Handwerker in Konkurs Rechtsstreit um Baloise Park zerstört Kleinbetriebe

smi

9.12.2023

Der Baloise Park mit dem Sitz der Basler Versicherungen und der Baloise Bank SoBa in Basel, am Sonntag, 23. August 2020. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Der Baloise Park mit dem Sitz der Basler Versicherungen und der Baloise Bank SoBa in Basel, am Sonntag, 23. August 2020. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
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Der Baloise Park wurde verspätet fertiggestellt. Die Bauherrin und zwei Generalunternehmer bekämpfen einander vor Gericht. Derweil gehen Handwerker in Konkurs, weil ihre Rechnungen nicht bezahlt werden.

smi

9.12.2023

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Baloise Park in Basel wurde im Herbst 2020 eröffnet.
  • Bis heute warten Handwerksbetriebe, die am Projekt beteiligt waren, auf die Begleichung ihrer letzten Rechnungen.
  • Die Baloise Versicherung als Bauherrin und die beiden Generalunternehmen Steiner AG und Porr Suisse AG liegen bekämpfen einander vor Gericht und machen sich gegenseitig für Verzögerung und Mängel verantwortlich.
  • Der Rechtsstreit könnten noch Jahre dauern. Derweil gehen erste Handwerksbetriebe in Konkurs.

Der Baloise Park ist ein Prestige-Bau mitten in Basel. Doch schon die Eröffnung erfolgte unter Misstönen. «Eine Sauerei» nannte der Verwaltungsrats-Präsident der Baloise das Verhalten der beiden Generalunternehmen in der «Basler Zeitung».

Gemeint sind die Steiner AG und die Porr Suisse AG. Inzwischen bekämpfen sich die drei Unternehmen vor Gericht, wie «Watson» berichtet. Es geht darum, wer für Bauverzögerungen und -mängel verantwortlich ist. Solche Verfahren können Jahre dauern, gibt ein Experte zu Protokoll. 

Das sind verheerende Nachrichten für jene Handwerker, die auf ihren Rechnungen sitzen bleiben. Eine Schlosserei wartet auf 250'000 Franken, darunter aber auch Verfahrens- und Anwaltskosten. Sie hätten einen Kredit aufnehmen müssen, um nicht sofort zahlungsunfähig zu sein, sagt der Inhaber des Familienunternehmens.

Mängel ein Jahr nach Abschluss geltend gemacht

Noch schlechter steht es um Dachdecker Jimmy Musliaj, der bereits Konkurs anmelden musste. 200'000 Franken schulde ihm Porr Suisse. Die Akonto-Rechnungen seien stets bezahlt worden, nie sei seine Arbeit beanstandet worden. Erst die Schlussrechnung über den ausstehenden Betrag sei offen geblieben. Ein Jahr nach Ende der Bauarbeiten meldete Musliaj Konkurs an. Porr wurde mit seiner Forderung konfrontiert. Drei Tage später traf eine Gegenforderung über 200'000 Franken bei ihm ein. Begründung: Mängel an seiner Arbeit.  

Die Schlosserei hat sogar ein unterschriebenes Abnahmeblatt, was bedeutet, dass die Steiner AG keine Mängel festgestellt hat. Trotzdem zahlt sie nicht. 

Auch eine Schreinerei wartet auf 150'000 Franken. Sie sei bezahlt worden, solange die Arbeit noch nicht abgeschlossen war. Erst als sie ihre Aufträge ausgeführt habe, habe der Auftraggeber seine Zahlungen eingestellt. 

Das Konkursamt erklärt, es sei üblich, dass Unternehmen bei Mehrkosten oder Schäden Abzüge bei den Subunternehmern machten – ob berechtigt oder nicht. Zum laufenden Verfahren äussert sich das Konkursamt nicht. Allgemein merkt das Amt an, solche Streitigkeiten seien langwierig und teuer, und es komme vor, dass stärkere Marktteilnehmer dies gegenüber Schwächeren ausnutzten. 

Insider beschuldigt Baloise

Ein Insider des Bauprojekts hat «Watson» Einblicke gewährt. Die Person ist sicher, dass die Bauherrschaft, also die Baloise Versicherung, das Projekt verzögert hat, weil die Eröffnung sonst mitten in die Zeit der Corona-Massnahmen gefallen wäre. Zudem habe der Bau wegen der Pandemie laufend neue Auflagen erfüllen müssen, was den Kostendruck erhöht habe.

Die Baloise Versicherung äussert sich nicht dazu.

Der Insider sagt zudem, das Budget sei von Anfang an so knapp gewesen, dass sich kaum ein Partner habe finden lassen, der das Projekt als Generalunternehmen umsetzen wollte.

Die Steiner AG beschuldigt ebenfalls die Baloise Versicherung, das Projekt verzögert zu haben und die Abnahme des Baus zu verweigern. Dabei habe das Bau- und Gastgewerbe-Inspektorat die Bewilligung erteilt, das Gebäude in Betrieb zu nehmen. Das bedeute, dass keien wesentlichen Mängel bestehen könnten.

Porr Suisse nimmt zu den Vorwürfen ebenfalls nicht Stellung, schreibt Watson.

Kleinbetriebe werden im Streit der Grossen zerrieben

Die drei Unternehmen deckten sich gegenseitig mit Geldforderungen ein, so der Informant. Die kleinen Handwerksbetriebe würden in diesem Kampf einfach zerrieben, weil sie nicht die finanzielle Basis hätten, so lange auf so viel Geld zu warten, geschweige denn, darauf zu verzichten. So beschreibt die «Watson»-Quelle die aussichtslose Situation der KMU.

Kein Trost ist es für sie, dass sie laut Steiner AG einer kleinen Minderheit angehören. Von 120 Subunternehmen hätten nur eine Handvoll noch offene Forderungen. 

Immerhin die Schlosserei sieht Licht am Ende des Tunnels. Seit einigen Monaten stellt sie mit einem Partner-Unternehmen kleine Windturbinen für Einfamilienhäuser her. Der Inhaber des Familienbetriebs erklärt, in Zukunft wolle er sich auf solche Produkte-Innovationen konzentrieren und die Finger vom Baugewerbe lassen.