Streit eskaliert Vorstand will Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft nach rechts rücken

SDA, smi

4.5.2023 - 15:23

Hauptsitz der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft
Hauptsitz der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft
Roland_zh/Wikipedia

In der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft ist ein Streit um die künftige Ausrichtung eskaliert. Der SGG-Vorstand will seinen Finanz-Verantwortlichen Jürg Kallay, entlassen. Der Betroffene wehrt sich.

4.5.2023 - 15:23

Der SGG-Vorstand hat an einer ausserordentlichen Sitzung entschieden, sein Mitglied Kallay an der Gesellschaftsversammlung vom kommenden 17. Juni zur Abwahl zu empfehlen, wie die SGG am Donnerstag mitteilte. Er habe hinter dem Rücken des Vorstands eine politisch motivierte Kampagne lanciert. Das Vertrauensverhältnis sei leider irreversibel zerrüttet.

Kallay habe hinter dem Rücken des Vorstands gleich fünf neue Kandidaturen aus seinem Berufs- und Freundeskreis mit klaren politischen Zielen organisiert. Parallel dazu habe er mobilisiert, um die nötigen Stimmen für eine Mehrheit ausserhalb der SGG zu beschaffen.

Beitrittsanfragen sistiert

Innert kürzester Zeit seien über 120 Beitrittsanfragen eingegangen, viele davon von rechtslibertären Jungpolitikern aus entsprechenden Kampagnenteams, heisst es in der Mitteilung weiter. Die SGG habe die Aufnahme aller neuen Beitrittsanfragen sistiert, um den Verein vor einer politischen Vereinnahmung und einem allfälligen «Putsch» zu schützen.

Vorgeworfen wird dem als Vermögensverwalter tätigen Kallay zudem, dass er entgegen den Zewo-Richtlinien und entgegen der Tradition der SGG die Ehrenamtlichkeit der Vorstandsarbeit auf eine für den Vorstand untragbare Weise aufheben wolle. Ebenso habe er gefordert, dass bei der Vermögensanlage ökologische und soziale Aspekte (ESG-Kriterien) in Zukunft nicht mehr zu berücksichtigen seien.

Sein öffentlicher Vorwurf, die Vorstandsmitglieder stünden allesamt politisch links, stehe im offensichtlichen Widerspruch zur Diversität des grossmehrheitlich parteilosen Vorstands und insbesondere zur fachlichen Kompetenz, die die Vorstandsmitglieder einbringen würden. Ausserdem beleidige er die SGG und ihre Gremienmitglieder sowie Mitarbeitenden, indem er ihnen in Medieninterviews «nordkoreanische Verhältnisse» oder «keine Ahnung vom Leben» vorwerfe.

Betroffener weist Vorwürfe zurück

Finanzverwalter Kallay wies auf Anfrage von Keystone-SDA die Vorwürfe zurück. Er plane keine politische Übernahme und schon gar keinen Putsch. Er habe lediglich beantragt, zu den sechs bestehenden Mitgliedern den Vorstand um fünf Neumitglieder zu erweitern, also einen elfköpfigen Vorstand zu schaffen. Vor allem aber habe er keine Abwahl von bestehenden Mitgliedern vorgesehen, er hingegen solle nun wegen «unbequemer Meinung» abgewählt werden.

Sein Ziel sei eine ausgewogene Meinungsbildung verschiedenster Weltanschauungen im Vorstand der SGG. Deshalb habe er unter anderem seine Mitarbeiter mobilisiert und auch Jungpolitiker verschiedener Parteien. Kallay wies auch darauf hin, dass SGG-Präsident Nicola Forster aktiver GLP-Politiker ist.

Kallay räumte ein, dass er für seine Interessen mobilisiert habe. Genau das habe SGG-Präsident Forster im vergangenen Jahr auch getan, als er einen Streit mit dem früheren Präsidenten Jean-Daniel Gerber gehabt habe. Jeder Beitrittswillige sei damals ohne Prüfung aufgenommen worden.

Auch die Vorwürfe, er habe Geld von der SGG kassieren wollen, wies er zurück. Seine Firma habe einen rechtsgültigen Auftrag vom Vorstand erhalten und dafür sei im vergangenen Jahr 6354 Franken verrechnet worden. Er habe sich dafür engagiert, dass für die Vorstandsmitglieder ein normales Honorar eingeführt werde. Kritisiert wurde von Kallay auch, dass der Präsident selber im vergangenen Jahr ein Honorar von über 20'000 Franken erhalten habe.

SGG ist Rütli-Verwalterin

Die SGG engagiert sich in der Freiwilligenarbeit und gilt als Geburtshelferin von Organisationen wie Pro Juventute, Pro Senectute oder der Berghilfe. Sie verwaltet das Rütli und organisiert dort jedes Jahr die 1.-August-Feier. Für Aufsehen sorgte die 1810 gegründete wohltätige Gesellschaft und ihr früherer Geschäftsführer Lukas Niederberger, von dem sie sich vor einem Jahr getrennt hat, mit Bestrebungen zur Einführung einer neuen Nationalhymne.

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