oder nicht, sie wird in Artikel 3, Abs. 1 der Verkehrsregelverordnung ausdrücklich sanktioniert: «Der Fahrzeugführer muss seine Aufmerksamkeit der Strasse und dem Verkehr zuwenden. Er darf beim Fahren keine Verrichtung vornehmen, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert. Er hat ferner dafür zu sorgen, dass seine Aufmerksamkeit insbesondere durch Tonwiedergabegeräte sowie Kommunikations- und Informationssysteme nicht beeinträchtigt wird».

Oder wie es dort heisst: Der Lenker muss das Fahrzeug permanent so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann (Art. 31 Abs. 1 SVG), weshalb er beim Fahren keine Verrichtung vornehmen darf, welche die Bedienung des Fahrzeugs erschwert (Art. 3 Abs. 1 VRV).

Es drohen saftige Bussen

-Das Telefonieren am Steuer mit dem Handy während der Fahrt kann eine Ordnungsbusse von CHF 100.- und möglicherweise auch Leistungskürzungen in der Unfallversicherung zur Folge haben.

-Das Schreiben einer SMS am Steuer wird seit 2009 als grobe Verkehrsregelverletzung eingestuft, welche mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden kann. Dazu zählt auch das Manipulieren am Handy um Film und Fotoaufnahmen zu machen.

-Essen oder Trinken am Steuer: Ein am Steuer essender oder trinkender Lenker verhält sich nicht anders als derjenige, der beim Fahren raucht oder SMS schreibt. Derartige Tätigkeiten können den Lenker in seiner Aufmerksamkeit beim Autofahren beeinträchtigen und sind unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherheit deshalb grundsätzlich als problematisch einzustufen. Die Behörden müssen sich mit Fällen wie Essen am Steuer individuell befassen. Dabei ist der Ermessensspielraum sowohl bei der Beurteilung, ob überhaupt eine Verkehrsgefährdung vorliegt, als auch bei der Festsetzung der Bussenhöhe relativ weit. Wer am Steuer isst und dabei erwischt wird, der muss jedoch mit einer Busse rechnen.

Allein 2013 wurden rund 13'000 Unfälle von unaufmerksamen und abgelenkten Autofahrern mitverursacht.

Rettungsgasse bilden

Wie hat ein Autolenker sich korrekt zu verhalten, wenn er bei einem Unfall vorbeifährt? Kommt es aufgrund eines Unfalls zu stockendem Verkehr oder Stau, ist zwischen den Fahrzeugkolonnen nach Möglichkeit eine Gasse für die Notfall- und Rettungsfahrzeuge freizuhalten. «Halten Sie sich deshalb an den äusseren Rand Ihres jeweiligen Fahrstreifens. Auf dreispurigen Autobahnen ist diese Gasse zwischen dem mittleren und dem linken Fahrstreifen freizugeben», erklärt der TCS-Sprecher.

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