Am 1. Januar übernimmt Frankreich die EU-Ratspräsidentschaft. Für die Schweiz sind das keine guten Nachrichten.
sda/toko
30.12.2021, 00:00
30.12.2021, 08:29
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Frankreich übernimmt am 1. Januar für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft. Damit kann Paris Prioritäten in der Agenda setzen und wichtige Dossiers vorantreiben. Die Schweiz gehört jedoch nicht dazu.
Eine klare Ansage dazu gab es Anfang Dezember von Frédéric Journès, dem französischen Botschafter in der Schweiz: «Wir planen im EU-Rat nicht, die Schweiz zu thematisieren», sagte er in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung».
Am Dienstag relativierte Journès seine Aussagen in einem Interview mit der Westschweizer Tageszeitung «Le Temps» zwar etwas und kündigte an, die EU wolle sich im ersten Halbjahr 2022 mit dem Dossier Schweiz befassen. Aber: Ratsschlussfolgerungen zur Schweiz seien keine geplant, sagte der Botschafter der NZZ.
In diesen Schlussfolgerungen ziehen die EU-Staaten eigentlich alle zwei Jahre Bilanz über die Beziehung mit der Schweiz und definieren neue Ziele. Die letzten Schlussfolgerungen stammen jedoch aus dem Jahr 2019 und sind weiterhin gültig.
Noch immer gilt somit, dass ein institutionelles Rahmenabkommen nicht nur die Bedingung für neue Marktzugangsabkommen ist, sondern auch «ein wichtiges Element bei der Entscheidung» für die Aktualisierung bestehender Abkommen.
Pragmatisches Berlin – ideologisches Paris
Während Deutschland trotzdem eher einmal pragmatisch entscheidet und die Schweiz bei gewissen Themen unterstützt – so warb Berlin etwa für eine Schweizer Beteiligung am EU-Forschungsprogramm «Horizon Europe» – ist das Verhalten Frankreichs viel stärker ideologisch geprägt.
Dem Elysée-Palast ist der Schweizer Sonderweg ein Dorn im Auge. So gehört Paris zu jenen Stimmen in Brüssel, die eine harte Linie gegenüber Bern unterstützen. Der Abbruch der Verhandlungen zum institutionellen Rahmenabkommen sowie der bundesrätliche Entscheid gegen den Kauf der französischen Kampfjets dürften Frankreich in seiner Haltung bestärkt haben.
Zwar wertete Botschafter Journès die bedingungslose Freigabe des zweiten Kohäsionsbeitrages als «ein positives Zeichen der Entspannung». Es brauche aber jetzt ein klares politisches Zeichen Berns, wie es in der Beziehung Schweiz-EU weitergehen soll, machte er deutlich.
Trauma Brexit wirkt nach
Hinzu kommt, dass ab dem 1. Januar 2022 in der EU-Kommission die neu geschaffene Abteilung «Westeuropäische Partner» sich um die Beziehungen zur Schweiz kümmert – unter der Leitung von Richard Szostak.
Er ist ein alter Bekannter der Schweiz: Unter EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker was er für die Verhandlungen zum Rahmenabkommen mitverantwortlich. Szostak gilt als harter Verhandlungspartner. Aktuell kümmert sich der britisch-polnische Doppelbürger um den Brexit – genauer um die Probleme mit London beim Nordirland-Protokoll.
Es dürfte kaum Zufall sein, dass der gleiche EU-Beamte, der aktuell für das Dossier Grossbritannien verantwortlich zeichnet, sich erneut um die Schweiz kümmert. Es scheint, dass die EU die aus ihrer Sicht «schwierigen Fälle» zusammenfassen möchte, um eine kohärente Politik zu gewährleisten. Das sind keine guten Nachrichten für den Schweizer Sonderweg.