Corona-Betrug Ex-Chef der Praxiskette «Mein Arzt» muss die Schweiz verlassen

fn, sda

17.6.2021 - 13:44

Ein zerkratztes Arzt-Schild: Weil seine Praxiskette in Schieflage geriet, hat der damalige Chef von «Mein Arzt» mehrere Millionen Franken Beihilfe zu Unrecht bezogen.
Ein zerkratztes Arzt-Schild: Weil seine Praxiskette in Schieflage geriet, hat der damalige Chef von «Mein Arzt» mehrere Millionen Franken Beihilfe zu Unrecht bezogen.
Bild: Keystone/Georgios Kefalas

Er hat 3,5 Millionen Franken Corona-Hilfen zu Unrecht bezogen: Darum erhält der ehemalige Chef des Praxis-Betreibers «Mein Arzt» eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Nachdem er seine Strafe abgesessen hat, muss er die Schweiz verlassen.

17.6.2021 - 13:44

Das Bezirksgericht Bülach hat den Ex-Chef der Praxiskette «Mein Arzt» wegen Corona-Kreditbetrugs zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, davon muss er zehn Monate absitzen. Er habe nur die Schliessung der Praxen verhindern wollen, argumentierte der 47-jährige Österreicher vor Gericht.

Immerhin habe der Beschuldigte die 3,5 Millionen Franken unrechtmässig bezogener Corona-Kredite nicht für private Zwecke verwendet, sagte der Richter bei der Urteilseröffnung. Das Geld sei ausschliesslich in die Praxiskette geflossen. «Er versuchte, die Hausarztpraxen zu retten. Die Methode war jedoch unlauter.»

Der 47-jährige Österreicher, der die Praxiskette «Mein Arzt» aufgebaut hatte, hatte 22 Corona-Kredite unrechtmässig bezogen. Der Unternehmer wies seine Mitarbeitenden dafür an, auf den Kreditanträgen an die Credit Suisse erfundene Zahlen einzusetzen. Mit den wahren Angaben hätte er nur 690'000 Franken Kredit erhalten, mit den übertriebenen Zahlen wurden es aber 3,5 Millionen Franken.

«Wollte niemandem schaden»

Die falschen Zahlen anzugeben, sei seine Idee gewesen, gab der österreichische Unternehmer am Donnerstag vor Gericht zu. «Aber ich wollte nur eine Katastrophe abwenden. Ich wollte niemandem schaden.» Im vergangenen Frühling, im ersten Lockdown, seien schlagartig drei Viertel der Patienten seiner Hausarzt-Praxiskette weggeblieben.

Die restlichen 25 Prozent hätten aber unbedingt einen Arzt benötigt. «Einfach zuzusperren war deshalb keine Option.» Er habe den Betrieb aufrecht erhalten wollen, um den Patienten Sicherheit zu geben. Als der Schwindel aufflog, standen diese dann trotzdem vor verschlossenen Türen. Die Praxiskette kollabierte, der Unternehmer tauchte unter, wurde aber schliesslich in Italien verhaftet.

Ende Juli wieder in Freiheit

Seit Oktober 2020 sitzt der Österreicher nun im Gefängnis. Weil er von den 36 Monaten Freiheitsstrafe wegen mehrfacher Veruntreuung und mehrfachen Betrugs nur zehn absitzen muss, kommt er bereits Ende Juli wieder frei. Dann hat er genau fünf Tage Zeit, um die Schweiz zu verlassen. Das Gericht verhängte zusätzlich zur teilbedingten Freiheitsstrafe einen Landesverweis von fünf Jahren.

Der Bund wartet derweil nach wie vor auf die Rückzahlung der unrechtmässig bezogenen Gelder. Von den 3,5 Millionen Franken konnte der 47-jährige Unternehmer erst 300'000 Franken zurückzahlen.

Der Prozess fand im abgekürzten Verfahren statt. Das bedeutet, dass der Strafantrag der Staatsanwaltschaft gleich zum Urteil erhoben wurde. Möglich ist dies, wenn ein Beschuldigter geständig ist und dieser «Kurzform» für einen Prozess zustimmt.

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