Nix Bundeshaus Was Sie über die Sondersession in der Bernexpo wissen müssen

Von Anna Kappeler

4.5.2020

Auch in der Politik kommt ein Stück Alltag zurück: Ab heute Montag tagt das Parlament wieder – allerdings nicht im Bundeshaus, sondern in den Berner Messehallen. Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu.

Warum gibt es überhaupt eine Sondersession?

«Diese ausserordentliche Session ist sehr wichtig, weil wir über die vom Bundesrat beschlossenen Corona-Kredite sprechen werden», sagt Nationalratspräsidentin Isabelle Moret gegenüber Keystone-SDA. Und: Nicht immer sei das Parlament mit der Landesregierung einer Meinung, es wolle beispielsweise mehr Tests, mehr Masken und allgemein mehr Schutzmassnahmen. Das Parlament wird also die vom Bundesrat via Notrecht gesprochenen Beschlüsse und Kredite nachträglich bewilligen beziehungsweise punktuell anpassen.

Wieso findet die Session nicht im Bundeshaus statt?

Aus Platzgründen. Die Stühle im altehrwürdigen Nationalratssaal sollen nur gerade 30 Zentimeter auseinander stehen – viel zu wenig, um die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) verordneten Abstand- und Hygieneregeln einzuhalten. Im ersten Stock der Berner Messehallen (Bernexpo) stehen dagegen allen 200 Parlamentarierinnen und Parlamentariern vier Meter Platz zur Verfügung.

Die 46 Mitglieder des Ständerats tagen in der Bernexpo direkt unter dem Dach. Statt wie üblich vom Platz aus müssen sie ihre Voten dieses Mal aber von vorne vom Rednerpult aus halten. So, wie es ihre Gspänli in der grossen Kammer immer machen.

Nationalratspräsidentin Isabelle Moret und Ständeratspräsident Hans Stöckli letzte Woche bei einem Rundgang in der Bernexpo.
Nationalratspräsidentin Isabelle Moret und Ständeratspräsident Hans Stöckli letzte Woche bei einem Rundgang in der Bernexpo.
Bild: Parlament

Ja, und inhaltlich: Gibt es eine reine Coronakrise-Session?

Ja. Von heute Montag bis und mit Donnerstag dreht sich für das Parlament alles um das Virus und die Kredite zur Abfederung der Krise. Den grössten Teil der vom Bundesrat gesprochenen Kredite hat die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte bereits bewilligt. Insgesamt geht es um Kredite in der Höhe von 55 Milliarden Franken.

Was, wenn die Räte nun aber Nein dazu sagen?

Dann werden die laufenden Ausgaben gestoppt, aber nicht rückgängig gemacht.

Was wird konkret behandelt?

Heute Montag um 10 Uhr müssen die Nationalrätinnen und -räte nach einer Erklärung des Bundesrates zur Corona-Pandemie als Erstes das Geschäftsreglement des Nationalrates so ändern, dass Beratungen ausserhalb des Parlamentsgebäudes überhaupt gültig sind. Danach wird die Abstimmungsanlage getestet.

Im Ständerat beginnt der Tag um 14 Uhr. Beide Kammern tagen unbestimmt lange – es ist «Open End». Neben verschiedenen Krediten etwa mit Milliarden für Bürgschaften werden auch rund 40 Anträge aus den Kommission behandelt. 

Zu Reden geben dürfte die Tatsache, dass die SVP 25 Millionen Franken für Kulturschaffende streichen will sowie sich gegen Zusatzkredite für Kitas stellt. Für letztere ausgesprochen haben sich die Ratskommissionen gegen den Willen des Bundesrats.



Und was kosten diese vier Tage?

Die Kosten liegen bei 3,4 Millionen Franken. Ja, das sei viel, sagt Ständeratspräsident Hans Stöckli. Aber: «Demokratie darf man nicht nach den Kosten beurteilen.» Die Verantwortung, gut zu arbeiten, steige durch die hohen Kosten, das sei klar.

Weniger als eine Million entfällt auf die Mietkosten der Halle. Teuer ist laut Bernexpo-Chefin Jennifer Somm nicht der Raum an sich, sondern die Ausstattung, die es braucht, um die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

Könnte sich das Parlament nicht einfach virtuell treffen?

Ständeratspräsident Stöckli kann sich das nicht vorstellen, wie er gegenüber Keystone-SDA sagt. Er wisse zudem nicht, ob das rechtlich überhaupt zulässig wäre. Deswegen wird in National- und Ständerat ja auch über das Geschäftsreglement diskutiert.

Ein Blick über die Landesgrenze zeigt: Im EU-Parlament werden die Voten der rund 700 Abgeordneten per E-Mail aus dem Homeoffice abgegeben.

Seit der abgebrochenen Frühlingssession Mitte März machte das Parlament Pause. Das hat Seltenheitswert, richtig?

Ja. Der Entscheid für den Abbruch wurde – wir erinnern uns – am Sonntag, 15. März gefällt, einen Tag, bevor der Bundesrat den Ausnahmezustand verkündete.

Wie es zu diesem «historisch einmaligen Schritt» kam, in dem das Schweizer Parlament Pause machte, hat die «WOZ» übrigens genau beschrieben: Der Grüne Fraktionschef Balthasar Glättli soll an jenem Tag eine Whatsapp-Gruppe mit den übrigen Fraktionschefs gestartet haben. Mit Ausnahme von Roger Nordmann von der SP seien sich alle einig gewesen: sofortiger Abbruch der Session. Die Verwaltungsdelegation soll einen entsprechenden Antrag gestellt, die beiden Ratsbüros den Entscheid zum Abbruch gefällt haben. Dieser Entscheid, der das Parlament wochenlang handlungsunfähig machte, wird inzwischen von einigen stark kritisiert.

Letzte Vorbereitungen für Sondersession laufen

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