Credit Suisse in Schieflage Kunden zogen 111 Milliarden Franken ab – in drei Monaten

toko

14.3.2023

Ein Gebäude der Credit Suisse in Zürich-Oerlikon. Die angeschlagene Grossbank steckt auch weiterhin tief in den roten Zahlen und muss hohe Geldabflüsse vermelden.
Ein Gebäude der Credit Suisse in Zürich-Oerlikon. Die angeschlagene Grossbank steckt auch weiterhin tief in den roten Zahlen und muss hohe Geldabflüsse vermelden.
Keystone/Michael Buholzer

Die Credit Suisse kämpft noch immer mit Geldabflüssen und kritisiert ihr eigenes Kontrollsystem. Der verspätete Geschäftsbericht zeigt, dass es bei der Grossbank noch viel zu tun gibt.

toko

14.3.2023

Skandale, Rechtsstreitigkeiten und schlechte Zahlen: 2022 war kein gutes Jahr für die Credit Suisse. Selten stand deshalb der Geschäftsbericht einer Bank derart im Fokus der Schweizer Öffentlichkeit.

Der Report sollte eigentlich schon am vergangenen Donnerstag präsentiert werden, musste aber verschoben werden – wegen einer kurzfristigen Anfrage der US-Börsenaufsicht. Routine oder nicht, der Vorgang passt ins Bild.

Am Dienstagvormittag schliesslich wird der Geschäftsbericht präsentiert. Daraus geht unter anderem hervor, dass das Top-Managment auf Boni verzichten muss. Für die Geschäftsleitung war dieser Schritt bereits bekannt, aber auch Verwaltungsrat und weitere hochrangige Mitarbeiter*innen mussten 2022 kürzer treten.

Verzichten muss das Top-Management gleichwohl nur vorerst. Denn die CS richtet «Transformations-Belohnungen» an wichtige Mitarbeitende in Höhe von 350 Millionen Franken aus. Ausgeschüttet werden diese nur bei der Erreichung bestimmter finanzieller Kennzahlen. 

Finanz-Experte warnt vor CS-Pleite

Versucht die CS damit auch, ihr ramponiertes Images aufzubessern? Schliesslich hat der Ruf der Bank in den vergangenen Jahren massiv gelitten.

Dem Finanz-Experten Robert Kiyosaki zufolge hat Credit Suisse ganz andere Probleme als eine schwache Reputation. Der Geschäftsmann sagte einst nach eigenen Angaben den Börsen-Crash von 2008 voraus — und wurde steinreich, indem er billige Immobilien aufkaufte.

Beim US-Sender Fox Business warnt er nun vor einer Pleite der CS. «Ich glaube, die nächste Bank, die untergeht, ist die Credit Suisse», sagte der Bestseller-Autor in der Sendung «Cavuto: Coast to Coast».

Weiterhin grosse Probleme

Die Sorge wird zwar in dieser Schärfe nicht von allen Analysten geteilt, dennoch hat die Credit Suisse weiterhin mit grossen Problemen zu kämpfen, insbesondere mit weiterhin hohen Geldabflüssen.

Zwar hätten sich die Abflüsse von Kundengeldern auf viel tieferen Niveaus stabilisiert, sie hätten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung aber noch nicht gedreht, heisst es in dem Geschäftsbericht.

Im gesamten Geschäftsjahr 2022 hatten Kunden Vermögen in Höhe von rund 123 Milliarden abgezogen, davon knapp 111 Milliarden Franken im Schlussquartal.

Aus diesem Grund kehrte auch Grossinvestor Harris Associates der Bank kürzlich den Rücken. Vize-Chef David Herro fragte rhetorisch: «Warum soll man in etwas investieren, das Kapital verbrennt, wenn der Rest des Bankensektors es bereits erwirtschaftet?»

