Wintersport Rekordgewinn – aber trotzdem sind die Bergbahnen in Bedrängnis

Von Julia Käser

17.1.2020

Obwohl die Gästezahlen der Bergbahnen wieder stimmen, können viele Betreiber kaum aufatmen.
Obwohl die Gästezahlen der Bergbahnen wieder stimmen, können viele Betreiber kaum aufatmen.
Bild: Keystone/Archiv

Gutes Wetter, sinkende Hotelpreise: Fast die Hälfte aller Bergbahnen konnte im letzten Winter laut einer Studie Rekordgewinne verzeichnen. Trotzdem machen ihnen andere Aspekte zu schaffen. 

Vermeintlich gute Neuigkeiten aus dem Schnee: Knapp die Hälfte der Bergbahnen verzeichnete im vergangenen Winter Einnahmen in Rekordhöhe. Das zeigt eine neue Untersuchung von Philipp Lütolf der Hochschule Luzern, über die das «St. Galler Tagblatt» berichtet. So haben im Winter 2018/2019 insgesamt 45 Prozent aller Bergbahnbetreiber höhere Einnahmen generiert als in den bis anhin besten Jahren zwischen 2008 und 2011.

Doch trotz diesem ­– für die Bergbahnen erfreulichen – Befund äussert sich der Präsident von Graubünden Ferien, Jürg Schmid, gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» wenig euphorisch. Nur weil die Gästezahlen nach einigen Jahren wieder stimmten, bedeute das nicht, dass sich die finanzielle Lage entspannt hätte, so sein Fazit.

Noch immer weniger Gäste, dafür höhere Kosten

Das Wetter passt, die Hotelpreise sind gesunken und aus der Gondel blickt man auf dicht befahrene Pisten herunter – doch laut Schmid sind es vor allem die laufend anstehenden Investitionen, die das Budget der Bergbahnbetreiber erheblich belasteten. Diese werden immer kostspieliger.

Auch Roland Zegg, Inhaber der Firma Grischconsulta, die Bergbahnen berät, sagt zu «Bluewin»: «Die Gästezahlen sind gestiegen, liegen aber noch immer rund 15 Prozent unter jenen der Rekordwinter zwischen 2007 und 2009. Gleichzeitig sind die Kosten für die Instandhaltung, die Sicherheitsanforderungen und die Qualitätsansprüche der Gäste gestiegen.»



Während Bergbahnbetriebe in grossen und sehr hoch gelegenen Gebieten sowie jene auf Ausflugsbergen diese Kosten decken könnten, sei eine grosse Zahl kleiner und mittelgrosser Betriebe nicht in der Lage, dies aus eigener Kraft zu tun, führt Zegg aus.

Trend in Richtung Mehrklassen-Gebiete

Bräuchten diese Skigebiete folglich noch mehr Gäste? «Problematisch sind die hohen Schwankungen zwischen den unterschiedlichen Tagen», erklärt Zegg. Etwa in der Vorsaison oder im Januar unter der Woche seien höhere Gästezahlen wünschenswert. «Gleichzeitig will keiner an Spitzentagen noch mehr Leute auf den Pisten.»

Tatsächlich planen erste Gebiete bereits eine Gäste-Limitierung, beispielsweise die Jungfraubahnen. So sollen ab nächstem Winter pro Tag nicht mehr als 17'800 Ski- und Snowboardfahrer im Gebiet Wengen und Grindelwald unterwegs sein dürfen. Diese Limitierung dient gemäss Zegg der Qualitätssicherung.

«Der Trend geht in Richtung Mehrklassen-Gebiete, wenn man das so nennen will. Vermehrt werden Gruppen von Gebieten, eine bestimmte Klientel anziehen», sagt Zegg. Da seien einerseits die grossen Skigebiete in hoher Lage und mit über 200 Pistenkilometern, die exklusive Angebote wie beheizte Sessellifte anbieten könnten.

Experte erwartet keine Schliessungen

Andererseits bildet sich laut dem Tourismus-Experten die Gruppe der mittelgrossen Gebiete, die vor allem auf Familien ausgerichtet sind. Der Hasliberg sei ein Beispiel dafür. Und schliesslich gebe es die kleinen Skigebiete mit moderatem Angebot, aber auch entsprechend tiefen Preisen.



Dass Bergbahnen in kleinen oder mittelgrossen Gebieten schliessen müssen, erwartet Zegg trotz der wirtschaftlichen Schwierigkeiten kaum: «Marktbereinigungen sind gesund, tatsächlich finden sie aber kaum statt.» Ein Gebiet in finanzieller Notlage finde fast ausnahmslos Investoren – nicht selten in Form der Standortgemeinde oder einer beliebigen lokalen Gruppierung: «Es wird befürchtet, dass die Bahn-Schliessung für das ganze Tal einen Verlust an Wirtschaftskraft bedeutet oder die Standortregion gar an Wertschöpfung einbüsst.»

Zu guter Letzt seien auch ausländische Investoren interessiert. Gerade wenn die globale Wirtschaftslage unsicher ist, sind Investitionen in den Schweizer Tourismus laut Zegg beliebt: «Sie gelten als sehr sicher.»

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