Erstmals analysiert Wie profitieren Schweizer Unternehmen von den Freihandelsabkommen?

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17.8.2020

Wie sehr nutzen Schweizer Unternehmen die Freihandelsabkommen für Importe und Exporte? (Symbolbild)
Wie sehr nutzen Schweizer Unternehmen die Freihandelsabkommen für Importe und Exporte? (Symbolbild)
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Zahlreiche Freihandelsabkommen sollen Schweizer Unternehmen den Zugang zu ausländischen Märkten garantieren. Wie sehr die hiesigen Firmen dies nutzen, zeigt nun eine aktuelle Analyse. 

Um Zugang zu Märkten im Ausland zu erhalten, pflegt die Schweiz ein umfangreiches Netz an Freihandelsabkommen (FHA). Aktuell betrifft dies über 40 Länder in etwa 30 Verträgen – ob bilateral oder etwa im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Doch welchen Schweizer Unternehmen nützen diese Abkommen überhaupt? Eine aktuelle Analyse zeigt dies nun erstmals auf.

War zuvor nur unzureichend erfasst worden, welchen Nutzen die Abkommen überhaupt haben, hatte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf Empfehlung der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats eine systematische Datenanalyse beauftragt. Deren Ergebnisse wurden nun veröffentlicht.



Abzulesen ist daran, welche Abkommen in welchem Umfang genutzt werden und welche Zolleinsparungen es mit jedem Partnerland gibt. Geplant ist auch ein «FHA-Monitor», der die Zahlen jeweils aktuell zugänglich machen soll.

Viele Einsparungen

Eine erste Auswertung zeigt laut NZZ, dass die Freihandelsabkommen der Schweiz zunächst viel bringen: 2018 sparten Importeure und Konsumenten bei 175 Milliarden Franken begutachteter Importe insgesamt 2,5 Milliarden Franken. Das entspräche einer Nutzungsrate von 73 Prozent: So hoch ist der Anteil der Importe, von denen Unternehmen aufgrund der Freihandelsabkommen wirklich profitieren. Bei den Exporten belaufen sich die Einsparungen auf 1,8 Milliarden (bei 214 Milliarden Franken Exporten) – die Nutzungsrate beträgt 80 Prozent. 



Das bedeutet aber auch: Einige Firmen zahlen bei Import- und Exportgeschäften die eigentlichen Zölle – statt der geringeren Abgaben laut Abkommen. Die Schere zwischen möglichen und tatsächlichen Präferenzzöllen liesse sich laut NZZ nicht aus den Daten erklären. Zu vermuten sei aber, dass die Zollbegünstigungen nur dann griffen, wenn die Abkommensregeln erfüllt seien.

«Allenfalls kann ein Schweizer Unter­nehmen über Präferenzzölle nur ein paar Prozentpunkte sparen. Wenn nun die Firma im Gegenzug den Herstellungsprozess aufwendig dokumentieren und zur Erfüllung der Ursprungs­regeln mehr Vorprodukte aus der Schweiz beziehen muss, lohnt sich das Ganze vielleicht nicht», zitiert die NZZ den Ökonomen Stefan Legge von der Universität St. Gallen, der gemeinsam mit Piotr Lukaszuk für die Datenanalyse verantwortlich zeichnet.

Abhängig von den Produkten

Ob ein Freihandelsabkommen genutzt wird, ist auch abhängig von den betroffenen Produkten: So sei die Nutzung etwa bei Textiliengeschäften gering, weil hier restriktive Ursprungsregeln gelten und weltweite Wertschöpfungsketten fragmentiert seien. Bei mit der Schweiz handelnden Ländern, deren Textil-Anteil im Produktemix hoch ist, werden die Freihandelsabkommen demnach weniger genutzt, wie die Analyse zeigt. Das betrifft etwa China, Japan und Grossbritannien.



Die grössten Einsparungen gibt es bei den Importen aus Deutschland: 2018 waren es 874 Milliarden Franken. Ebenfalls hohe Zolleinsparungen bei den Importen weisen Italien (382 Millionen), Frankreich (224 Millionen) und Österreich (177 Millionen) auf. Wie die NZZ Legge zitiert, variiere die unterschiedliche Nutzung der Freihandelsabkommen sehr: «Einzelne Abkommen haben ein sehr hohes Gewicht, andere sind mit Blick auf die Zollbegünstigung fast irrelevant» – etwa jene mit Singapur oder Irland.

Nicht immer würden Freihandelsabkommen demnach viele Einsparungen nach sich ziehen. So sei ein Grossteil der Importe aus den Vereinigten Arabi­schen Emiraten, Kanada und Katar anders begünstigt – da der Schweiz schon ein Drittel aller Einfuhren zollfrei ist und viele Zollabgaben ohnehin niedrig.

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