Strom-KnappheitRösti will mehr Gaskraftwerke, Experten sehen schonendere Alternativen
smi
5.5.2023
Albert Rösti will weitere Gaskraftwerke bauen lassen, um eine Strommangellage zu verhindern. Expert*innen aus Wissenschaft, Politik und Stromwirtschaft sehen günstigere und klimafreundlichere Lösungen.
smi
05.05.2023, 12:23
05.05.2023, 15:03
smi
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Bundesrat Rösti will weitere Gaskraftwerke bauen lassen, um eine Strommangellage sicher zu verhindern.
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher kritisiert, Gaskraftwerke seien zu teuer.
Fachleute aus Politik, Energiewirtschaft und Wissenschaft kritisieren Gaskraftwerke als zu teuer und zu klimaschädlich.
Eine wissenschaftliche Studie zeigt, wie die Schweiz ihren Strombedarf ab Winter 2024-25 sicher decken kann, ohne weitere Gaskraftwerke als Reserve bauen zu müssen.
Energieminister Albert Rösti will eine mögliche Strommangellage mit weiteren Gaskraftwerken verhindern. Eine Milliarde Franken soll das Parlament dafür sprechen. Die öffentliche Ausschreibung soll im kommenden Sommer erfolgen.
Dass der Schweiz der Strom ausgeht, ist weiterhin möglich. Da ist zum einen die Drohung der EU, die grenzüberschreitende Netzkapazität um 70 Prozent zu reduzieren, sollte kein Stromabkommen mit der Schweiz erreicht werden – was die unabdingbaren Stromimporte stark reduzieren würde. Zum anderen könnte der Ausfall des AKW Beznau im Spätwinter, wenn die Speicherseen bereits fast leer sind, die Mangellage auslösen.
Gegen Röstis Rezept zusätzlicher Gaskraftwerke regt sich Kritik – unter anderem aus dem bürgerlichen Lager wie auch aus der Wissenschaft, schreibt die «NZZ». Es gebe ökologischere und kostengünstigere Alternativen, die die Strommangellage ebenso sicher verhinderten wie teure und umweltschädliche Gaskraftwerke.
Im März hat die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW eine Studie veröffentlicht, deren zentrale Aussage ist, dass mit Gas betriebene Reservekraftwerke nicht nur nicht nötig seien, sondern auch zu spät einsatzbereit wären, um eine Strommangellage zu verhindern.
Jürg Rohrer von der ZHAW rät hingegen: «Eine verbindliche Speicher-Wasserkraftreserve in Verbindung mit einem raschen Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion sowie Effizienzmassnahmen wäre die beste Lösung für eine sichere Stromversorgung der Schweiz.»
Die Gaskraftwerke müssten gemäss ZHAW-Analyse schon Wochen vor einem Ausfall der Atomreaktoren in Betrieb gehen. Dies sei nötig, um die Speicherseen zu schonen. «Bei einem überraschenden Ausfall von AKW könnten die fossilen Kraftwerke deshalb eine Strommangellage kaum verhindern – ihr Einsatz käme zu spät», steht für die ZHAW-Forscher fest.
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher kritisiert besonders das Kosten-Nutzen-Verhältnis weiterer Gaskraftwerke. Letztlich müssten die Konsument*innen dafür bezahlen. Zudem sei die Elcom-Studie von 2021, auf die sich Bundesrat Rösti weiterhin stützt, inzwischen überholt, so die St. Galler Nationalrätin weiter.
Auch die Geschäftsführerin des Energieversorgers Alpiq, Antje Kanngiesser, hält nichts von weiteren Gaskraftwerken. Strom mit Gas zu erzeugen, mache den Klimawandel noch schlimmer und dessen Bewältigung noch teurer, hat sie in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» gesagt.
Christian Zeyer, Co-Geschäftsführer des Verbands Swisscleantech, hat zusammen mit Jürg Rohrer von der ZHAW einen Vorschlag ausgearbeitet, wie die Schweiz ab Winter 2024/25 ihren Strombedarf sicher decken könne und welcher 85 Prozent weniger koste als der Bau weiterer Gaskraftwerke. Die Kernelemente: grössere Wasserkraftreserven, schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien, Einbezug bestehender Notstrom-Aggregate und Stromsparmassnahmen.
Das Bundesamt für Energie setzt vorerst weiter auf zusätzliche Gaskraftwerke. Sie seien aus heutiger Sicht nötig, sagt Sprecher Fabian Lüthi zur NZZ. Ob aber alle geplanten Kraftwerke in Auftrag gegeben würden, sei unsicher.
Im Sommer muss Energieminister Albert Rösti das Parlament dafür gewinnen, die Mittel für weitere Gaskraftwerke zu sprechen.
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