Der umstrittene Genfer Staatsrat Pierre Maudet behält die Unterstützung seiner Partei. Die FDP-Basis im Kanton Genf spricht ihm mit 341 Ja zu 312 Nein ihr Vertrauen aus. Der Parteichef tritt aus Protest zurück.
Eine ausserordentliche Versammlung der FDP Genf stellt sich hinter ihren Staatsrat Pierre Maudet, wenn auch nur knapp. Maudet zeigte sich im Anschluss an die Abstimmung, an der 715 Personen teilnahmen, sichtlich erleichtert. 341 Parteimitglieder stellten sich hinter ihn, 312 gegen ihn, 56 enthielten sich der Stimme. Maudet sprach gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA davon, sich Gedanken über das knappe Abstimmungsresultat machen zu wollen.
Zuvor ist eine teils emotionale Debatte innerhalb der Partei geführt worden. Maudet hatte die Mitglieder der FDP darum gebeten, in der Politik bleiben zu dürfen. Er erhielt daraufhin viel Applaus.
«Wir müssen Vorbilder sein»
Er wolle Genf dienen, sagte Maudet weiter. Er entschuldigte sich an der FDP-Generalversammlung zudem für seine Lügen und sein Fehlverhalten. «Ich entschuldige mich nicht um der Form willen oder aus Höflichkeit». Er könne sich selber nicht vergeben. «Wir müssen Vorbilder sein. Aber das heisst nicht, unfehlbar zu sein.»
Die Anhänger des Staatsrates brachten an der Debatte als Argumente hervor, dass Maudet noch nicht verurteilt wurde. Die Gegner hoben dagegen die wiederholten Lügen des Betroffenen hervor. Er habe den Staatsrat, die Kontrollkommission des Grossen Rates, die Presse und die Öffentlichkeit angelogen, schmissen sie Maudet um die Ohren. Es sei nicht normal, dass ein Magistrat lüge, betonte zudem die ehemalige Genfer Staatsrätin Martine Brunschwig Graf. Andere Redner zeigten sich an der Debatte von den Enthüllungen schockiert und einige Parteimitglieder sprachen sogar davon, eine Facette von Maudet entdeckt zu haben, von der sie nicht wussten, dass sie existierem würde.
Parteichef tritt verärgert zurück
Davor hatte der Präsident der Genfer FDP, Alexandre de Senarclens, Maudet zu Beginn der Generalversammlung erneut zum Rücktritt aufgefordert. «Pierre, du hast uns verraten, indem du uns monatelang angelogen hast.» De Senarclens hatte sein politisches Schicksal vom Ausgang der Versammlung abhängig gemacht. «Falls die Basis die Parteileitung desavouiert, indem sie Pierre Maudet unterstützt, werde ich zurücktreten», hatte er angekündigt.
Im Anschluss an die Abstimmung betonte er gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, nunmehr die Wahlen für einen neuen Genfer FDP-Parteipräsidenten vorbereiten zu wollen. Er stehe für das Amt nicht mehr zur Verfügung und bestätigte damit den Rücktritt.
Reisen und Lügen
Nach den Enthüllungen im Zusammenhang mit Maudets Reise nach Abu Dhabi Ende 2015 sowie den Lügen des Staatsrats war die Affäre ins Rollen gekommen und hatte zu der nunmehr für Maudet positiv ausgegangen Abstimmung an der Genfer FDP-Basis geführt.
Unter der Druck der Öffentlichkeit hatte Maudet zugegeben, über die Art und Finanzierung dieser Reise gelogen zu haben. Die von Freunden aus dem Immobiliensektor organisierte Reise wurde von Kronprinz Scheich Mohammed Bin Zayed Al Nahyan bezahlt.
Neue Verdachtsmomente
Die Aufhebung der Immunität Maudets ermöglichte es der Staatsanwaltschaft, den Staatsrat wegen Vorteilsnahme zu verklagen. Der FDP-Politiker und sein ehemaliger Stabschef sind mehrmals von Staatsanwälten angehört worden.
Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft auch wegen des Verdachts, dass Maudet möglicherweise Vorteile durch die Genfer Hotelgruppe Manotel angenommen hat. Zwei Verbände, dem Cercle Fazy-Favon und dem Verein zur Unterstützung von Pierre Maudet, die von Manotel insgesamt 105'000 Franken erhalten haben, stehen ebenfalls im Visier der Justiz.
Zurück zur Startseite