Tabubruch wegen Gesundheitskosten Santésuisse will Kantonen die Spitalplanung entziehen – Bund soll übernehmen

SDA/dor

27.9.2023 - 04:50

Krankenkassenprämien steigen 2024 im Schnitt um 8,7 Prozent

Krankenkassenprämien steigen 2024 im Schnitt um 8,7 Prozent

Die Krankenkassenprämien steigen 2024 um 8,7 Prozent. Die mittlere Monatsprämie wird sich auf 359.50 Franken belaufen. Grund sind markant gestiegene Gesundheitskosten und weitere Faktoren.

26.09.2023

Wenn es nach Martin Landolt geht, sollen die Kantone bei der Spitalplanung – und der Ärztezulassung –  entmachtet werden. Nur so liessen sich die steigenden Gesundheitskosten senken, sagt der Präsident des Krankenkassenverbandes Santésuisse.

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  • Die Prämien steigen 2024 so stark wie seit Jahren nicht mehr. Nun will Martin Landolt, Präsident des Krankenkassenverbandes Santésuisse, den Kantonen die Spitalplanung entziehen.
  • Er verlangt, dass die Kantone nicht mehr Eigentümer, Betreiber und Tarif-Festsetzer von Spitälern sein sollen.
  • Stattdessen soll sich künftig der Bund darum kümmern.
  • Auch die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten soll seiner Ansicht nach national geregelt werden.
  • Für Landolt ist der einzige Weg dorthin eine Volksinitiative.
  • 2024 wird die monatliche Prämie im landesweiten Schnitt 8,7 Prozent mehr kosten.

Santésuisse-Präsident Martin Landolt will den Kantonen die Spitalplanung entziehen. An ihrer Stelle soll sich künftig der Bund darum kümmern und für mehr Effizienz sorgen, sagte Landolt in einem Interview mit den Zeitungen von Tamedia (Mittwochausgabe). Landolt will dafür eine Volksinitiative ausarbeiten lassen. So könne die Bevölkerung an der Urne sagen, «sie wolle diese vielen und teuren Spitäler nicht mehr, die ihre Prämien in die Höhe treiben», so Landolt.

Die Kantone seien in einem «gigantischen Interessenkonflikt» gefangen, sagte der Santésuisse-Präsident weiter. Die Schweiz leiste sich dadurch «überteuerte und überflüssige» Spitäler. Dadurch würden die Kosten im Gesundheitswesen in die Höhe getrieben.

«Wenn top-down entschieden wird, ist die emotionale Nähe weg, und die Entscheide werden objektiver», sagte der abtretende Mitte-Nationalrat (GL) Landolt. Auch die Zulassung von Ärztinnen und Ärzten soll seiner Ansicht nach national geregelt werden.

Nationale Spitalplanung: Lösung für den Fachkräftemangel

Nächstes Jahr will Landolt zu seinem Vorschlag eine entsprechende Initiative ausarbeiten lassen. Dann wolle er Gespräche mit Parteispitzen, Verbänden und Interessengruppen führen.

Mit der Initiative soll einerseits die nationale Planung erreicht und andererseits «minimalen regionalen Bedürfnissen» Rechnung getragen werden. In einer nationalen Spitalplanung sieht Landolt zudem eine Lösung für den Fachkräftemangel. In der Summe bräuchte es weniger Personal, sagte er.

Im Interview betonte der Vertreter der Krankenkassen, dass diese nicht zur Kostensteigerung im Gesundheitswesen beitragen würden. Vielmehr würden sie sich für tiefere Prämien einsetzen.

«Wenig Tatendrang»

Für den Anstieg der Krankenkassenprämien um durchschnittlich 8,7 Prozent sind laut Landolt mehrere Akteure verantwortlich. «Es ist eine Kumulation verschiedener politischer Instanzen, die wenig Tatendrang zeigen», sagte er. Von Gesundheitsminister Alain Berset hätte sich Landolt zwischendurch ein Machtwort gewünscht.

Die Krankenkassenprämien steigen 2024 so stark wie seit über zehn Jahren nicht mehr. Ausschlaggebend für die Prämienerhöhung sind die Kosten, wie das Bundesamt für Gesundheit am Dienstag mitteilte. Diese stiegen seit dem zweiten Halbjahr 2021 und besonders im Verlauf des Jahres 2023 stärker als erwartet. Mehr Arztbesuche und ambulante Spitalleistungen sowie mehr und teurere Medikamente verursachten den Schub. Die Prämieneinnahmen decken 2023 die Kosten von etwa 35 Milliarden Franken zulasten der Krankenkassen nicht. Das war schon 2022 der Fall.