Bundesrat im Dilemma Spricht sich die Schweiz der Nato zuliebe gegen ein Atomwaffen-Verbot aus?

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26.4.2023

Die Schweiz möchte ihre Beziehungen zur Nato weiter ausbauen. Verteidigungsministerin Amherd hat sich deswegen im März mit Generalsekretär Stoltenberg getroffen.
Die Schweiz möchte ihre Beziehungen zur Nato weiter ausbauen. Verteidigungsministerin Amherd hat sich deswegen im März mit Generalsekretär Stoltenberg getroffen.
Bild: NATO

Infolge des Ukraine-Kriegs nähert sich die Schweiz zunehmend der Nato an. Einen weiteren Ausbau der Beziehungen knüpft der Generalsekretär des Bündnisses aber an eine brisante Bedingung.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Verteidigungsministerin Viola Amherd traf sich Ende März mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, um die Möglichkeit einer näheren Zusammenarbeit zu besprechen.
  • Dabei soll Stoltenberg gefordert haben, dass die Schweiz auf eine Unterzeichnung des Atomwaffenverbotsvertrags verzichtet.
  • Durch Russlands Angriff auf die Ukraine bedingt, hat sich die Schweiz der NATO bedeutend angenähert.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat es einen geopolitischen Umbruch gegeben. Auch in der Schweiz ist dieser zu spüren: Deren Nato-Skepsis befindet sich auf einem Rekordtief. Ein Jahr nach Wladimir Putins Kriegserklärung steht die Schweiz dem westlichen Verteidigungsbündnis deutlich näher als zuvor.

Diese Nähe soll nun weiter ausgebaut werden. Bei einem Treffen zwischen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Verteidigungsministerin Viola Amherd wurde die Möglichkeit einer engeren militärischen Kooperation besprochen. Die Schweizer Armee könnte sich zum Beispiel an Nato-Übungen beteiligen oder bei der Cybersicherheit mit dem Bündnis kooperieren.

Laut der Zeitung «Le Temps» kommt diese jedoch nicht ohne Preis. So soll Stoltenberg eine besondere Bitte zum Ausdruck gebracht haben: Die Schweiz möge sich dazu verpflichten, den Atomwaffenverbotsvertrag nicht zu unterzeichnen.

92 Staaten haben schon unterzeichnet

Dabei handelt es sich um einen 2017 von 122 Staaten ausgehandelten Vertrag, der Atomwaffen für illegal erklärt und einen Beitrag zur nuklearen Abrüstung – bis hin zu einer atomwaffenfreien Welt – leisten soll.

92 Staaten haben den Vertrag bisher unterzeichnet, 68 haben ihn ratifiziert. Entstanden ist er aufgrund der mangelhaften Fortschritte bei der Denuklearisierung seit Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrags im Jahr 1970.

Die Nato betrachtet ihr nukleares Abschreckungspotenzial als einen integralen Bestandteil ihrer Funktion. Deswegen verlangt das Bündnis, dass Partnerstaaten das auch akzeptieren. Eine Voraussetzung ist das jedoch nicht: Sowohl Österreich als auch Neuseeland haben den Atomwaffenverbotsvertrag bereits ratifiziert.

Endgültige Entscheidung des Bundesrats steht noch aus

Die Schweiz war sogar diplomatisch an dem Prozess beteiligt, aus dem dann der Verbotsvertrag hervorging und stimmte ihm dementsprechend auch zu. Doch 2018 entschied sich der Bundesrat dagegen, ihn zu unterzeichnen.

Als Begründung wurden sicherheitspolitische Überlegungen angeführt. Befürworter*innen verweisen hingegen auf die humanitäre Tradition der Schweiz sowie deren Rolle als Depositarstaat der Genfer Konventionen.

Der Vertrag ist auch Gegenstand einer innenpolitischen Kontroverse. So hat sich das Parlament bereits deutlich für eine Unterzeichnung ausgesprochen. Dem Auftrag einer Umsetzung ist der Bundesrat jedoch bislang nicht nachgekommen. Eine endgültige Entscheidung wird für die nächsten Wochen erwartet.