Medien Entscheid für Kampfjet F-35: «Modernstes Modell, umstrittenste Wahl»

sda

1.7.2021 - 03:58

Kampfjet F35-A

Kampfjet F35-A

30.06.2021

Verteidigungsministerin Viola Amherd hat militärisch überzeugend dargelegt, weshalb sich der Bundesrat bei der Kampfjet-Beschaffung für den US-Typ F-35 entschieden hat. Politisch und finanziell bleiben jedoch Fragen, wie es in Kommentaren der Schweizer Medien heisst.

1.7.2021 - 03:58

Juristisch habe der Bundesrat bei seinem Kampfjet-Entscheid kaum Spielraum gehabt, kommentiert die «Neue Zürcher Zeitung». Er habe dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag erteilen müssen. Der Abstand zu den anderen Kandidaten sei schlicht zu gross gewesen, um politische Aspekte zu berücksichtigen.

Als politische Handwerkerin und Juristin habe Amherd in den letzten Monaten clever gearbeitet. Doch Juristerei allein reiche nicht. Jetzt müssten die Gründe auf den Tisch, weshalb die Schweiz einen Kampfjet brauche, und zwar ausgerechnet den F-35, das modernste Modell, aber auch die umstrittenste Wahl.

Es sei zweifellos richtig, dass der Bundesrat das Verhältnis von Kosten und Nutzen hoch gewichtet habe, kommentieren die Medien der Tamedia-Gruppe den Typenentscheid. Dennoch blieben wichtige Fragen offen. Der F-35 sei unter dem Strich eine teure Variante.



Kritiker sind per se gegen Kampfjets

Mehrere Staaten seien nämlich nach der Beschaffung von Kostenüberschreitungen überrascht worden. Der Bundesrat müsse erklären, wie er sicherstellen wolle, dass die versprochenen Betriebskosten dieses Mal nicht überschritten würden.

Die Schweiz solle jenen Jet nehmen, der am besten geeignet sei. Welcher Typ das sei, hätten Experten in jahrelangen Tests geklärt. Der Bundesrat mache genau das Richtige. Er kaufe dasjenige Flugzeug, das bei der Evaluation gewonnen habe, schreibt der «Blick».

Wer glaube, dass sich die Kritiker im linken Spektrum wirklich um die Qualität oder die Herkunft der Flugzeuge sorgten, sei naiv. Dieses Kreise wollten jedes Kampfflugzeug verhindern, und zwar immer mit dem Argument, das gerade am besten ziehe.



Tarnkappen-Jet – ein Alleskönner

Mit ihrem Entscheid, insgesamt 36 Kampfflugzeuge für gut 5 Milliarden Franken des Typs F-35 zu kaufen, habe sich Amherd im Bundesrat gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt. Schon an der Medienkonferenz habe sich gezeigt, dass es viele offene Fragen gebe, schreibt der Kommentator der CH-Medien-Gruppe.

Es stehe weiterhin der Verdacht im Raum, dass die von Anfang an offensiv auftretenden Amerikaner den Schweizer Wettbewerb mit Versprechen für sich entschieden hätten, die sie nicht alle würden einhalten können. Doch das wäre wohl auch bei der Wahl eines europäischen Kampfjets der Fall gewesen.

Das Tarnkappen-Flugzeug F-35 sei ein wahrer Tausendsassa, kommentiert die «Südostschweiz» den Typenentscheid. Damit halte der Bundesrat die Versprechen vor der Volksabstimmung über den neuen Kampfjet vom letzten Jahr ein, als es um den Kreditrahmen ging.

Die Schweizer Zeitungen sehen den Typenentscheid bei der Kampfjet-Beschaffung auf guten Wegen. (Archivbild)
Die Schweizer Zeitungen sehen den Typenentscheid bei der Kampfjet-Beschaffung auf guten Wegen. (Archivbild)
Bild: Keystone

Dennoch werde in der Flugzeugbeschaffung keine Ruhe einkehren, heisst es mehr oder weniger unisono in allen Kommentaren. Das linksgrüne und armeekritische Lager habe bereits eine Volksabstimmung für den Fall lanciert, dass der Bundesrat einen amerikanischen Kampfjet kaufen wolle.

Amherd und der Bundesrat würden noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, so auch innerhalb des derzeit gespaltenen Lagers der Kampfjet-Befürworter. Sollte der F-35 vor dem Volk oder schon im Parlament abstürzen wie einst der Grippen, wäre das fatal, heisst es im Kommentar der CH-Medien-Gruppe weiter.

Banger Blick nach Europa

Alle Kommentatoren setzen zudem Fragezeichen im Hinblick auf die Absage an die europäischen Anbieter von Kampfflugzeugen. Wie schaffe es der Bundesrat, dass der Entscheid die Beziehungen zu Europa nach dem Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen nicht noch weiter verschlechtere, fragt der Kommentator in den Tamedia-Medien.

Das Verhältnis zur EU sei nicht geklärt, heisst es auch im Kommentar der NZZ. Der Entscheid könne als Abkehr von Europa gelesen werden. Umso wichtiger sei es, dass der Bundesrat sicherheitspolitisch auf die Nachbarländer zugehe, die mit ihren Angeboten für neue Kampfflugzeuge unterlegen seien. Amherd sei gefordert.

sda