Schweizer Aufklärungskampagne Konflikte mit jüdischen Gästen: Tourismus setzt auf Vermittlung 

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6.6.2019

Im Konflikt mit jüdischen Gästen aus dem Ausland lanciert die Schweizer Tourismusbranche nun eine Vermittlungskampagne. 
Im Konflikt mit jüdischen Gästen aus dem Ausland lanciert die Schweizer Tourismusbranche nun eine Vermittlungskampagne. 
Archiv / Fredrik von Erichsen

Nach Konflikten und Irritationen zwischen Schweizern und ausländischen jüdischen Gästen in den vergangenen Jahren setzt die hiesige Tourismusbranche nun auf Vermittlung durch eine Aufklärungskampagne.

Knapp zwei Jahre ist es her, dass ein simpler Zettel in einem Schweizer Hotel zu internationalen Schlagzeilen und diplomatischem Betrieb in Bern führte – und nun zu einer gross angelegten Vermittlungskampagne.  Ein ausschliesslich an jüdische Gäste gerichteter Aushang in einem Apartmenthaus ins Arosa hatte 2017 auf Englisch dazu aufgefordert, vor und nach dem Schwimmen im Pool zu duschen. Wer sich daran nicht hielte, dürfe nicht mehr ins Schwimmbecken, hiess es.

Israelische Gäste hatten die Aufforderung dokumentiert, an Medien in Israel weitergereicht und in den sozialen Netzwerken verbreitet. Die Empörung war gross, das Simon-Wiesenthal-Center und andere kritisierten den Aushang als antisemitisch. Die Folge: Bleibende Irritationen und ein angeschlagenes Verhältnis zwischen Schweizern und jüdischen Gästen aus dem Ausland.

Hinzu kam im vergangenen Sommer, dass sich einige Bürger in Davoser Hotels über das Verhalten jüdisch-orthodoxer Gäste beklagt hatten. Laut SRF habe es dabei Reklamationen darüber gegeben, dass orthodoxe Juden im Freien ihren Abfall liegengelassen hätten. Derlei Konflikte bewegten die Davoser und Aroser Tourismusbranche nun dazu, gemeinsam mit dem Schweizerisch Israelitischen Gemeindebund SIG Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit zu leisten.

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Missverständnisse auf beiden Seiten

«Die Missverständnisse liegen auf beiden Seiten. Einerseits bei den Einheimischen, bei den Tourismus-Fachpersonen. Andererseits natürlich auch bei den jüdischen Gästen», sagte Jonathan Kreutner vom SIG dem SRF. Man wolle daher neben Aufklärungsbroschüren auch Vermittler vor Ort einsetzen,« die einerseits passiv an gewissen Orten, wo ein grosser Durchlauf jüdischer Gäste zu erwarten ist, postiert sind – die man kontaktieren kann per Fragen. Aber andererseits auch aktiv auf jüdische Gäste zugehen werden – aber auch aktiv versuchen werden, jüdische Gäste mit Einheimischen in Verbindung zu bringen.»

Dabei handle es sich vor allem um junge Schweizer Juden, die vom jüdischen Gemeindebund eingestellt und bezahlt würden. Auch in Davos ist man über die Sensibilisierungsansätze froh: «Die Aufklärungskampagne muss auf beiden Seiten gehen – dass man etwa jüdischen Frauen nicht die Hand geben soll. Und auf der anderen Seite, dass man Rücksicht nehmen sollte auf die Natur und so weiter», sagte der Davoser Tourismusdirektor Reto Branschi dem SRF. Ob die Kampagne erfolgreich war, darüber wollen wollen die Bündner Tourismusvereine nach der Saison Bilanz ziehen.

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