Besetzungsaktionen geplantKlima-Aktivisten blasen jetzt zum Sturm auf Universitäten
SDA, gbi
16.10.2022
Renovate Switzerland blockiert Dufourstrasse in Zürich
Renovate Switzerland haben heute Freitag kurz das Utoquai in Zürich blockiert. Die Organisation fordert die umgehende ökologische Sanierung der Gebäude der Schweiz, um den Klimawandel zu bremsen.
14.10.2022
Die Klimaschutz-Bewegung will Räume in Schulen und Universitäten besetzen. Begründung: Ziviler Ungehorsam sei eine legitime Antwort auf die Umweltkrise. Eine Rechtsprofessorin sieht das differenzierter.
SDA, gbi
16.10.2022, 14:30
SDA, gbi
Sie blockierten zuletzt gleich mehrfach Brücken oder Strassen, klebten sich sogar am Asphalt fest. Bilanz der letzten solchen Störaktion vom Freitag in Zürich: Alle sieben Teilnehmer*innen der Gruppe «Renovate Switzerland» kassieren Anzeigen.
Abschrecken kann das hiesige Umweltschützer*innen nicht. Im Gegenteil. Eine Gruppe von rund 80 jungen Klimaaktivist*innen plant in Städten die Besetzung von Schulen und Universitäten. Dies bestätigt Cyrill Hermann, ein Sprecher der Klimastreik-Bewegung, der «NZZ am Sonntag».
Nach der Corona-bedingten Pause gehe es jetzt darum, «die Schulen zu repolitisieren». Zuletzt habe man den Kern der Bewegung aus den Augen verloren, findet Hermann: «Das sind die Jungen, die in der Schweiz von der Klimakrise am meisten betroffen sind.»
Besetzen, bis die Polizei kommt
Laut dem Bericht sollen fünf Klimastreik-Teams derzeit die Aktionen vorbereiten. Diese reichen von kurzen Einnahmen einzelner Räume bis hin zu wochenlangen Besetzungen ganzer Schulhäuser – und die Aktivist*innen wollen bleiben, bis die Polizei eingreife. Auch Bussen nehme man in Kauf: «Alle sind sich einig, dass ziviler Ungehorsam ein absolut legitimes Mittel ist angesichts der Untätigkeit der Politik in der Klimakrise», sagt Hermann der «NZZ am Sonntag».
Politisch sind solche spektakulären Aktionen umstritten – gerade im bürgerlichen Lager gibt es dafür kein Verständnis. Doch auch juristisch ist es ein Drahtseilakt, wie eine Rechtsexpertin diese Woche beim SRF-Magazin «10vor10» sagte.
Helen Keller ist ehemalige Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und wirkt derzeit als Professorin für öffentliches Recht an der Universität Zürich. Zur Beurteilung von zivilem Ungehorsam sagt sie: «Man muss unterscheiden zwischen legal und illegal sowie zwischen friedfertig und gewaltvoll.»
Illegal sei eine Aktion schnell einmal, wenn beispielsweise ein Verkehrsweg blockiert werde. Wenn man nur dasitze, stelle das dagegen keine Gewalt dar. «Das ist eine wichtige Unterscheidung, die auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt hat.»
Keller gibt ausserdem zu bedenken, dass auch eine illegale Aktion von den Menschenrechten geschützt sei – «solange sie friedlich ist».
Etwas sei bei illegalen Aktionen klar: «Das sind Straftaten.» Ausser man sage, es gebe Rechtfertigungsgründe. Gleichwohl gebe es juristisch einen gewissen Spielraum. Richter*innen könnten etwa ein Verfahren einstellen, man könne aber auch eine einfache oder symbolische Busse aussprechen. «Ich finde es aber problematisch, wenn man sagt: Bei Klimaaktivisten ist der Rechtfertigungsgrund immer da. Da sollte man als Richter zurückhaltender sein», so Keller.
ETH Zürich steht im Austausch mit der Polizei
Die Universitäten haben dem Zeitungsbericht zufolge noch keine Kenntnis davon, dass Besetzungsaktionen der Klimastreik-Bewegung vorbereitet würden. Die ETH Zürich wollte mit den Aktivist*innen Kontakt aufnehmen – jedoch ohne Erfolg. Man tausche sich aber bereits mit anderen Hochschulen und der Polizei aus, sagt die Mediensprecherin der ETH, Franziska Schmid.