Terrorismus Versenkt der Ständerat heute die umstrittene Präventivhaft? 

SDA/jka

1.3.2021 - 11:50

Eine mutmassliche Dschihad-Reisende vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. 
Eine mutmassliche Dschihad-Reisende vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. 
Bild: Keystone

Am Montag entscheidet der Ständerat über die Präventivhaft für Gefährder. Der Nationalrat hat sich nach einer Kehrtwende dafür ausgesprochen – obwohl die Sicherheitshaft nicht EMRK-konform umsetzbar sein soll. 

Zum Auftakt der Frühjahrssession am Montag entscheidet der Ständerat über die Präventivhaft für Gefährderinnen und Gefährder. Konkret verlangt die Motion der SVP-Fraktion, dass Dschihad-Rückkehrende und andere mögliche Gefährder in Sicherheitshaft genommen werden können.

Dabei werden all jene Personen als Gefährder definiert, die eine gemäss dem Nachrichtendienstgesetz verbotene Organisation unterstützen.

Reist eine solch verdächtige Person aus dem Ausland in die Schweiz ein, wie zum Beispiel Dschihad-Reisende, soll die Präventivhaft bereits bei der Einreise verhängt werden. Die Haft soll so lange dauern, bis geklärt ist, dass die Person keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt.

Kommission empfiehlt Ablehnung

Die vorberatende Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SIK-N) empfiehlt die Motion mit 8 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen zur Ablehnung. Die Mehrheit argumentiert, dass bei dringendem Tatverdacht bereits heute eine Untersuchungs- respektive Sicherheitshaft rechtlich möglich sei. Eine generelle präventive Inhaftierung von Gefährdern sei hingegen mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht vereinbar.

Die Minderheit – bestehend aus Thomas Minder (parteilos/SH) und Werner Salzmann (SVP/BE) – hält hingegen fest, dass das Verbot einer gesamten Organisation ein ausserordentlich starkes Mittel sei. Deshalb sei davon auszugehen, dass von Personen, die solch eine Organisation unterstützten, eine konkrete Bedrohung ausgehe. Eine Präventivhaft sei in diesen Fällen unabdingbar.

Kehrtwende im Nationalrat

Der Nationalrat vollzog bei der umstrittenen Vorlage im vergangenen Jahr eine Kehrtwende und sprach sich im Oktober – anders als vier Monate zuvor – für die Einführung einer Präventivhaft aus.

Noch im Juni 2020 hatte sich die grosse Kammer bei der Beratung der Vorlage zu den polizeilichen Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT-Vorlage) mit 113 zu 78 deutlich gegen die Präventivhaft ausgesprochen. Neben der SVP stimmte nur noch die CVP für die Einführung einer Präventivhaft.

Bei der Beratung der Vorlage informierte der Bundesrat darüber, dass die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) zusammen mit dem Justizdepartement (EJPD) die Einführung einer Präventivhaft rechtlich prüfen liessen. Das juristische Gutachten kam zum Schluss, dass eine solche Präventivhaft nicht EMRK-konform umsetzbar ist.

Vier Monate später – im Oktober 2020 – vollzog der Nationalrat dann aber die Kehrtwende und nahm die Motion der SVP mit Unterstützung der FDP-Fraktion und einer Mehrheit der heutigen Mitte-Fraktion an. 

Ständerat kann Präventivhaft versenken

Ursprünglich angestossen hatte die Diskussion um eine Sicherheitshaft die KKJPD. Nach dem erwähnten Rechtsgutachten sah die Konferenz jedoch von ihrem Vorhaben ab.

Lehnt der Ständerat am Montag die Motion ab, ist die Präventivhaft vom Tisch. Das PMT-Gesetz ist allerdings noch nicht unter Dach und Fach. Die Jungen Grünliberalen ergriffen zusammen mit der Juso, den Jungen Grünen, dem Chaos Computer Club sowie Sektionen der Jungfreisinnigen und der Piratenpartei das Referendum. Die Vorlage kommt am 13. Juni zur Abstimmung.

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SDA/jka