Projekt-Teilnehmer erzählt«Ich bin enorm froh, dass es diese Cannabis-Studie gibt»
Philipp Dahm
1.4.2024
Nach jahrelangem Hin und Her ist Cannabis in Deutschland nun legal. Die Schweiz sammelt dagegen zunächst Daten in lokalen Cannabis-Projekten. Ein 19-Jähriger erzählt, wie die entsprechende Studie in Zürich abläuft.
Philipp Dahm
01.04.2024, 18:15
Philipp Dahm
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
In Deutchland ist der Cannabis-Konsum seit heute legal.
In der Stadt Zürich läuft seit einem Jahr eine Studie, bei der Cannabis legal abgegeben wird.
Ein 19-jähriger Teilnehmer erklärt das Procedere für die Anmeldung und berichtet von seinen Erfahrungen.
Während der Cannabis-Konsum in Deutschland seit heute legal ist, haben auch verschiedene Schweizer Städte und Kantone Projekte ins Leben gerufen, die den Konsum der Droge wissenschaftlich erörtern sollen. blue News hat einen 19-Jährigen gefragt, wie seine Erfahrungen bei der Zürcher Studie sind.
Seit wann machst du beim Cannabis-Projekt der Stadt Zürich mit?
Seit bald einem ganzen Jahr. Angemeldet habe ich mich damals im April, im August konnte ich das erste Mal in der Apotheke Cannabis beziehen. Ich habe jetzt auch schon die zweite Umfrage ausgefüllt – es gibt ja alle sechs Monate eine Befragung. Die dauern eine Dreiviertelstunde, wenn nicht eineinhalb Stunden. Alles ist komplett anonym: Man muss sich also keine Sorgen machen, dass die Infos weitergegeben werden und kann wirklich sehr ehrlich antworten.
Wie läuft der Aufnahme-Prozess ab?
Die Aufnahme geht eigentlich sehr schnell. Man muss sich zunächst eine der Bezugsstellen aussuchen, die auf der Website der Stadt Zürich aufgeführt sind. Dann macht man einen Besprechungstermin: Wenn man dort hingeht, muss man eine Urinprobe abgeben, damit sie sehen, dass man auch wirklich Cannabis-Konsument ist. Es gibt dann noch einen zweiten Termin, bevor man in Oerlikon ein Foto für den Ausweis macht. Dieser Studienausweis wird einem in der Bezugsstelle mitgegeben, wenn man das erste Mal da ist.
Wo kannst du deine Cannabis-Produkte beziehen?
Nur bei der Bezugsstelle, bei der du dich am Anfang gemeldet hast. Da muss man sich eine gute aussuchen, damit die Wege kurz sind. Ich habe eine Apotheke im Quartier ausgewählt. Die Bezugszeiten sind manchmal aber auch etwas streng – gerade für Leute, die 100 Prozent arbeitstätig sind. Ich habe auch schon von Studien-Teilnehmern gehört, dass sie es fast nicht schaffen zu beziehen, weil sie eine volle Woche haben und dann nur am Samstag von 10 bis 12 oder von 14 bis 16 Uhr beziehen können.
Was gibt es neben Apotheken für Bezugsstellen?
Es gibt Social Clubs. Und ich habe jetzt auch gesehen, dass das Kon-Tiki, der Coffeeshop in Zürich, bei der Studie auch mitmacht. Das Drogeninformationszentrum, in dem man Drogen testen lassen kann, ist eine weitere Bezugsstelle.
Ist es schwer, den eigenen Konsum zu quantifizieren?
Die Fragen danach sind gut gestellt. Zum Beispiel: «Wie viel Cannabis konsumieren Sie an einem typischen Konsumtag?» Oder: «Wie viel Geld geben Sie für Ihren Cannabis-Konsum aus?» Das regt auch zum Nachdenken an und lässt einen das eigene Verhalten reflektieren: Wie fest geht es ins Budget, wenn man viel kifft? Wie viel Zeit investiert man?
Rauchst du heute bewusster als vor einem Jahr?
Bewusster finde ich ein schwieriges Wort. Sagen wir so: Ich achte mehr auf die Qualität des Cannabis. Ich variiere mehr zwischen Sativa und Indica sowie dem THC-Gehalt, weil das alles so klar ist bei den Studienprodukten. Das war vorher beim Schwarzmarkt natürlich nicht so. Ich würde sagen, es ist ein vielfältigerer Konsum geworden.
Rauchst du jetzt mehr oder weniger?
Ich würde sagen: gleich viel. Es kommt immer darauf an, wie viel ich gerade arbeite und wie viel Freizeit ich habe. Das war auch schon vorher so.
Hatte dein Dealer früher auch andere Drogen im Angebot?
Nein. Also mir wurde noch nie etwas anderes angeboten, als ich Cannabis bezogen habe. Ich habe mehrere Dealer kennengelernt, die nur mit Cannabis gehandelt haben. Der grösste Unterschied ist, dass du genau weisst, was du bekommst, was für eine Stärke es hat. Und dass es in der Schweiz angebaut ist – unter sauberen Bedingungen und ohne Kinderarbeit. Das ist halt schon auch noch schön fürs Gewissen.
Schmeckst du die Bioqualität heraus?
Definitiv. Man merkt, dass sie sich viel überlegt haben, was die Geschmäcker angeht. Es gibt Sorten, die riechen mega nach Mango, es gibt Cannabis Sorten, die riechen enorm nach Zitrone. Es hat mich selber sehr erstaunt, wie intensiv Cannabis riechen und wie es auch beim Rauchen auf der Zunge schmecken kann. Man lernt bei dieser Studie auch die Vielfältigkeit von Cannabis kennen.
Was sagt dein Freundeskreis dazu?
In meinem Freundeskreis machen sehr viele auch bei der Studie mit. Darum haben wir einen sehr offenen Austausch und diskutieren über die Sorten. Andere Bekannte, denen ich von der Studie erzähle, wirken sehr interessiert – und ich habe auch schon Leute dazu ermutigt, mitzumachen.
Was für ein Fazit würdest du für dieses Projekt ziehen?
Ich hätte nie gedacht, dass ich mit 18 einmal in der Schweiz in der Apotheke Cannabis beziehen werde und bin enorm froh, dass es diese Cannabis-Studie gibt. Ich denke, es ist ein grosser Schritt Richtung Legalisierung. Das Projekt ist ein wertvoller Versuch und eine topmoderne Sache.