Giftmüll im BodenLonza muss für Deponie-Sanierung teuer bezahlen
smi
15.12.2022
Lonza muss eine Giftmülldeponie sanieren und hat dafür 285 Millionen zurückgestellt. Nun zeigt sich: Die Entsorgung wird viel teurer. Experten rechnen mit Kosten von über einer Milliarde Franken.
smi
15.12.2022, 10:23
15.12.2022, 10:54
smi
Direkt neben dem grössten Werk von Lonza in Visp VS befindet sich ihre teuerste Altlast: Die Giftmülldeponie Gamsenried. Dem Kanton Wallis hat der Pharma-Konzern zugesichert, die Müllhalde zu entsorgen. 285 Millionen Franken hat das Unternehmen dafür zurückgestellt.
Der «Tages-Anzeiger» hat einen Experten für Deponien mit den Fakten konfrontiert. Der Geologe Walter Wildi, emeritierter Professor der Universität Genf, ist überzeugt: «Es ist anzunehmen, dass die Sanierung von Gamsenried mehr als eine Milliarde kostet.» Ein Vertreter der Organisation Ärzte für Umweltschutz geht von 1,5 Milliarden Franken aus. Diese Organisation ist zusammen mit dem WWF und Pro Natura Oberwallis am Konsultationsverfahren beteiligt und deshalb mit den Details vertraut.
Lonza wird dem Kanton weitere finanzielle Garantien geben müssen, hat der «Tages-Anzeiger» aus Behördenkreisen erfahren. Das Pharma-Unternehmen reitet eigentlich auf einer Erfolgswelle und hat allein im ersten Halbjahr 2022 rund 500 Millionen Reingewinn eingefahren. Nicht zuletzt die Herstellung des Corona-Impfstoffs von Moderna hat zu diesem Ergebnis beigetragen.
Die Deponie Gamsenried hat die Grösse von knapp 29 Fussballfeldern (290'000 Quadratmeter). Im Boden sind Quecksilber, Anilin, Benzol sowie das Grundwasser gefährdendes Benzidin, wie ein Untersuchungsbericht des Kantons Wallis auflistet. Laut «Tages-Anzeiger» beläuft sich die Menge an Quecksilber und Anilin auf mehrere Tonnen. Die schwerste Altlast seien 200 Kilogramm Benzidin. All diese Stoffe sind vermischt mit drei Millionen Kubikmetern Bodenmaterial.
Benzidin sei im Grundwasser drei Kilometer talabwärts nachweisbar, so der Walliser Untersuchungsbericht. Walter Wildi warnt, je länger mit der Sanierung gewartet werde, desto weiter verbreiteten sich die Schadstoffe.
Die Gifte hat die Lonza zwischen 1918 und 1978 in der Deponie abgelagert. Die Sanierung, also die sichere Entsorgung der Stoffe, ist nach Schätzung der Ärzte für Umweltschutz in 15 Jahren machbar.
Langer Zeithorizont – weniger Gewinneinbusse pro Jahr
Die Lonza selber hat in einer Studie ermitteln lassen, dass die Sicherungsmassnahmen bis zu 50 Jahre in Anspruch nehmen können.
Dieser lange Zeithorizont könnte auch einen finanziellen Hintergrund haben, denn wenn Lonza die nötigen Kosten auf eine grössere Zeitspanne verteilen kann, wird dies günstiger für das Unternehmen und dessen Aktionäre. Die Rückstellung hat 2021 massgeblich auf den Profit gedrückt. Sollte die Sanierung tatsächlich so teuer werden, wie Experten befürchten, wird das immer wieder Gewinneinbussen verursachen.