FrauenstimmrechtHistorische Landsgemeinde in Hundwil 1989
SDA
25.4.2019 - 09:33
Vor 30 Jahren, an der denkwürdigen Landsgemeinde in Hundwil vom 30. April 1989, hat Appenzell Ausserrhoden als zweitletzter Kanton das Frauenstimmrecht eingeführt. 18 Jahre nach dem Ja des Schweizer Volks von 1971 war auch Ausserrhoden reif für diesen Schritt.
Politikerinnen, Politiker und Prominente hatten jahrelang für die politische Gleichberechtigung der Frauen in Ausserrhoden gekämpft. Dennoch wurde die Abstimmung an der Landsgemeinde in Hundwil zur Zitterpartie: Mit knappem Mehr stimmten die Ausserrhoder Männer Ja.
Es sei ein «grossartiger, erhabener Moment» gewesen, erinnert sich heute Aline Auer, die an vorderster Front für das Frauenstimmerecht in Ausserrhoden gekämpft hatte. Einige Männer seien nach dem äusserst knappen Ja vom Landsgemeindeplatz in Hundwil davongelaufen, sagt die 69-Jährige.
Nachher sei es mit der Frauensache «in grossen Schritten vorwärts gegangen». 1990 wurden zwei Frauen in die damals noch siebenköpfige Ausserrhoder Regierung gewählt. Auch im Kantonsrat waren die Frauen rasch sehr gut vertreten. Das ist bis heute so geblieben.
Erfolglose Anläufe seit 1970
Vor dem historischen Entscheid von 1989 hatte sich die Ausserrhoder Landsgemeinde zwischen 1970 und 1984 fünf Mal gegen das Frauenstimmrecht ausgesprochen. 1972 wurde zwar die Möglichkeit des Frauenstimmrechts auf Gemeindeebene gutgeheissen, das kantonale Stimmrecht aber gleichzeitig abgelehnt.
1976 und 1979 schickten die Ausserrhoder zwei weitere Initiativen bachab. Und 1984 sagte die Landsgemeinde Nein zu einer Urnenabstimmung über das kantonale Frauenstimmrecht.
An der Landsgemeinde Ende April 1990 in Trogen durften die Frauen dann erstmals im Ring mitentscheiden. Das Bild änderte sich wenig, die Frauen machten die Landsgemeinde etwas bunter, und das traditionelle Landsgemeindelied ertönte in neuer, zweistimmiger Fassung.
Ende der Landsgemeinde
Acht Mal fand die Ausserrhoder Landsgemeinde mit Frauen und Männern statt. 1997 beschloss der Kanton in einer Urnenabstimmung die Abschaffung dieser direkt-demokratischen Tradition. Jenen Schritt bereuen einige Ausserrhoderinnen und Ausserrhoder bis heute.
Zum Lager der Landsgemeinde-Gegner gehörten SVP und SP, Frauenstimmrechtsgegner, aber auch Bürgerinnen und Bürger, die das Vertrauen ins politische System des Kantons verloren hatten. Ein Kritikpunkt war, dass nicht alle (etwa Kranke, Gebrechliche oder Ferienabwesende) an der Landsgemeinde teilnehmen konnten.
Appenzell Ausserrhoden war 1989 der zweitletzte Kanton, der das Frauenstimmrecht einführte. Nur der Nachbarkanton Innerrhoden verweigerte seinen Frauen die politische Gleichberechtigung noch länger. 1990 lehnten die Innerrhoder Männer an der Landsgemeinde in Appenzell das Frauenstimmrecht ab.
Machtwort aus Lausanne
Aber noch im gleichen Jahr wurde dem kleinsten Schweizer Kanton das Frauenstimmrecht von oben verordnet. Das Bundesgericht hiess eine staatsrechtliche Beschwerde gut: Das reine Männerstimm- und -wahlrecht verletze die von der Bundesverfassung garantierte Gleichberechtigung von Frau und Mann, stellte es fest.
Im Gegensatz zu Ausserrhoden hielt Innerrhoden an der Tradition der Landsgemeinde fest. Der Kanton erneuerte schrittweise seine Verfassung und führte unter anderem 1994 die Gewaltentrennung zwischen Standeskommission (Regierung) und Grossem Rat (Parlament) ein.
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