«Ehe für alle»Von der Bündner SVP gibt es kein klares Nein
gbi
13.8.2021
Die SVP sagt als einzige der grossen Parteien Nein zur «Ehe für alle» – vielleicht aber nicht so geschlossen, wie gedacht: Die Bündner Sektion hat nun die Stimmfreigabe beschlossen.
gbi
13.08.2021, 14:43
gbi
Können sich bald auch gleichgeschlechtliche Paare in der Schweiz das Jawort geben? Die Vorlage für die «Ehe für alle» ist zumindest mit grossem Rückhalt in der Bevölkerung gestartet. In einer Umfrage von «Tamedia» und «20 Minuten» gaben 64 Prozent der Befragten an, dass sie ein Ja einwerfen würden.
Den grössten Widerstand gibt es im Lager der SVP-Wählerschaft: Hier sagten zwei von drei Befragten Nein zur Vorlage. So weit, so erwartbar: Immerhin wirbt auch die SVP für ein Nein, da der Ehe-Begriff der Verbindung von Mann und Frau vorbehalten werden sollte. Erwartet wird, dass die Delegierten am 21. August die Nein-Parole schliesslich offiziell beschliessen.
Und dennoch: Auch innerhalb der grössten Partei des Landes gibt es Differenzen. So gibt es ein offizielles Komitee von SVP-Vertreter*innen, das für ein Ja zur «Ehe für alle» wirbt. Und auch bei den Kantonssektionen ist das Nein nicht sakrosankt.
«Wir entscheiden eigenständig»
Die SVP Graubünden hat die Stimmfreigabe zur «Ehe für alle» beschlossen. Wie es zu dieser Differenz mit der Mutterpartei kam, erklärt der Bündner Parteipräsident Roman Hug auf Anfrage wie folgt: «Das ist ganz einfach, wir entscheiden eigenständig.» Da es sich bei der «Ehe für alle» nicht um ein Kerngeschäft der Partei handle, sei das auch nicht problematisch. «Dazu kann man unterschiedliche Meinungen haben.»
Den Eindruck, dass man in Graubünden generell liberaler sei als die SVP Schweiz, hat Hug nicht. Er rechne daher auch nicht mit Reaktionen der Mutterpartei.
Tatsächlich steht die Bündner SVP eigentlich für einen stramm bürgerlichen Kurs. Das liegt nicht zuletzt an den Turbulenzen rund um die Abwahl von SVP-Bundesrat Christoph Blocher im Dezember 2007. Zur Erinnerung: Damals wurde die Bündnerin Eveline Widmer-Schlumpf – gegen den Willen der Partei – in den Bundesrat gewählt.
Die SVP Schweiz sah in diesem Coup von Blocher-Gegner*innen einen Verrat und schloss die Bündner Sektion daraufhin im Juni 2008 aus der Partei aus.
Aus den geschassten SVP-lern wurde die BDP, die sich auch einen liberaleren Anstrich gab. Blocher-treue Exponent*innen gründeten im Sommer 2008 dagegen die neue SVP Graubünden. Deren Vizepräsidentin: Magdalena Martullo-Blocher, Chefin des Ems-Chemie-Konzerns und Tochter des abgewählten Bundesrats.
Freude im Ja-Lager
Dass die SVP Graubünden nun Stimmfreigabe beschlossen hat, freut Exponent*innen des SVP-Komitees für die «Ehe für alle». Michael Frauchiger, Koordinator des Ja-Komitees und Vorstandsmitglied der Zürcher SVP, freut sich auf Twitter über den Bündner Entscheid: «So kann es weitergehen.»
Die SVP Graubünden gibt zur #Ehefüralle die Stimmfreigabe raus. So kann es weiter gehen ☺️
Abgestimmt wird über die «Ehe für alle» und über die 99-Prozent-Initiative der Juso am 26. September.
«Viel wichtiger ist für uns die 99-Prozent-Initiative», sagt der Bündner SVP-Präsident Roman Hug. Er bezeichnet sie als eine «brandgefährliche Vorlage». Und hier stimmen die Bündner auch auf einer Linie mit der Mutterpartei: Nein.