Grossbank in der Krise Credit Suisse wandelt zwischen positiven Zeichen und ungelösten Problemen

Stefan Michel

21.1.2023

Die Credit Suisse muss sich 2023 bewähren. 
Die Credit Suisse muss sich 2023 bewähren. 
Gaetan Bally/KEYSTONE/dpa

Der Chef der Vermögensverwaltung der Credit Suisse hat einen Plan, wie er die Bank in die Gewinnzone zurückführen will. Doch das zieht auch einen Rattenschwanz an ungelösten Problemen hinter sich her. Und es könnten noch neue dazu kommen.

Stefan Michel

Schlaflose Nächte habe er nicht gehabt, verneint Francesco De Ferrari im Gespräch mit finews, aber der Oktober 2022 sei eine schwierige Zeit für alle gewesen, die für die Credit Suisse arbeiten. 

Der italienisch-schweizerische Doppelbürger tut dies seit 2022 als Chef der Vermögensverwaltung. Jener Abteilung also, die die Krise besonders deutlich zu spüren bekam. 100 Milliarden Franken haben Kunden allein im vierten Quartal 2022 von der Bank abgezogen. Das Wealth Management ist das Herz der CS, und es ist mittendrin in der Krise der Grossbank. 

Schlechte Geschäftszahlen, ein sinkender Aktienkurs, dazu Skandale und Gerichtsfälle. Ende 2022 schaukelten sich die Negativschlagzeilen zu Gerüchten hoch, die Credit Suisse könnte konkurs gehen. 

Hat die CS die Talsohle durchschritten?

«Wir haben viel über die Macht der sozialen Medien gelernt», blickt De Ferrari zurück. Er habe selber immer wieder auf bereits veröffentlichte Zahlen verwiesen, die die solide Basis der Bank belegt hätten, ebenso wie Rating-Agenturen, die diese bestätigt hätten.

Der Abfluss der Kundengelder habe stark abgenommen, meldete die Bank Anfang Dezember 2022 unter anderem auf SRF. In der Folge stabilisierte sich auch der Aktienkurs, der davor immer neue Rekordtiefen erreicht hatte. 

Die Wende zum Besseren für die Credit Suisse soll die Kapitalerhöhung bringen. Vier Milliarden zusätzliches Aktienkapital haben die Aktionäre gezeichnet, grösste Anteilseignerin ist jetzt die Saudi National Bank, die knapp zehn Prozent besitzt. 

Ferraris Vier-Punkte-Plan

Francesco De Ferraris Aufgabe ist es, Kundengelder zurückzuholen oder neue anzuziehen. Dazu will er sich auf sehr vermögende Privatkunden (ab 50 Millionen Franken Vermögen) in Schwellenländern konzentrieren, wie er finews.ch mitteilt.

Wachstum will er auch mit «High-Net-Worth-Individuals» (mit Vermögen zwischen zwei und 25 Millionen Franken) erzielen, indem die CS diesen digitale Beratungslösungen anbietet. Die Tools würden zuerst in der Schweiz eingeführt, danach in Asien.

Zudem will die Bank enger mit unabhängigen Vermögensverwaltern zusammenarbeiten und fragmentierte IT-Plattformen weltweit nutzen. 2025 will die Credit Suisse ihren Aktionären wieder attraktive Renditen gutschreiben können.

So beabsichtigt der CEO des Wealth Management die Bank zurück in die Gewinnzone führen. «Wie bereits kommuniziert gehen wir bei der Credit Suisse davon aus, ab 2025 nachhaltige und attraktive Renditen für die Aktionäre zu erzielen.», verspricht er im Interview mit finews.

Altlasten, die 2023 viel kosten werden

Diesem Wachstumsplan stehen nach wie vor ungelöste Probleme gegenüber: Am 9. Februar gibt die Credit Suisse ihre Geschäftszahlen 2022 bekannt. Gut möglich, dass dies weitere Schockwellen durch die Börsen und Kundschaft schicken wird. 

Weiter drohen Gerichtsurteile oder genauer Schuldsprüche in Frankreich, Singapur und den Bermuda-Inseln wegen illegaler Geschäfte durch CS-Angestellte oder Partner, wie finews.ch aufzählt. Die Pleiten mit dem Greensill-Fonds und der Investment-Gesellschaft Archegos kosten die CS weiterhin Geld, obwohl sie deshalb bereits Milliarden abgeschrieben hat.

Besonders teuer hat die Credit Suisse in den USA für illegale Steuervermeidungspraktiken bezahlt, bei denen ihre Angestellte US-Bürger*innen geholfen haben. Mit einer Vergleichszahlung in der Höhe von 2,6 Milliarden Dollarhat die Bank das Verfahren 2014 beilegen können – aber nicht definitiv, wie die NZZ schreibt. Die Juristen der Schweizer Grossbank hätten es 2014 versäumt, den Deal mit einem Abschlussdatum zu versehen. Deshalb bleibe sie auf dem Radar der US-Justiz. 

Das ist sie allerdings auch, weil diese Informationen nachgeht, die zeigen sollen, dass die CS auch nach 2014 US-Steuerpflichtigen dabei geholfen habe, den Fiskus zu betrügen.

Auch die Affäre um fehlgeleitete Kredite über eine Milliarde Franken an zwei mosambikanische Staatsunternehmen droht noch einmal hochzukochen. Sie könnte die Credit Suisse nach den 2021 bezahlten 475 Millionen Franken weitere Mittel kosten und an die lange Serie von Finanzskandalen erinnern, in die die traditionsreiche Schweizer Bank verwickelt war oder immer noch ist. 

All das macht die Credit Suisse für Anlagekunden nicht attraktiver und die erfolgreiche Umsetzung des Plans der Vermögensverwaltung zu einem schwierigen Unterfangen.