«Weltwoche»-Kolumne Wie China positive Schlagzeilen in der Schweiz produziert

Von Philipp Dahm

18.12.2019

«Weltwoche»-Sonderheft: Loblied auf das Reich der Mitte.
«Weltwoche»-Sonderheft: Loblied auf das Reich der Mitte.
Bild: Gemeinfrei

Chinesische Firmen schalten eine Werbe-Offensive in der «Weltwoche» – und Pekings Botschafter hat dort seine eigene Kolumne. 

Schon seit April schreibt Chinas Botschafter in der Schweiz eine monatliche Kolumne in der «Weltwoche». Nun berichtet die «NZZ», dass es für diese Plattform ein quid pro quo gegeben haben soll.

Seit März habe die «Weltwoche» acht ganzseitige Anzeigen von chinesischen Firmen geschaltet – zuvor habe es höchstens Kleinanzeigen solcher Unternehmen gegeben. 

Für Chefredaktor Roger Köppel ist die Kolumne von Geng Wengbing ein Beitrag zur «Völkerverständigung»: Der Gesandte soll die Möglichkeit bekommen, «seine Sicht gegen das verbreitete China-Bashing» einzubringen.

Ein Engagement mit Nebenwirkungen: Das Tiananmen-Massaker wird kurzerhand zu einem «Ereignis» umgedeutet, während die Internierungslager für Uiguren als freiwillige Bildungseinrichtungen verharmlost werden: Deren Besuchern stünde es frei, jederzeit zu kommen und zu gehen. 

Kommt das «Lex China»?

Der «NZZ» sollen Mails vorliegen, die belegen, dass Chinas Botschaft potenziellen Inserenten in Aussicht stellt, die pro Anzeige fälligen Kosten von 10'000 Franken zu übernehmen. Auch wenn die Dokumente keine direkten Gegengeschäfte belegen können, gebe es einen «zeitliche Koinzidenz» zwischen der Werbeoffensive chinesischer Firmen und der Botschafter-Kolumne.

Belagerung der Universität in Hongkong

Roger Köppel hat den Bericht weder dementiert noch bestätigt. Dem «Tages-Anzeiger»  sagte der Journalist aber, dass die «NZZ» dann konsequenterweise auf Anzeigen von Unternehmen verzichten sollte, die ihr Geld auf dem chinesischen Markt verdienten – wenn die Zeitung chinesisches Geld so anrüchig finde. 

Die Enthüllung kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der der Nationalrat über die «Lex China» befinden muss: Die Motion des Walliser CVP-Ständerats Beat Rieder will ein neues Amt schaffen, das ausländische Investitionen prüfen und genehmigen soll. Den Anstoss für die Forderung hat der Verkauf von Syngenta nach Asien im Jahr 2017 gegeben.

In der chinesischen Zwickmühle

Der Ständerat hat das vom Bundesrat abgelehnte Gesetzesvorhaben bereits im Juni durchgewunken. Wenn der Nationalrat zu einem ähnlichen Ergebnis kommt, muss der Bundesrat trotz seiner Vorbehalte ein entsprechendes Gesetz vorschlagen. Und dieser Tage zeigt sich, dass es angebracht ist, einen Sicherheitsabstand zu China zu halten.

Kritik an der eigenen Politik verbittet sich Peking seit je: So musste einerseits die amerikanische Basketball-Liga nach Solidaritätsbekundungen mit den Demonstranten in Hongkong zu Kreuze kriechen, andererseits wurde der englische Fussballklub Arsenal London gerade mit einem Bann belegt, weil sich der Spieler Mesut Özil über die massenhafte Misshandlung der Uiguren aufgeregt hat.

Auch internationale Firmen bekommen zu spüren, was passiert, wenn man auf Zuruf Pekings nicht spurt: Die Liste von Unternehmen, die sich bei China entschuldigen mussten, reicht von A wie Audi bis Z wie Zara.

Den politischen Druck, den China ausüben kann, hatten zuletzt die Färöer Inseln auszuhalten. Ihnen wurde gedroht, man werde ein Handelsabkommen auf Eis legen, falls der Kleinstaat nicht den chinesischen Huawei-Konzern beim Aufbau des nationalen 5G-Netzes berücksichtige.

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