Wie weiter in der Pandemie? Schnell steigende Zahlen stürzen Bundesrat ins Dilemma

Von Lukas Meyer

25.8.2021

Die Masken können noch nicht weggeworfen werden.
Die Masken können noch nicht weggeworfen werden.
KEYSTONE

Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat über die nächsten Schritte. Er will in die Normalisierungsphase übergehen, aber nicht weiter lockern. Zu reden gibt das geplante Ende von kostenlosen Tests für Ungeimpfte.

Von Lukas Meyer

25.8.2021

Der Bundesrat will in die Normalisierungsphase übergehen und Tests für Ungeimpfte nicht mehr kostenlos abgeben. Ansonsten will er an den geltenden Corona-Massnahmen festhalten. Vor zwei Wochen schickte er diese Vorschläge zur Konsultation in die Vernehmlassung. Am Mittwoch will der Bundesrat definitiv darüber entscheiden.

Das schlägt der Bundesrat vor

Der Bundesrat möchte, dass ungeimpfte Personen ohne Symptome, die etwa ein negatives Testergebnis brauchen, um einen Anlass zu besuchen, den Test ab dem 1. Oktober selber zahlen sollen. Auch sollen den Nichtgeimpften Selbsttests nicht mehr gratis abgegeben werden. 

Gratis bleiben die Tests über den Oktober hinaus für Personen, die sich nicht impfen lassen können, und für Kinder unter zwölf Jahren. Der Bund übernimmt zudem weiterhin die Kosten für das repetitive Testen an Schulen, in Betrieben und Pflegeheimen.

Die Kosten für das Testen an Schulen werden weiterhin vom Bund übernommen. Im Bild: Schülerinnen und Schüler am 23. August 2021 beim Eintritt in den Klassenraum am Gymnase de Bussigny, VD. 
Die Kosten für das Testen an Schulen werden weiterhin vom Bund übernommen. Im Bild: Schülerinnen und Schüler am 23. August 2021 beim Eintritt in den Klassenraum am Gymnase de Bussigny, VD. 
Bild: Keystone

Der Bundesrat geht davon aus, dass alle eine Impfung bekommen haben, die das wollten. Wer sich regelmässig testen lasse, könne die Kosten dafür nicht lange auf die Gesellschaft abwälzen. Auch sollen Impfunwillige animiert werden, sich doch noch impfen zu lassen. Man habe nun Wahlmöglichkeiten und müsse selber die Verantwortung tragen.

Unmittelbare Folgen für die Bevölkerung hat der Wechsel von der Stabilisierungs- in die Normalisierungsphase nicht. Steigende Fallzahlen werden nun explizit in Kauf genommen. Ganz aufgehoben werden die verbliebenen Schutzmassnahmen wegen der unsicheren Lage noch nicht.


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So reagieren die Kantone

Viele Kantone befürworten, dass die Vergütung der Antigen-Schnelltests durch den Bund für symptomlose Personen – vor allem für die Erlangung eines Covid-Zertifikats – per 30. September aufgehoben werden soll. Einige Kantone wollen jedoch weiterhin Gratistests für Jugendliche bis 18 Jahre. 

Der Kanton Bern schlägt zudem vor, dass nicht die Tests kostenpflichtig werden, sondern nur ein damit verbundener Eintrag im Zertifikat, falls dieser gewünscht wird. Der Kanton Zürich legt Wert darauf, dass vermieden wird, dass Symptome vorgetäuscht werden, um einen kostenlosen Test zu bekommen. Darum soll nach einem weiterhin kostenlosen Test aufgrund von Symptomen kein Covid-Zertifikat ausgestellt wird.

Die Gesundheitskommission des Nationalrats ist grundsätzlich damit einverstanden, dass Ungeimpfte ohne Symptome ihre Corona-Tests selber bezahlen müssen. Für unter 18-Jährige sollen aber auch künftig kostenlose Tests garantiert sein. Der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) lehnt den Vorschlag des Bundesrats rundherum ab. Er sei widersprüchlich und unverhältnismässig.

Geht der Bundesrat noch weiter?

Angesichts der rasch steigenden Fallzahlen und Spitaleinweisungen werden Forderungen an den Bundesrat laut, schon diese Woche über weitere Massnahmen zu diskutieren. Eigentlich wollte die Regierung am 1. September eine Neubeurteilung der Lage vornehmen und weitere Schritte vorschlagen.

Am Dienstag sagte Patrick Mathys vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) vor den Medien, dass die epidemiologische Lage «ungünstig und besorgniserregend» sei. So wollen etwa einige Kantone eine Zertifikatspflicht für Restaurants und Veranstaltungen einführen. Sie fordern vom Bundesrat nun eine landesweit einheitliche Regelung.



Auch die Spitäler melden, dass die Intensivstationen immer schneller wieder voll werden. Eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern ist das vordringliche Ziel in der Normalisierungsphase. Fixe Richtwerte dafür gibt es aber nicht. Am Dienstag sagte Patrick Mathys vom BAG, dass die Lage bei den Intensivbetten «angespannt» sei. «In vier bis sechs Wochen könnten wir in einer Situation sein, in der die Spitäler am Anschlag sind.» Es gebe aber auch Faktoren, die dagegen sprechen würden.

In dieser Lage mit vielen Fragezeichen sei es schwierig, den richtigen Zeitpunkt für zusätzliche Massnahmen zu finden. Er beneide den Bundesrat nicht, diese Entscheidungen treffen zu müssen, so Mathys.