Schlieren «Willkürlicher Entscheid» – Iraner wurde Schweizer Pass zu Unrecht verwehrt

twei

27.7.2020

Der Streit um die Einbürgerung eines 60-jährigen Iraners ging nun bis vor das Verwaltungsgericht Zürich. (Symbolbild)
Der Streit um die Einbürgerung eines 60-jährigen Iraners ging nun bis vor das Verwaltungsgericht Zürich. (Symbolbild)
Bild: Keystone

Wirtschaftlich erfolgreich, keinen Eintrag im Strafregister – und trotzdem keine Chance auf einen Schweizer Pass? Ein Iraner wollte sein Scheitern beim Einbürgerungstest nicht hinnehmen – nun gab ihm das Gericht recht. 

Seit beinahe 20 Jahren lebt ein 60-jähriger Iraner in Schlieren (ZH). Als Geschäftsmann hat er ein Unternehmen gegründet, wirtschaftet solide. Schulden hat der Mann ebenso wenig wie Vermerke im Strafregister. Und die Kinder des 60-Jährigen und seiner Frau wuchsen in der Schweiz auf. Eine Einbürgerung des Mannes hat die Stadt Schlieren dennoch abgelehnt, wie der «Tages-Anzeiger» berichtet. Er sei zu wenig integriert, so die Begründung der Schlieremer Bürgerrechtskommission.

Das Gremium verwies auf einen Einbürgerungstest, den der gebürtige Iraner zweimal erfolglos absolviert hatte. Einsicht in die Tests wurden dem Mann zunächst verweigert – bis er Rekurs einlegte. Wie er dabei herausfand, war er denkbar knapp gescheitert. Zu den notwendigen 60 Punkten fehlte ihm nur gerade ein halber Punkt. Ausschlaggebend waren unter anderem die Bereiche «Kanton» und «Schlieren».



Weil ein erneuter Rekurs des Iraners vom Bezirksrat Dietikon abgewiesen wurde, zog er vor das Verwaltungsgericht Zürich, wo ihm Ende Juni recht gegeben wurde. Von dem misslungenen Test auf eine unzureichende Integration des Bewerbers zu schliessen, sei nicht verhältnismässig. Das Gericht nannte den Entscheid sogar «willkürlich und überspitzt formalistisch».

Prüfung von «irrelevantem Spezialwissen»

Nicht nur am Entscheid, sondern auch an der Prüfung selbst liess das Gericht kein gutes Haar. Der Test solle feststellen, ob der Kandidat über Grundkenntnisse und das Allgemeinwissen eines durchschnittlichen Schlieremer Bürgers verfüge. «Die Wiedergabe auswendig gelernter Jahreszahlen ist kaum geeignet, die Vertrautheit mit den lokalen Verhältnissen zu belegen», heisst es vonseiten des Gerichts.



Der Iraner sei auf «irrelevantes Spezialwissen» hin geprüft worden. Unter anderem hätte er wissen sollen, wann der Betrieb des Trolleybus zwischen Schlieren und dem Farbhof in der Nachbargemeinde Zürich eingeführt worden ist. Auch eine weitere Frage aus dem Bereich «Kanton» wurde vom Verwaltungsgericht exemplarisch genannt. 

Bürgerrechtskommission lenkt ein

Die Aussage: «Die Stärke der Zürcher Wirtschaft sind die Klein- und Mittelbetriebe», die der Bewerber mit «Ja» oder «Nein» beantworten sollte, beinhalte ein «stark wertendes Element». Zudem sei in der Vorbereitungsbroschüre eine bewusste Irreleitung enthalten. Dort wird auf die besondere Bedeutung von Banken und Versicherungen für Zürich verwiesen. Weiterhin legte das Gericht der Bürgerrechtskommission zur Last, dass man den Mann nicht zu einem Einbürgerungsgespräch eingeladen habe.

Bei der Bürgerrechtskommission hat man unterdessen eingelenkt und ausserdem die Prüfung «wesentlich vereinfacht», wie der Schlierener Stadtpräsident Markus Bärtschiger (SP) bekannt gab. Zudem würden neu alle Anwärter auf eine Schweizer Staatsbürgerschaft zu einem Integrationsgespräch eingeladen, Testresultat hin oder her. Auch der Iraner, der die Sache in Gang gebracht hatte, wurde unterdessen zu einem solchen Gespräch eingeladen.

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