Änderungen treten in Kraft Neues Waffengesetz: Was nach all den Wortgefechten übrig bleibt

Von Gil Bieler

13.8.2019

Waffen als Faszination: Ein Besucher an der diesjährigen Waffen-Sammlerbörse in Luzern. 
Waffen als Faszination: Ein Besucher an der diesjährigen Waffen-Sammlerbörse in Luzern. 
Bild: Keystone/Alexandra Wey

Nach hitzigen Diskussionen treten jetzt die Änderungen am Waffengesetz in Kraft. Nur «marginal» seien diese, findet Sicherheitspolitikerin Ida Glanzmann-Hunkeler. Tatsächlich kam Bern den Schützen entgegen.

Die Gegner warnten vor einer Entwaffnung der Bevölkerung, die Befürworter vor dem Ende der Schweizer Schengen-Mitgliedschaft. Nach einem emotionalen Abstimmungskampf sagte das Stimmvolk am 19. Mai mit 63,7 Prozent Ja zu einer Revision des Waffenrechts. Damit werden Richtlinien der EU im nationalen Gesetz übernommen.

Nach der Vernehmlassung treten die ersten Anpassungen am Donnerstag in Kraft – und betreffen vor allem halbautomatische Waffen mit grossem Magazin. Diese fallen künftig in die Kategorie «Verbotene Waffen», was bedeutet, dass es für den Erwerb eine Ausnahmebewilligung braucht. Was sich konkret ändert, fasst das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wie folgt zusammen:



– Für den Erwerb bestimmter halbautomatischer Waffen (wie die Sturmgewehre 57 und 90) gelten neue Voraussetzungen, sofern sie nicht direkt von der Armee übernommen werden. Schützen, Sammler und Museen können diese Waffen auch künftig erwerben, brauchen dafür aber eine Ausnahmebewilligung.

– Wer bereits heute eine solche Waffe besitzt, muss nur dann etwas machen, wenn sie noch nicht in einem kantonalen Waffenregister verzeichnet ist. Dann muss er sie innerhalb von drei Jahren anmelden.

– Bei Ordonnanzwaffen, die Armeeangehörige direkt mit ihrem Austritt ins Privateigentum übernehmen, gibt es keine Änderungen.

– Schützen, die eine halbautomatische Waffe kaufen, müssen nachweisen, dass sie entweder Mitglied in einem Schützenverein sind oder regelmässig schiessen. Als «regelmässig» gelten fünf Schiessen in fünf Jahren.

– Sammler müssen beim Kauf weiterer halbautomatischer Waffen nachweisen, dass sie diese sicher aufbewahren und ein Verzeichnis führen.

Ida Glanzmann-Hunkeler, CVP-Nationalrätin und Vizepräsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, spricht von «marginalen Änderungen. Ein paar Leute müssen jetzt ihre Waffen registrieren lassen – und haben dafür drei Jahre Zeit.»

Gebühr halbiert, Reparaturen ausgeklammert

Tatsächlich kam der Bundesrat den Schützen in der Vernehmlassung in einigen Punkten entgegen, wie das EJPD festhält. Wenn etwa jemand eine nur mit Ausnahmebewilligung erhältliche Waffe reparieren lässt, braucht er keine neue Ausnahmebewilligung. Und die Gebühr für eine solche Bewilligung wurde von 100 auf 50 Franken halbiert. Damit kostet sie gleich viel wie ein Waffenerwerbsschein.


Zudem hat der Bundesrat beschlossen, dass die Waffenhändler Zeit bis Dezember erhalten, um ihre Informationsplicht umzusetzen. Ab dann müssen sie den kantonalen Waffenbüros Meldungen zu Beschaffung, Verkauf oder sonstigem Vertrieb von Feuerwaffen erstatten. Zwei weitere Bestimmungen – zur Markierungspflicht und zum Informationsaustausch mit anderen Schengen-Staaten – werden erst später umgesetzt.

