Belastungsprobe für Schutzkonzepte In den Schweizer Zoos wird es bisweilen eng

Von Gil Bieler

19.5.2021

Die Zoos rufen, und die Leute kommen in Scharen. Die Zahl der Besucher*innen ist wegen der Coronavirus-Pandemie aber limitiert – daher stösst mancher Zoo schon mal an seine Kapazitätsgrenzen.

Von Gil Bieler

Im März durften die Zoos ihre Aussenanlagen neu eröffnen, vor einem Monat gingen auch die Innenanlagen wieder auf. Und der Andrang ist gross – für den Geschmack manches Besuchers sogar zu gross. «Ob beim Eingang oder im Restaurant, es herrschte ein richtiges Gedränge», sagt «blue News»-Leser Roger K.*, der über das Auffahrtswochenende Knies Kinderzoo in Rapperswil besucht hat. «Von Abstandhalten konnte keine Rede sein.»

Roger K. und seine Partnerin wollten ihren beiden Kindern eine Freude machen, aber: «Wir haben uns nicht wohlgefühlt.» Es habe befremdlich normaler Betrieb geherrscht. «Mit Ausnahme der Masken hätte man gar nicht gemerkt, dass es eine Pandemie gibt.» Im Selbstbedienungsrestaurant gebe es zwar Bodenmarkierungen, die den Sicherheitsabstand von 1,5 Metern anzeigen – daran gehalten habe sich beim Zmittag aber kaum jemand. «Es war auch kein Personal da, um die Leute darauf hinzuweisen. Das hätte ich im Minimum erwartet.»

Der Leser gewann den Eindruck, die Zoobetreiber hätten so viele Leute wie möglich eingelassen – am Ende womöglich sogar zu viele: «Die Parkplätze waren voll besetzt, wie bei Normalbetrieb.»

Die Besucherströme angeblich gut im Blick

Auch Zoos müssen sich, genau wie Gastrobetriebe oder Einkaufsläden, an die Vorgaben des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und an die Branchenschutzkonzepte halten. Die Zahl der maximal erlaubten Besucher richtet sich dabei nach den Platzverhältnissen. Im Zoo Rapperswil dürfen sich gemäss dieser Rechnung maximal 2000 Besucher*innen gleichzeitig aufhalten, wie es auf dessen Website heisst. Auf ein Zählsystem werde aber «verzichtet, da der Kinderzoo in der Vergangenheit die maximale Besucherkapazität gemäss obiger Berechnung nicht erreicht hat.»

Auf Anfrage von «blue News» erklärt Benjamin Sinniger von der Zoodirektion, dass man traditionell keine Besucherzahlen veröffentliche. Er versichert jedoch, dass man die Besucherobergrenze auch an guten Tagen nicht erreiche. Dank des Kassensystems und des Online-Ticketverkaufs habe man die Besucherströme gut im Blick.

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Im Zoo seien die geltenden Vorschriften klar ausgewiesen, ausserdem sei das Personal dazu angehalten, auf die Einhaltung etwa der Abstands- und Maskenpflicht zu achten. Um genug Platz zu schaffen, sei die Zahl der Sitzplätze im Freien um 70 Prozent aufgestockt worden, und die Besucherströme am Eingang und im Restaurant würden so gelenkt, dass lange Schlangen vermieden würden. «Natürlich, am Ende ist man auch auf die Kooperation der Gäste angewiesen. Doch in aller Regel halten sie sich auch sehr gut an die Vorgaben.»

«Nachholbedarf» bei den Leuten

Sinniger kann bestätigen, dass die Leute derzeit einen «Nachholbedarf» hätten: «März und April waren ein fantastischer Start in die neue Saison.» Das gelte nicht nur für die Auffahrt. «Man spürt, wie sehr es die Leute schätzen, dass sie wieder etwas unternehmen können.»

Diesen Eindruck teilt man auch andernorts. Im Walter Zoo in Gossau SG beruft man sich auch auf Erfahrungen aus dem ersten Lockdown 2020: «Obwohl wir damals drei Monate geschlossen waren, hatten wir am Ende des Jahres gerade einmal 13 Prozent weniger Besucher», sagt Fabienne Grawehr von der Marketingabteilung auf Anfrage.

Aktuell darf der Walter Zoo gemäss Schutzkonzept maximal 1100 Personen gleichzeitig einlassen. «Anfangs hatten wir Bedenken, dass wir damit zu viele Gäste verlieren», so Grawehr. Doch diese Befürchtungen hätten sich bisher nicht bestätigt. Man habe noch keine Leute abweisen müssen.

Im Zoo Basel wurden am Donnerstag und Freitag vergangener Woche jeweils über 6000 Besucher*innen gezählt. «Hier fiel auf, dass viele Deutsche und Franzosen drunter waren, die die Gelegenheit ergriffen haben, dass sie uns nun wieder besuchen können», erklärt Mediensprecherin Tanja Dietrich. Zur selben Zeit dürfen sich im Zolli gemäss Schutzkonzept maximal 2050 Personen aufhalten – ein Wert, der sehr selten erreicht werde. Am vergangenen Freitag habe man den Einlass ab 11 Uhr kurz stoppen müssen, darauf sei es bis etwa 13 Uhr «nur tröpfchenweise» weitergegangen, so Dietrich. «Dies ist aber eine Ausnahme.»



Ideal ist «mittelprächtiges Wetter»

Wie gross der Andrang an Pfingsten ausfallen werde, sei schwierig abzuschätzen – denn dies hänge vom Wetter ab. Ideal sei «mittelprächtiges Wetter», so Dietrich. Bei zu schönem Wetter gingen die Leute eher zum Schwimmen oder in die Natur, bei Regen blieben sie zu Hause. Die Prognosen mit dem anhaltend wechselhaften Wetter dürften somit für den Zolli optimal sein. Und generell habe man an Feiertagen viele Besucher*innen.

Es ist gut möglich, dass der Bundesrat per Ende Mai weitere Lockerungen erlässt, die auch für Zoos relevant sind. Gerade im Bereich der Gastronomie in Innenräumen, aber auch bei Führungen, die derzeit noch auf 15 Personen beschränkt sind, ist das denkbar. Das gäbe den Zoos unternehmerisch mehr Spielraum, doch mit einem finanziellen Ergebnis wie vor der Pandemie rechnet man im Zoo Basel nicht. Um die 59 Tage Zwangsschliessung auszugleichen, müssten die Leute in ausserordentlicher Zahl in den Zolli pilgern.

* Name geändert und der Redaktion bekannt

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