Bank rügt eigene interne Kontrollen

Auch das interne Kontrollsystem der Bank steht im Blickpunkt. Die Credit Suisse schreibt in ihrem Geschäftsbericht selbst, dass «das Management keinen wirksamen Risikobewertungsprozess entwickelt und aufrechterhalten hat, um das Risiko wesentlicher falscher Angaben in der Jahresrechnung zu identifizieren und zu analysieren». Das interne Kontrollsystem für die Finanzberichterstattung sei somit in den vergangenen beiden Jahren unwirksam gewesen.

Dieser Ansicht ist wohl auch die hauseigene Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers (PWC), wie Bloomberg berichtet. Demnacht rügt PWC in einer sogenannten «Negativen Stellungnahme» ebenso das Kontrollsystem.

Credit Suisse will nun nach eigenen Angaben weiter an den Kontrollen arbeiten. Dafür würden sicher «erhebliche Ressourcen» benötigt, heisst es.

Lukas Hässig, hat die CS noch eine Chance?

Lukas Hässig, hat die CS noch eine Chance?

Wie es mit der Grossbank Credit Suisse weiter geht – diesen Blick in die Zukunft wagt Journalist und Branchenkenner Lukas Hässig.

09.12.2022

Gemischte Reaktionen

Wenig beeindruckt von den Aussagen von CEO Ulrich Körner an der «Morgan Stanley European Financials»-Konferenz vom Dienstag zeigen sich die Investoren nach der Veröffentlichung des Geschäftsberichts.

Der seit vergangenen Sommer amtierende Chef der Grossbank versicherte, dass die Bank bei ihrer Restrukturierung auf Kurs sei. Er sei «super zuversichtlich», dass die Bank ihre Ziele 2025 erreichen werde, sagte Körner. Das Jahr 2023 dürfte allerdings erneut rot ausfallen.

Auch der CEO Ulrich Körner muss kürzer treten: Er bekommt 2,5 Millionen Franken für 2022. Sein Vorgänger Thomas Gottstein verdiente im Jahr 2021 noch 3,8 Millionen Franken.
Auch der CEO Ulrich Körner muss kürzer treten: Er bekommt 2,5 Millionen Franken für 2022. Sein Vorgänger Thomas Gottstein verdiente im Jahr 2021 noch 3,8 Millionen Franken.
Keystone/Michael Buholzer (Archivbild)

Aktie nach SVB-Pleite stark unter Druck

Die Veröffentlichung des CS-Geschäftsberichts am Dienstag sei «insgesamt als neutral zu werten», kommentierten die Analysten der ZKB. «Die Dividende wird wie angekündigt entrichtet und die Finanzkennzahlen 2022 sowie 2021 und 2020 sind bestätigt.» Keine Überraschung bildet auch der Verzicht auf eine variable Vergütung für die Geschäftsleitung für 2022.

Indessen zeigt sich etwa an den Prämien für Ausfallversicherungen, wie sehr das Vertrauen in die Bank gelitten hat. Wie das «Manager Magazin» berichtet, stiegen Schuldpapiere, sogenannte Credit Default Swaps, auf den Höchstwert von 522 Basispunkten. Dies bedeute, dass Anleger 522'000 Euro (rund 512'000 Franken) bezahlen müssen, um CS-Anleihen im Wert von 10 Millionen Euro gegen Ausfall zu versichern.

Insgesamt ist es keine gute Zeit für Banken. Durch die Insolvenz der Silicon Valley Bank sind Finanztitel im Abwärtstrend. Das Geldhaus finanzierte insbesondere Start-ups aus der Digitalbranche und war im Umfeld des schnell gestiegenen Zinsniveaus in Nöte geraten.

Bereits am Vortag war die CS-Aktie daher gemeinsam mit den Bankenwerten weltweit massiv unter Druck geraten. Es werde sich nun erst weisen müssen, ob die von der US-Notenbank Fed und der Regierung getroffenen Unterstützungsmassnahmen genügten, um das Vertrauen in den Finanzsektor wiederherzustellen, hiess es am Dienstag im Handel.

Mit Material von Keystone-SDA.