Postauto-Skandal Post-Verwaltungsrat soll Schwindel angeschoben haben

SDA/gbi

20.2.2020

Der ehemalige Post-Präsident Peter Hasler widerspricht den Schlussfolgerungen des «Blick» – hier 2016 an der Seite der damaligen Post-Konzernleiterin Susanne Ruoff. 
Der ehemalige Post-Präsident Peter Hasler widerspricht den Schlussfolgerungen des «Blick» – hier 2016 an der Seite der damaligen Post-Konzernleiterin Susanne Ruoff. 
Archivbild: Keystone

Neue Erkenntnisse im Postauto-Skandal: So soll der Post-Verwaltungsrat über die illegalen Bilanz-Tricksereien nicht nur im Bild gewesen sein – er soll sogar aktiv auf die Verschleierung von Gewinnen gedrängt haben.

Die Postauto-Affäre hat die Post im Jahr 2018 gründlich durchgerüttelt: Post-Chefin Susanne Ruoff trat im selben Jahr zurück, nur wenig später nahm auch Vizepräsident Adriano Vassalli seinen Hut. Alle Mitglieder des Verwaltungsrats von Postauto traten zurück. Zuletzt kam auch die damals zuständige Bundesrätin Doris Leuthard in Erklärungsnot.

Der «Blick» berichtet nun, dass der Post-Verwaltungsrat den buchhalterischen Tricks beim Tochterunternehmen entscheidend Vorschub geleistet habe. Dabei beruft sich die Zeitung auf ein Protokoll einer Verwaltungratssitzung vom 26. Juni 2013, das ihr in Auszügen vorliege.

Worum ging es nochmal? Im Februar 2018 hatte das Bundesamt für Verkehr (BAV) erklärt, dass die Postauto AG von 2007 bis 2016 Gewinne verschleiert hatte. Dadurch konnte sie überhöhte Subventionen von Bund und Kantonen beziehen. Insgesamt muss Postauto mehr als 200 Millionen Franken zurückbezahlen.

Diskussionen über «Gewinnverbot»

Dabei muss man wissen: Gemäss Gesetz darf Postauto im subventionierten Regionalen Personenverkehr keinen Gewinn einfahren. An besagtem Treffen ging es offenbar darum, wie dieses «Gewinnverbot» umgangen werden könnte. Im Protokoll heisse es: «Es kommt die Frage auf, ob bei ‹Gewinnverbot› im ÖV die Gewinne nicht einfach verschoben werden können. Hier untersucht Postauto gemeinsam mit Finanzen (sic!) wie dies möglich wäre, dies sei jedoch nicht einfach umsetzbar.»



Für die Zeitung ist damit klar, dass der Post-Verwaltungsrat ab 2013 wusste, wie heikel die Buchungstricks sind und sich deshalb im Protokoll derart verklausuliert ausdrückte. Das Gremium stand damals unter der Leitung von Peter Hasler.

Hasler widersprach dieser Schlussfolgerung. Dem «Blick» sagte er, zwar sei wohl über Gewinne und Gewinnverschiebungen gesprochen worden. Doch: «Niemand im damaligen Verwaltungsrat hat je darunter verstanden, dass das ungesetzliche oder irgendwie unkorrekte Vorgänge seien.»

Bundesrat will Gesamtbilanz ziehen

Post-Sprecherin Léa Wertheimer sagte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, das Verwaltungsratsprotokoll sei seit längerem bekannt und im Bericht der externen Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard erwähnt. Die Post könne sich zu ihrem Aufsichtsgremium nicht äussern, erklärte sie weiter. Das sei Sache des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).



Der Bundesrat erklärte sich am Donnerstag bereit, nach Abschluss des beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) laufenden Verwaltungsstrafverfahrens in einem Bericht eine Gesamtbilanz der Postauto-Affäre zu ziehen. Das schreibt er in seiner Antwort auf ein Postulat der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission.

Im Bericht sollen unter anderem die finanziellen Folgen für den Bund und die Notwendigkeit von rechtlichen Anpassungen dargelegt werden. Auch soll eine vertiefte Prüfung der Finanzflüsse zwischen Postauto und Carpostal France erfolgen.

Zudem schreibt der Bundesrat zu weiteren hängigen Vorstössen, dass er mit der geplanten Botschaft zur Reform des regionalen Personenverkehrs weitere Verbesserungsvorschläge prüfen werde – darunter ein allgemeines gesetzliches Verbot, im subventionierten Bereich Gewinne zu erwirtschaften. Auch eine Verschärfung der Aufsicht werde zu diskutieren sein.

Eine externe Untersuchung über die Aufsichtstätigkeit des Bundes zwischen 2007 und 2015 lehnt der Bundesrat dagegen ab. Eine solche würde seiner Ansicht nach keine neuen Erkenntnisse zutage fördern.

Untersuchungen gegen Ex-Kader

Die Untersuchung der Anwaltskanzlei Kellerhals Carrard geht aus Gründen der Verjährung nur bis ins Jahr 2007 zurück. Die externen Experten hatten jedoch angegeben, dass die Buchungsmanipulationen schon in den 1990er-Jahren begonnen haben könnten. Das geht aus einem Mitte November 2019 veröffentlichten Bericht der Geschäftsprüfungskommission hervor. Eine interne Untersuchung der Post konnte unrechtmässige Buchungen nur bis 2004 zurückverfolgen.



Das Bundesamt für Polizei (Fedpol) führt wegen der Bilanzmauscheleien gegen sechs Ex-Kader der Post Verwaltungsstrafverfahren. Es sind: Der ehemaligen Postauto-Chef Daniel Landolf und sein Finanzchef, der frühere Post-Finanzchef Pascal Koradi, der Postauto-Teilmarktleiter West und spätere Präsident von Carpostal France André Burri sowie zwei weitere Postauto-Marktleiter. Sie stehen im Verdacht, in den Subventionsbetrug verwickelt zu sein. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein zivilrechtliches Vorgehen gegen Landolf oder Koradi will die Post prüfen, wie Wertheimer weiter mitteilte. Das laufende strafrechtliche Verfahren des Fedpol geht aber vor, sodass die Post ihre eigenen Abklärungen nicht weitertreiben kann und auf die Resultate des Fedpol wartet.

Die Post hat die Konsequenzen aus den Bilanztricksereien ihrer Personentransporttochter gezogen. Sie trennte sich von allen Geschäftsleitungsmitgliedern der Postauto AG. Der Bereich wurde neu organisiert. Das Transferpreiskonzept «Impresa» wurde abgeschafft. Für Postauto gibt es keine Gewinnvorgaben mehr wie für andere Konzernteile der Post.

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