Bericht des EJPD Bundesräte und Bodyguards – so wie jetzt bleibt es nicht bei der Sicherheit

tafu

9.12.2019

Bundespräsident Ueli Maurer im August bei seiner Ankunft anlässlich des Parteifests und Wahlauftakts der SVP Schweiz. Sind solche Auftritte noch ohne Bodyguard möglich?
Bundespräsident Ueli Maurer im August bei seiner Ankunft anlässlich des Parteifests und Wahlauftakts der SVP Schweiz. Sind solche Auftritte noch ohne Bodyguard möglich?
Bild: Keystone

In einem neuen Bericht warnt das EJPD vor möglichen Attacken auf Magistratspersonen. Doch wie gross ist die Gefahr von terroristischen Anschlägen auf Politiker wirklich?

Wenn am Mittwoch die Vereinigte Bundesversammlung die Mitglieder des Bundesrats für die nächsten vier Jahre wählt, stellt sich in Zeiten von Terrorismus und Extremismus neben der Frage nach dem Wahlergebnis auch die nach der Sicherheit von Politikern in unserem Land.

Wie gefährlich leben die Bundesräte? Können Sie überhaupt noch ohne Personenschutz das Haus verlassen? Darüber hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartment (EJPD) nun den Bundesrat informiert.

In seiner dabei vorgestellten «Strategie zur Kriminalitätsbekämpfung 2020-2023» warnt es vor Attacken auf Magistratspersonen und spricht von einer «wahrscheinlichen Bedrohung», wie «20 Minuten» berichtet. Potenzielle Täter seien Dschihad-Rückkehrer und Personen, die durch dschihadistische Propaganda indoktriniert wurden. Der Nachrichtendienst zähle aktuell 16 solcher Rückkehrer sowie rund 66 islamistische «Gefährder».

Gepanzerte Autos und Personenschutz

Dass sich Bundesräte einfach unter das Volk mischen oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins Büro fahren, ohne von einem Bodyguard begleitet zu werden, werde in Zukunft kaum noch in dem Ausmasse möglich sein. Zwar sei die Sicherheitslage im Vergleich zu Ländern wie Frankreich oder Deutschland noch relativ stabil, doch das sei eine Ausnahme.

«Der Bundesrat wird sich darauf einstellen müssen, dass er sich in Zukunft nicht mehr derart frei bewegen kann wie heute», erklärt ein Personenschutz-Experte, der von «20 Minuten» zu diesem Thema befragt wurde.

Werden solche Bilder bald der Vergangenheit angehören? Bundesraetin Simonetta Sommaruga (Mitte) mischt sich in Altdorf unter das Volk – ohne Personenschutz.
Werden solche Bilder bald der Vergangenheit angehören? Bundesraetin Simonetta Sommaruga (Mitte) mischt sich in Altdorf unter das Volk – ohne Personenschutz.
Bild: Keystone

Magistrate werden in Zukunft nur noch in gepanzerten Autos unterwegs sein, ihre Wohnungen werden entsprechend der Bedrohungen aufgerüstet und ein Personenschutz, der rund um die Uhr ihre Sicherheit garantiert, sei unumgänglich. Denn, so erklärt der Experte weiter, radikalisierte Einzeltäter liessen sich sehr schwer überwachen, Anschläge seien jederzeit möglich. «Und irgendwann kann es auch einen Bundesrat treffen.»

So gewichtet der Bund in seiner Strategie den Schutz der Bundesräte besonders hoch. Immer häufiger erhielten diese anonyme Schreiben und Anrufe. In insgesamt 43 Fällen habe die Fedpol die Drohungen als ernst eingestuft und wegen «potenzieller Fremdgefährdung» die Kantonspolizei eingeschaltet.

Warnung vor voreiligen Schlüssen

Bei all diesen potentiellen Bedrohungen sei aber trotzdem vor voreiliger Panikmache gewarnt, erklärt der Terrorismusexperte Jacques Baud «20 Minuten». «Die Terroranschläge der letzten Jahre waren stärker auf ‹normale Bürger› ausgerichtet, nicht auf Politiker oder Richter.»

Zwar könne man auf den Personenschutz bei Bundesräten nicht verzichten, doch dürfe man nicht in ein paranoides Verhalten verfallen. Dass Magistraten ein besonderes Ziel für Anschläge seien, entspreche eher einem Terrorismus-Verständnis aus den 1960er- bis 1980er-Jahren. Von dem Bild des Bundesrates, der auf dem Velo ins Bundeshaus fährt, müsse man sich also so schnell nicht verabschieden. Nach Bauds Aussage erfordere die aktuelle Bedrohungssituation in der Schweiz noch keine Änderung dieser Praxis.

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