AltersvorsorgeUmfrage: Mehrheit für Frauenrentenalter 65
SDA
22.7.2018 - 12:25
Der bundesrätliche Vorschlag für eine Erhöhung des Rentenalters und eine höhere Mehrwertsteuer zur Sanierung der AHV erhält Rückendeckung im Volk. Eine Umfrage zeigt, dass der Vorschlag an der Urne Chancen hätte.
Die jüngsten Vorschläge des Bundesrats für eine Reform der AHV scheinen gemäss der vom "SonntagsBlick" veröffentlichten repräsentativen Studie des Forschungsinstituts GFS Bern beim Volk besser anzukommen als bei den Parteien. In der Studie sprachen sich relativ breite Mehrheiten für ein Frauenrentenalter 65 und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,9 Prozent aus.
In der Mitteilung zum 16-seitigen Kurzbericht zur Studie schreibt das GFS, die Problemwahrnehmung zur Altersvorsorge habe sich in den letzten drei Jahren wesentlich geändert. Unterdessen erachteten 89 Prozent der 1336 in der Schweiz befragten Personen den Reformbedarf in der AHV als dringlich, wie es im Kurzbericht zur Studie heisst, der auf der Webseite des GFS publiziert ist.
Übertitelt ist der 16-seitige Kurzbericht zur Studie mit der Einschätzung, die derzeitigen Ansätze für eine Reform würden von den Befragten "vorsichtig wohlwollend" beurteilt. In Auftrag gegeben hat die Studie die Industrie- und Handelskammer Thurgau. Die Befragung wurde vom 25. Mai bis 11. Juni durchgeführt.
Frauen knapp für Rentenalter 65
Zwei Drittel der Befragten waren eher oder sogar voll für eine Erhöhung des Frauenrentenalters von heute 64 auf 65 Jahre. Auch die Frauen sind mehrheitlich dafür, allerdings im Gegensatz zu den Männern relativ knapp. Fast zwei Drittel könnten sich auch mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1,9 Prozent anfreunden.
Die Resultate der Studie liegen insgesamt auf der Linie des Bundesrats. Dieser möchte die AHV mit zusätzlichen Einnahmen (+1,5%) aus der Mehrwertsteuer und dem Frauenrentenalter 65 wieder auf Kurs bringen.
Laut Einschätzung des GFS ist es bezeichnend, dass die beiden Vorschläge sowohl im (rechts)bürgerlichen Lager als auch auf linker Seite mehrheitlich geteilt werden. Allerdings sind auch fast 70 Prozent der Befragten der Meinung, es sei müssig, über eine Erhöhung des Rentenalters zu diskutieren, solange es für 50- bis 60-Jährige schwierig sei, eine Arbeitsstelle zu finden.
Könnten die Befragten das Rentenalter frei festlegen, würde der Ruhestand für Frauen im Durchschnitt bei 65,3 Jahren beginnen, für Männer bei 65,6 Jahren. Eine deutliche Zustimmung findet auch der Vorschlag, das Rentenalter neu von der Anzahl Arbeitsjahre abhängig zu machen, explizit auch bei Personen mit hoher formaler Bildung.
Wer also früher im Leben zu arbeiten beginnt, könnte eher in Rente gehen. Jemand, der lange studiert hat, würde später pensioniert als jemand, der nach der Lehre zu arbeiten beginnt. 63 Prozent zeigten sich offen für ein solches AHV-Modell. Zurückhaltender, aber nicht als chancenlos, wird die Idee beurteilt, das Rentenalter bis 2032 stufenweise auf 66 Jahre zu erhöhen.
Auf tönernen Füssen
Politisch stehen die Vorschläge indes auf tönernen Füssen. Das linke Parteienspektrum ist klar gegen ein Rentenalter 65 für Frauen, solange die Frauen bei den Löhnen diskriminiert würden. Und auch im Eidgenössischen Parlament ist man sich nicht einig.
Der Ständerat hat im Juni beschlossen, die AHV-Sanierung mit der Steuervorlage 17 zu verknüpfen. Die Idee: Jeder Steuerfranken, der durch die Steuervorlage 17 auf Ebene Bund, Kantone und Gemeinden entfällt, soll mit einem Franken an die Finanzierung der AHV aufgewogen werden, also zusätzlich in die AHV fliessen. Dies dürfte ungefähr zwei Milliarden Franken pro Jahr ausmachen.
Den Deal hat die Wirtschaftskommission (WAK) des Ständerats aufgegleist. Als Reaktion darauf brachte der Bundesrat seine neue Lösung mit Rentenalter 65 für Frauen und höherer Mehrwertsteuer ins Spiel.
Die Sozialkommission des Nationalrats wiederum forderte Anfang Juli im Gegensatz zum Vorschlag des Ständerats Rentenalter 65 für Frauen schrittweise ab dem Jahr 2020, allerdings nur hauchdünn. Die Vorlage müsse mehrheitsfähig gemacht werden, indem die AHV nicht nur mehr Geld erhalte, sondern auch weniger ausgeben müsse.
Die Erhöhung respektive Angleichung des Frauenrentenalters aber auch Senkungen sind in der Schweiz mehrfach politisch gescheitert. 2004 hatte das Volk eine Vorlage für das Rentenalter 65 an der Urne verworfen. Zuletzt wurde eine Erhöhung im vergangenen September abgelehnt.
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