Bullshit-JobsJeder Fünfte findet seine Arbeit sinnlos
mmi
7.8.2023
Eine Studie zeigt: In den USA empfindet jeder Fünfte seine Arbeit als sinnlos und ohne gemeinschaftlichen Nutzen. Das Phänomen sogenannter Bullshit-Jobs gibt es auch in der Schweiz.
mmi
07.08.2023, 17:54
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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Eine neue Studie der Universität Zürich zeigt, dass jeder fünfte Amerikaner seinen Job als sinnlos empfindet.
Laut Wirtschaftspsychologe Christian Fichter sei dies in der Schweiz nicht anders.
Der Grund: Jobs verändern sich über die Zeit und werden überflüssig, ohne dass es die Unternehmen rechtzeitig merken.
In gut bezahlten Management-Positionen würden sich die Menschen dagegen einreden, dass ihr Job wichtig sei.
Findest du deinen Job sinnvoll und dass er auch der Gesellschaft nützt? Nein? Dann bist du mit diesem Gefühl nicht allein.
Eine jüngst von der Universität Zürich veröffentlichten soziologischen Studie kommt zum Schluss, dass knapp jeder Fünfte der knapp 2000 Befragten findet, dass seine berufliche Tätigkeit nur selten oder gar nie einen nützlichen Mehrwert für die Gesellschaft generiere. Dafür hat der Forscher Simon Walo Daten aus den USA aus dem Jahr 2015 gewertet.
Das Phänomen der Bullshit-Jobs ist bekannt, aber nicht ausreichend belegt. Bereits 2018 hat der US-amerikanische Anthropologe David Graeber dazu ein Buch veröffentlicht mit der Theorie, dass es Arbeitsplätze gibt, die tatsächlich keinen Sinn erfüllen. In der Studie von Simon Walo wird angemerkt, dass es auch andere Forschungen gibt, die gegen die Bullshit-Job-Theorie sprechen. Walos Ziel war es daher, herauszufinden, was an Graebers Hypothese dran ist. Dafür verglich er die Ergebnisse der Umfragen zur Sinnhaftigkeit von Erwerbstätigen mit ähnlichen Arbeitsbedingungen. Das Ergebnis: Angestellte in Finanz-, Verkaufs-, und Managementberufen empfinden eher, dass ihre Arbeit für die Gesellschaft sinnlos(er) ist, als Jobs im öffentlichen Sektor oder in der Non-Profit-Branche.
Das Problem dabei sei laut Fichter, dass Manager nicht selten nur durch Zufall oder Glück Karriere machten. Auf die Frage, warum sie erfolgreich wurden, würden sie sich dann ein Management-Konzept überlegen, es knackig benennen und in eine geometrische Form giessen: «Wie die Erfolgspyramide oder ähnlichen Unsinn», sagt Fichter.
Solche Konzepte würden andere Manager wiederum blind übernehmen. Das Resultat: Eine ganze Branche beschäftige sich damit, Führungskräften vermeintliche Erfolgsrezepte zu verkaufen, komplett unabhängig davon, ob diese nachweislich zum Unternehmenserfolg oder zur Mitarbeiterzufriedenheit beitragen würde, so Fichter weiter.
Gut darin, sich selber etwas vorzumachen
Laut Fichter habe dies auch mit dem Salär zu tun. Einerseits seien gut bezahlte Personen gut darin, sich selber etwas vorzumachen: «Wenn ich eine Viertelmillion jährlich verdiene, kann ich mir auch einreden, dass es extrem wichtig ist, den ganzen Tag von einem Excel ins andere zu übertragen», so Fichter. Anderseits: Je höher das Gehalt, desto mehr müssten Manager um ihre Position kämpfen.
Dies wiederum führe dazu, dass die Führungskräfte nicht wissen würden, was in ihren Teams laufe. Hinzu käme, dass sich die Manager mit übergeordneten Themen beschäftigen, die nicht relevant fürs Kerngeschäft seien. Dadurch werde der Erfolg und die Mitarbeiterzufriedenheit vernachlässigt, was eben diese Bullshit-Jobs fördere.
Aber auch in normalen Anstellungsverhältnissen, gebe es laut dem Wirtschaftspsychologen viele solcher Bullshit-Jobs. Der Grund: Unternehmen würden gar nicht merken, wenn einzelne Arbeiten oder ganze Sparten überflüssig geworden sind – beispielsweise aufgrund Automatisierung, Restrukturierung oder jüngst durch KI-gestützte Systeme.
Bis die Unternehmen reagieren und betroffene Mitarbeitende anders beschäftigen würden, seien deren Jobs längst zu Bullshit-Jobs mutiert. Der Wirtschaftspsychologe empfiehlt deshalb: Wer keinen Sinn in seinen Aufgaben mehr sieht, soll dies unbedingt bei den Vorgesetzten ansprechen, mit dem Ziel, dass der Aufgabenbereich angepasst wird.
Denn die Bullshit-Jobs kosten die Wirtschaft viel Geld und belasten die psychische Gesundheit der Mitarbeitenden.