«Aus Sicherheitsgründen unnötig»

Ida Glanzmann-Hunkeler sagt, dass die Anpassungen aus Sicherheitsgründen nicht nötig gewesen wären. «Es ging darum, dass die Schweiz im Schengenraum bleiben kann.» Dass die Emotionen im Abstimmungskampf so hochgingen, sei völlig unnötig gewesen. Alles in allem betrachtet sie das Schweizer Waffengesetz als «sehr gut».



Die USA, wo jüngst zwei Massaker Trauer und Entsetzen ausgelöst haben, könnten diesbezüglich «nur von der Schweiz lernen», meint Glanzmann-Hunkeler. Was macht denn die Schweiz besser? «Dass man bei uns einen Erwerbsschein braucht und Waffen nicht einfach nicht einfach im Supermarkt, sondern nur in einem Fachgeschäft kann», findet die Luzernerin. Dadurch wisse man hierzulande besser, wer welche Waffen besitze.

Pro Tell, die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, hat vehement für ein Nein zur Waffengesetz-Revision gekämpft. Man werde jetzt den kantonalen Waffenbüros bei der Umsetzung auf die Finger schauen, erklärt Generalsekretär Robin Udry auf Anfrage. Bei «bürokratischer Übertreibung oder Missbrauch» werde man die Politiker an ihr Versprechen erinnern, dass der zusätzliche administrative Aufwand gering ausfallen werde.

In einem Punkt stimmt Udry mit Glanzmann-Hunkeler überein: Auch er erwartet nicht, dass die Neuerungen zu mehr Sicherheit führen. Im Schweizer Waffengesetz brauche es generell keine weiteren Einschränkungen, es sei «völlig ausreichend». Das zeige «die sehr geringe Anzahl von Problemen, die durch legale Waffen in der Schweiz verursacht werden». Die Schweizer wüssten mit ihren Waffen «respektvoll und vernünftig umzugehen». Udry ist entsprechend der Ansicht, es gebe «keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl legaler Waffen und der Kriminalitätsrate».

Zahl der Waffengesuche steigt

Wirken sich die anstehenden Gesetzesänderungen schon auf die Nachfrage nach Waffenerwerbsscheinen (WES) aus? In einigen Kantonen ja, wie eine Umfrage von «Bluewin» zeigt: In St. Gallen wurden seit Jahresbeginn 1'410 WES erteilt – das sind deutlich mehr als im gleichen Zeitraum 2018 und 2017 (jeweils rund 1'020 WES). Die Kantonspolizei führt die Steigerung «vermutlich» auf die Gesetzesrevision zurück. Wobei ein Erwerbsschein allein noch nichts darüber aussagt, welchen Waffentyp sich ein Gesuchsteller besorgen möchte.

Auch in Graubünden registriert die Kantonspolizei eine «verstärkte Nachfrage»: Im ersten Halbjahr 2019 waren es 581 WES-Gesuche – markant mehr als in der Vorjahresperiode (398). Generell rüsten die Bündner auf: Wurden 2010 noch 409 Feuerwaffen mit einem WES erworben, waren es 2015 bereits 623 und im vergangenen Jahr 721.



Keine signifikante Zunahme gibt es im Kanton Zürich. Dort schwankt die Zahl der seit 2010 ausgestellten WES zwischen 3'181 (2010) und 4'978 (2016). Im letzten Jahr wurden laut Kapo 4'049 WES ausgestellt. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich im Thurgau, wo 2011 noch 741 WES ausgestellt wurden und seit 2016 jeweils über 1'200 WES (Höchstwert: 1'413 im 2017). Im ersten Halbjahr 2019 waren es 878 WES.

Die Kapo Bern gibt keine Zahlen zum laufenden Jahr bekannt. Sie bestätigt aber ebenfalls eine erhöhte Nachrfrage nach WES-Gesuchen im Vergleich zum letzten Jahr. Und auch hier kletterte die Zahl der ausgestellten WES in den letzten Jahren – von 2'400 WES (2010) bis auf 4'487 WES (2016). Im letzten Jahr wurden in Bern 4'069 WES ausgestellt.

Bilder aus der Schweiz

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