Besuch im Pestalozzi-Kinderdorf: «Wir sind hier an einem sicheren Ort»
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden verzeichnet gemessen an der Einwohnerzahl besonders viele Flüchtlinge. Im Pestalozzi Kinderdorf in Trogen leben 70 Ukrainer*innen – ein Besuch in der Ostschweiz.
12.05.2022
Der Kanton Appenzell Ausserrhoden verzeichnet gemessen an der Einwohnerzahl besonders viele Flüchtlinge. Im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen leben 70 Ukrainer*innen – blue News hat Staatssekretärin Christine Schraner Burgener in die Ostschweiz begleitet.
Rund 50'000 Ukrainer*innen suchten und fanden bisher in der Schweiz Zuflucht. Wie ein Besuch im appenzell-ausserrhodischen Trogen zeigt, war der Ostschweizer Kanton besonders stark gefordert.
Denn aktuell sind mit 568 Personen rund doppelt so viele im Kanton, wie der Verteilschlüssel des Bundes eigentlich zulassen würde, sagte Regierungsrat Yves Noël Balmer (SP) am Donnerstag vor den Medien. «Der Grund hierfür sind mehrere private Initiativen, welche viele Menschen aus der Ukraine hierher geführt haben.»
Rund 70 davon sind aktuell im Kinderdorf Pestalozzi in Trogen untergebracht. In der heute knapp 2000 Einwohner*innen zählenden Gemeinde wurde das Kinderdorf 1946 gegründet, um Kinder vor den Folgen des Kriegs zu schützen. Heute dient es Schulklassen aus der ganzen Schweiz als Ort für Ferienlager.
Künftig ein grösseres Augenmerk auf die Einzelfälle
Am Donnerstag stattete Christine Schraner Burgener, Staatssekretärin für Migration, dem Kinderdorf einen Besuch ab und tauschte sich mit der jungen Mutter Maryna Hryshai aus. Sie war im März in die Schweiz geflüchtet (siehe Video).
«Wir sind hier an einem sicheren Ort. Wenn man Kinder hat, ist das das Wichtigste», sagte die junge Ukrainerin.
«Solche Schicksale gehen unter die Haut», sagte Schraner Burgener im Anschluss an das Treffen.
Jüngst gab das SEM bekannt, dass man bis im Herbst mit zwischen 80'000 und 120'000 Flüchtlingen aus der Ukraine rechne.
«Dass die Umverteilung zu Frustrationen führt, haben wir sogar erwartet.»
Christine Schraner Burgener
Staatssekretärin für Migration
Obwohl man anfänglich nicht gewusst habe, wie viele Menschen in die Schweiz kommen würden, verlaufe es weitestgehend gut. In den vergangenen Wochen wurde jedoch Kritik am SEM laut. Dass Ukrainer*innen, die sich bereits in einem Kanton niedergelassen haben, in einen anderen Kanton umplatziert werden, war umstritten.
«Wir merkten, dass viele nach Genf, Waadt, Bern, Aargau und Zürich gingen, wo bereits vor dem Krieg am meisten Ukrainer*innen gelebt hatten», so Schraner Burgener. Dies habe dazu geführt, dass gewisse Kantone überlastet gewesen seien.
Gemeinsam habe man entschieden, die Verteilung nach dem Kantonsschlüssel auszugestalten, wie man sie im regulären Asylwesen handhabt. «Dass die Umverteilung zu Frustrationen führt, haben wir sogar erwartet», so Schraner Burgener. Doch wolle man künftig ein Augenmerk auf die Einzelfälle setzen und allenfalls Ausnahmen ermöglichen.